19. Kapitel - Entscheidungen können so einfach sein

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Mrs. Marley entließ uns fünf Minuten früher ins Wochenende. Lian und ich packten unsere Sachen zusammen und verschwanden dann nach draußen auf den Flur.

„Und in welchem Kurs würdest du dich wohlfühlen?", fragte er, während wir zu den Treppen schlenderten.

„Was?"

„Na wegen deiner Frage für den Unterricht Schwarze Magie. Was denkst du welche Schwierigkeit gut zu dir passen würde?"

„Ach sooo." Stimmt, dieses Problem hatte ich bei dieser aufwühlenden Diskussion total vergessen. Tjaaa, wenn ich das nur wüsste, dann müsste ich mir darüber auch nicht so sehr den Kopf zerbrechen.

„Keine Ahnung."

„Was sagt denn dein Gefühl?" Ich musste lachen. Mein Gefühl? Das sagte mir gar nichts. Ich seufzte schwer.

„Ich weiß es nicht ... wahrscheinlich der Dreierkurs?"

„Dann hast du doch deine Antwort", entgegnete er lässig und blickte zufrieden den Flur entlang. Ach hatte ich das? So einfach konnte es also sein? Ich dachte einen Moment darüber nach und stellte fest, dass das tatsächlich stimmte. Ja, ich würde mich wahrscheinlich in den Dreierkursen am wohlsten fühlen. Aber warum war mir diese Entscheidung so schwer gefallen? Warum hatte ich die ganze Woche darüber nachgedacht?

Ich hatte mich von Mrs. Denwood geschmeichelt gefühlt. Sie hielt mich für talentiert und das wollte doch irgendwo jeder hören. Ich hatte sie nicht enttäuschen wollen, indem ich mich ihrer Empfehlung widersetzen würde. Dabei war das völliger Quatsch. Mrs. Denwood hatte doch nur eine Empfehlung ausgesprochen und sie würde wahrscheinlich nicht enttäuscht sein, wenn ich mich für etwas anderes entschied. Lian hatte Recht. Nur ich selbst konnte meine Magie einschätzen und mein Gefühl sagte mir, dass ich den Dreierkurs versuchen sollte. Ich lächelte zufrieden in mich hinein und freute mich, dass ich dieses Thema endlich beiseite schieben konnte. Hätte ich mit Lian schon Anfang der Woche darüber gesprochen, hätte ich mir einen Haufen an Überlegungen und Kopf zerbrechen sparen können.

Lian wollte wie selbst verständlich in die Richtung der Mensa abbiegen, aber ich blieb zögernd bei den Treppen stehen. Fragend sah er mir entgegen und machte wieder ein paar Schritte rückwärts, um auf meiner Höhe zu sein.

„Ich muss noch hoch zum Direktor. Meinen Antrag für die Versetzung in den Dreierkurs abgeben."

„Oh, ach so okay... ähm dann schönes Wochenende... dir", stammelte er und fummelte nervös an dem Saum seines T-Shirts herum.

„Ähm... ja danke, dir auch", entgegnete ich und sah Lian nach, wie er in die Richtung der Mensa lief. Dieses Mal handelte ich, bevor ich nachdachte. Ich ging ihm hinterher und bat ihn darum kurz stehen zu bleiben.

„Ähm... ich weiß nicht, aber vielleicht könnten wir ja... ähm was machen... also am Wochenende?", fragte ich vorsichtig. Ich spürte wie ich noch in der selben Sekunde rot wurde. Es war ungewohnt meine Überlegungen so direkt auszusprechen. Hinzukam, dass ich mir nicht ganz sicher war, ob Lian nur in Bezug auf die Schule nett zu mir war oder ob er tatsächlich auch Lust hätte außerhalb des Schulkontextes Zeit mit mir zu verbringen.

„Wochenende? Nein, ich denke nicht", entgegnete er knapp.

„Oh. Ja sorry. Vergiss es", antwortete ich schnell und starrte verlegen zu Boden. Mein Gesicht begann zu glühen und in mir kam das Bedürfnis auf einfach wortlos zu verschwinden. Hätte ich meine Frage doch nur so lange überdacht, wie ich es sonst auch mit allen Dingen tat. Dann hätte ich mir diese peinliche Situation sparen können.

„Ich bin am Sonntag auf einer Beerdigung und..."

„Oh echt? Ähm ich meine sorry, ich..."

„Schon gut, so wichtig ist es nicht... ich weiß nur nicht, ob ich so Lust habe dann also..."

Magie oder Schicksal? (3.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt