Die Pause verbrachte ich zusammen mit dem Typen, der sich in Philosophie neben mich gesetzt hatte. Wobei Pause etwas zu übertrieben formuliert war. Wir hatten nur 15 Minuten, bis es weiterging und die nutzten wir, um über die Frage aus dem letzten Unterricht zu diskutieren. Dabei stellten wir schnell fest, dass wir einen ähnlichen Ansatz hatten, um diese Frage zu beantworten. Wir fokussierten uns vor allem auf das Phänomen, dass zwei Personen ein und dieselbe Situation häufig anders wahrnahmen und unterschiedlich davon erzählten.
Das konnte zwei Gründe haben. Entweder wir alle hatten eine leicht veränderte Realität oder jeder nahm die Realität anders war. Wobei Zweiteres ja auch darauf schließen lassen würde, dass man sich eine andere Realität vorstellte, als der Andere. Wir philosophierten die ganze Pause über, bis wir zum nächsten Unterricht gehen mussten. Er brachte mich zu meinem Kurs und verabschiedete sich dann von mir.
Die meisten Plätze waren bereits belegt und ich hatte die Wahl zwischen einem Platz, in der vordersten Reihe und einem in der Hintersten. Da ich so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf mich ziehen wollte und in diesem Unterricht voll und ganz auf mich allein gestellt war, verzog ich mich in die letzte Reihe.
Ich bereitete meinen Platz vor und versank wenig später tief in Gedanken. Ich konnte einfach nicht aufhören über diese Frage nachzudenken. Was war mit dem Begriff Realität überhaupt gemeint? Dabei ging es doch um das, was wir unser Leben nannten oder? Unsere Realität war das, was wir als real, also als echt, empfanden.
Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr kam es mir so vor, als hätten wir alle eine andere Realität. Wenn ich an Serienmörder dachte, dann war doch das Morden für sie ihre Realität und möglicher Weise empfanden sie das als völlig normal. Ich hingegen hielt das Morden für sehr grausam und es war für mich unvorstellbar, dass ich selbst dazu in der Lage wäre. Schon alleine das waren zwei völlig verschiedene Realitäten. Andererseits Dinge wie Wochentage, Feiertage oder bekannte geschichtliche Ereignisse, von denen wussten wir alle. Dass heute Montag war, war doch allen klar, egal ob Serienmörder oder nicht. Wir alle lebten in einer Realität, in der heute Montag war. Somit hatten wir doch eine gemeinsame Realität.
Dann war da aber noch die Frage, was wir überhaupt für real hielten. Menschen, die mit der Magierwelt nichts zu tun hatten, hielten unsere Welt für non-existent, während ich in dieser Welt lebte. Somit hatte ich doch eine ganze andere Realität, als ein Mensch, fern ab von diesen Geschehnissen hier.
Das war verwirrend und langsam fing ich an zu glauben, dass es wohl auf diese Frage auch nur eine teils, teils Antwort geben konnte. Das stellte mich nicht zufrieden. Vielleicht hatte ich mir doch den falschen Kurs ausgesucht. Wenn ich nie eine Antwort auf eine Frage finden würde, zumindest keine bei der ich mir sicher sein konnte, dann würde das doch zwangsläufig dazu führen, dass ich wieder und wieder darüber nachdenken müsste.
Ich tauchte nur langsam aus meinem Gedankenwirrwarr auf und kam in meiner jetzigen Realität an. Ich saß im Unterricht für Edelsteine und Kristalle und hatte gute 15 Minuten verpasst, in denen ich völlig weggetreten in meinen eigenen Gedanken festgehangen hatte. Ich sah mich um und stellte fest, dass die Mehrheit der Schüler um die zwei Jahre jünger als ich war.
Im Vergleich zu dem Unterricht von Mrs. Marley, war das hier wesentlich langweiliger und uninteressanter. Einige Schüler hatten ihre Köpfe schwer auf ihren Händen abgestützt, manche lagen mit dem Kopf sogar auf dem Tisch. Nur Wenige folgten dem Unterrichtsgeschehen aufmerksam und meldeten sich gelegentlich zu Wort.
Ich versuchte in den Unterricht einzusteigen und merkte schnell, dass es blöd gewesen war am Anfang nicht aufmerksam gewesen zu sein. Der Lehrer hatte seine Stunde mit einer Zusammenfassung über die letzten zwei Jahre begonnen. Er nannte Kristalle oder Edelsteine und die Schüler mussten antworten was diese Steine oder Kristalle besonders machte und welche Kräfte in ihnen steckten. Ich bemerkte, dass einige Schüler angefangen hatten Notizen zu machen. Ich überlegte, ob ich auch noch anfangen sollte, doch dann entschied ich mich dagegen. Obwohl der Lehrer nur sehr langsam und ruhig redete, machte er dabei keine Pausen. Es war also ziemlich schwer alles Wichtige zu notieren. Falls ich das später für einen Test bräuchte, würde ich mir einfach die Notizen von jemanden aus dem Kurs geben lassen.
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Magie oder Schicksal? (3.Teil)
Spiritual1. Teil: Zufall ode Magie? Sam hat den Sprung ins Ungewisse gewagt. Alleingelassen macht sie sich auf den Weg zum Schwarzen Orden. Doch ist der Schwarze Orden das Richtige für sie? Wird sie Andere von den bösen Machenschaften Janine's überzeugen und...