38. Kapitel - Zehn Taschen

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„Und? Hat sie es dir erzählt?", hörte ich Connor aufgeregt fragen. Ich lief ein paar Schritte von Lians Tür weg und stützte mich dann mit einer Hand am Geländer der Treppe ab. Was zur Hölle war das gewesen? Dieses Mädchen war da gewesen! Sie hatte mich angefasst! Sie hatte mir die Luft zum Atmen genommen! Sie hätte mich umbringen können! Und Lian hatte sie nicht gesehen? Bedeutete das etwa, dass ich verrückt war? Es musste...

„Sam?"

„Sam bist du dran?"

„Äh was? Ja", stammelte ich erschrocken und atmete tief aus. Das war nur meine Vorstellung gewesen, richtig? Aber bedeutete das...

„Also hat dir Linn davon erzählt?"

„Ja", antworte ich abwesend. Wurde meine Fantasie real? War sie schon ab der ersten Begegnung real geworden? Hatte ich eine so starke Vorstellung? Das wäre furchtbar. Mir reichten schon meine Träume, die irgendwann real werden würden. Ich müsste es Lian sagen oder? Aber was würde er mir daraufhin antworten? Dass es nur meine Fantasie gewesen war und dass ich sie in den Griff bekommen müsste. Aber wie? Wie zur Hölle...

„Sam? Bist du noch dran?"

„Sam? Du findest es scheiße oder?", fragte Connor enttäuscht.

„Was?"

„Na das mit Linn und mir." Schwer atmete ich aus. Nur langsam kam ich im Hier und Jetzt an. Das Gespräch mit Connor, richtig. Ich versuchte mich zu sammeln und ihm eine gute Antwort zu geben:

„Nein,... das kam jetzt nur etwas überraschend."

„Und was denkst du?" Was denke ich? Dass dieses Mädchen mir Angst macht! Aber darum ging es jetzt nicht...

„Keine Ahnung, cool?"

„Das klingt nicht gerade überzeugt", antwortete Connor geknickt. Ich seufzte schwer.

„Nein, so war das nicht gemeint..." Ich hatte nur gerade ganz andere Sorgen.

„... ich habe nur echt nicht damit gerechnet und... aber ich freue mich natürlich für euch. Also du klingst glücklich oder?"

„JA! TOTAL! Ich glaube... Linn mag mich auch? Sie wirkte so... aber vielleicht will ich das nur denken. Weißt du mehr?"

„Mehr? Ich?"

„Sag mal ist alles okay bei dir?" Nein! Bei mir war gar nichts okay, aber das konnte ich Connor nicht sagen. Nachher war dieses Ding noch irgendein Einfall von Janine, um mich in den Wahnsinn zu treiben. Sie sollte bloß nicht wissen, dass das wunderbar funktionierte.

„Äh ja... ich hatte nur vergessen, dass wir telefonieren wollten und... ich weiß nicht... ich brauchte einen Moment um... mich zu konzentrieren. Ich habe gerade vertieft über einem Aufsatz gesessen und war mit den Gedanken noch eine Weile dort." Manchmal waren Lügen doch das Beste was man machen konnte.

„Okay und... was hat Linn gestern so gesagt über mich?" Ich lachte und für einen Moment geriet die Gestalt in Vergessenheit.

„Nichts schlechtes."

„Sam! Sag schon..."

„Sie mag dich auch. Ich komme mir gerade vor, als wäre ich bei einer Partnervermittlung tätig." Connor lachte auf und ich hörte Erleichterung aus seiner Stimme. Er musste wohl, wie Linn, Angst gehabt haben, dass er abgewiesen werden könnte.

Connor sprach noch eine Weile träumerisch über Linn und ich musste mir noch einmal anhören, wie sie sich das erste Mal geküsst hatten. Nur dieses Mal aus seiner Sicht. Ziemlich romantisch in der Abenddämmerung und bei Sonnenuntergang am Tümpel. Als Michelle schon längst zurück gegangen war.

Magie oder Schicksal? (3.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt