52. Kapitel - Verbindung der Gedanken

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Nach dem Aufwachen waren meine ersten Gedanken um Lian gekreist. Ich hatte sofort über das Gespräch von gestern nachdenken müssen und ich hatte lange abgewägt, ob ich ihn auf die gesamte Situation ansprechen sollte. Besonders was es mit ihm gemacht hatte. Doch am Ende entschied ich mich dagegen. Lian war nach dem Aufwachen nämlich genau so drauf, wie er es sonst auch war und ich wollte ihn nicht noch einmal in die Konfrontation mit seiner Vergangenheit bringen. Nicht jetzt und nicht so lange, wie es das mit ihm machen würde. Seine Reaktion auf meine Fragen hatte mir Angst gemacht. Nicht weil ich die Antworten fürchtete, sondern weil ich Angst um ihn bekam. Was musste er erlebt haben, dass er so fühlte?

Egal was es war, dieses Thema musste warten. Heute hatten wir andere Dinge vor uns. Wir würden mit Linn und Michelle in unseren Gedanken sprechen. Es klang verrückt, es war verrückt, aber vor allem war es wirklich aufregend.

Dieses Mal kam ich nicht in einen vorbereiteten Raum. Heute half ich bei den Vorbereitungen für das Ritual mit. Es war wichtig, dass auch ich meinen Teil dazu beitrug, um von Anfang an mehr an das Ritual gebunden zu sein. Als Lian und ich das nur zu zweit gemacht hatten, war das nicht von so großer Bedeutung gewesen, weil wir ja ohnehin in einem Raum gewesen waren und durch das Berühren unserer Hände automatisch eine Verbindung hatten. Aber heute mussten wir eine Verbindung mit Magiern herstellen, die sich nicht im gleichen Zimmer befanden.

Während Lian die Kristalle und Edelsteine genauso anordnete, wie er es für richtig hielt, zog ich den Kreis aus Salz neu und formte in der Mitte das S. Ich räucherte das Zimmer aus und zündete die Kerzen an. Schon während unserer Vorbereitungen stand Angelina vor der Tür und hielt Wache. Was ich gut fand, denn so konnten wir sicher sein, dass niemand reinplatzte und doch mehr erfuhr, als er sollte.

Wir hatten heute zwar keinen Vollmond, der das Ritual einfacher und unsere Verbindung verstärken würde, doch dafür hatten wir uns gut vorbereitet. Ich hatte ein langes Bad genommen, dabei versucht eine positive Einstellung zu dem Ritual zu entwickeln und in einigen Kräutern gebadet, die negative Energien von mir entfernen und mich mehr mit mir selbst verbinden sollten.

Nach dem Bad war ich tatsächlich entspannter gewesen und ich ging mit weniger Nervosität an die Sache heran, als ich es beim ersten Mal getan hatte. Auch Lian hatte genau diese Art von Bad genommen und war tiefenentspannt. Nur war die Ruhe die er hatte keine Besonderheit.

Anschließend hatten wir gemeinsam meditiert und uns von Zweifeln und Ängsten befreit. Ich war selten so fokussiert und zuversichtlich auf etwas gewesen, wie in dieser Nacht. Außerdem hatte ich festgestellt, dass Lian ein wirklich guter Meditationspartner war. Er brachte mich zur Ruhe und bei ihm konnte ich mich fallen lassen.

Es war ein neues Gefühl und ich fing an es zu mögen. Ich hatte viel mehr Selbstvertrauen und weil ich mit weniger Ängsten an die Sache heranging, schien sie automatisch einfacherer zu sein.

Als wir mit den Vorbereitungen fertig waren, setzten wir uns gegenüber von einander in den Salzkreis. Lian legte die mitgebrachten Sachen von Linn und Michelle zwischen uns. Michelles Kette und den Kristall von Linn. In der Anleitung für das Ritual hatte gestanden, dass die Gegenstände, die wir austauschten, um später eine Verbindung zu einander herstellen zu können, sehr persönlich sein mussten.

Ich hatte lange gegrübelt welchen Gegenstand ich den Beiden mitgeben sollte. Am Ende hatte ich mich für die Zeichnung des Vollmondes entschieden. Sie erinnerte mich stark an meine Magie, weil sie irgendwie zwischen Schlaf, Realität und abwesenden Geisteszustand entstanden war. Außerdem hatte ich sie selbst angefertigt.

Lian hingegen hatte einen ungeöffneten Brief, eingeschweißt in einer Klarsichthülle, an Linn und Michelle abgegeben. Es klebte eine ältere, längst nicht mehr aktuelle Briefmarke darauf. Einen Absender und eine Adresse gab es auch, doch ich hatte den Brief nur so kurz zu Gesicht bekommen, dass ich nichts davon hatte lesen können.

Magie oder Schicksal? (3.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt