10. Kapitel - Endlich wieder eine Freundin

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Als Linn mir endlich ihre Nummer geschrieben hatte, rief ich sie an. Erleichtert von mir zu hören, durchbohrte sie mich, nach einer überschwänglichen Begrüßung, mit unzähligen Fragen:

„Wie geht's dir? Wie ist es dort? Hast du die Magie schon benutzen können? Hast du schon jemand Nettes kennengelernt? Oh Sam wie geht's dir dort? Ich hoffe du kommst klar?" Sie machte eine Pause und gab mir die Möglichkeit zu antworten. Ich seufzte leise. Linn war süß und ich mochte es wie sie sich Sorgen um mich machte. Aber ich wollte nicht gleich wieder in Selbstmitleid versinken, also versuchte ich von den Dingen so objektiv wie möglich zu erzählen.

„Ähm... es ist okay hier, denke ich. Ich hatte heute mein Aufnahmeritual, ich bin jetzt wohl offiziell ein Mitglied des Schwarzen Ordens. Es ist gerade deswegen eine große Party hier, aber ich habe mich zurückgezogen. Das sind mir zu viele Unbekannte", erklärte ich und fragte mich im selben Moment, ob mein Beitritt zum Schwarzen Orden überhaupt ein Grund zum feiern war.

„Oh nein, Sam du klingst nicht begeistert. Ist es so schlimm dort?", fragte Linn besorgt. Das war Linn. Obwohl ich wirklich versuchte sie davon zu überzeugen, dass es okay hier war, wusste sie gleich, dass das nicht die Wahrheit war.

„Ist schon nicht so schlimm, ich sollte mich wahrscheinlich nicht beschweren. Ich fühle mich einfach nur etwas einsam hier, das ist alles."

„Das tut mir leid, hast du niemanden dort der nett zu dir ist?"

„Ich weiß nicht. Meine Zimmernachbarin ist echt nicht sympathisch und sonst habe ich bisher niemanden so richtig kennengelernt. Gestern haben mich noch alle ignoriert und schief angesehen. Jetzt sehen sie mich zwar immer noch schief an, aber dafür reden sie auf mich ein und wollen mich alle beglückwünschen. Doch darauf hatte ich keine Lust. Ich kenne die doch alle nicht und ich will sie auch nicht kennenlernen. Klar es wäre schön, wenn ich hier jemand Nettes hätte, aber dafür reicht meine soziale Batterie gerade irgendwie nicht", erklärte ich.

„Oh man Sam, du tust mir wirklich leid. Ich wünschte ich könnte dir helfen."

„Kannst du nicht", entgegnete ich geknickt. Linn seufzte bemitleidend.

„Und wie war deine Flucht und das Aufnahmeritual?" Ich holte aus und erzählte Linn die ganze Geschichte. Jedes Detail meiner Flucht. Wie ich bei Rosie untergekommen war, wie mich Angelina gefahren hatte, der Sprung in den See und schließlich mein alleiniges Ankommen beim Schwarzen Orden.

Dann erzählte ich ihr jedes Detail meines Aufnahmerituals. Von dem Punkt an, wo die Zeremonie nur erwähnt worden war und ich mir Sorgen gemacht hatte, was wohl auf mich zukommen würde, über meine Unsicherheit, weil mir niemand während der Zeremonie gesagt hatte was nun passieren würde, bis hin zum Ende, wo sie mir ihr Zeichen ins Bein gebrannt hatten. Nur den Unbekannten ließ ich vorerst aus. Während ich Linn davon erzählte, sah ich mir das Brandmal noch mal in Ruhe an. Wenigstens hatten sie es mir gerade und gleichmäßig in die Haut gebrannt. Schön sah es trotzdem nicht aus und jetzt, wo ich es mir ansah, spürte ich auch wieder, wie sehr es brannte. Hoffentlich würde der Mist schnell verheilen.

Linn war über die Umstände mindestens genauso erschrocken, wie ich und es tat gut jemanden zu hören, der das Alles für genauso seltsam und unmöglich hielt. Aber sie war auch der Meinung, dass ich Ginger unbedingt nach dem Ritual fragen müsste. Auch, wenn sie nicht die Freundlichkeit in Person war, müsste ich zumindest herausfinden, wem oder was ich mit dem lateinischen Spruch zugestimmt hatte. Ich gab Linn Recht und konnte sie vorerst mit dem Versprechen, diese Frage demnächst zu klären, zufriedenstellen.

Anschließend erzählte ich ihr noch etwas von Ginger und dem chaotischen Schulleiter. Linn's Enttäuschung konnte man schnell heraushören. Sie hatte sich unter dem Schwarzen Orden wohl auch etwas Anderes vorgestellt. Wer wohl die Freunde waren, die Connor hier hatte? Sie mussten ihm doch erzählt haben, wie es hier vor sich ging. Vielleicht würde ich die kennenlernen und mich mit ihnen anfreunden. Freunde konnte ich hier auf jeden Fall gebrauchen. Und wenn sie Freunde von Connor waren, dann waren sie bestimmt nett. Ich war zwar immer noch sauer auf ihn, trotzdem war er ja im Grunde ein guter Kerl.

Magie oder Schicksal? (3.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt