73. Kapitel - Falsches Spiel

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„Sam wie schön dich zu sehen", sagte Janine mit freundlicher Stimme. Ich musste mich zusammenreißen keinen angewiderten Gesichtsausdruck zu machen. Ich freute mich ganz und gar nicht sie zu sehen, ich wäre am liebsten schreiend weggerannt, aber ich musste das Spiel mitspielen, ich wollte schließlich zu den Anderen. Also lächelte ich und nickte.

„Ist schon okay, sie gehört dazu", erklärte sie dem Typen und legte ihren Arm um mich. Ich wurde unter ihrer Berührung stocksteif. In mir zog sich alles zusammen. Diese Frau jagte mir Angst ein. Mit ihrer selbstbewussten und wahnsinnigen Art. Sie wieder zu sehen und das ganz alleine, erschreckte mich so sehr, dass ich kaum richtig atmen konnte.

„Erzähl wie geht es dir beim Schwarzen Orden." Janines Stimme klang weiterhin freundlich, aber dieses Mal hörte ich einen bestimmten Unterton mitschwingen. Sie verabscheute mich, mich und meine Entscheidung.

„Ähm gut...", entgegnete ich stockend. Ich versuchte ihr in die Augen zu sehen und herauszufinden welche Art von Antwort sie hören wollte. Doch ihre braunen Augen, die in dem schummrigen Licht fast schwarz aussahen, jagten so einen heftigen Schrecken durch meinen Körper, dass ich den Blick gleich wieder abwenden musste. Verdammt! Eigentlich müsste ich vor ihr so tun, als wäre ich selbstbewusst und hätte keinen Grund zur Angst. Es war wirklich beschissen, dass man mir leider viel zu häufig ansah, was ich wirklich dachte.

Den Arm um mich gelegt, öffnete Janine endlich die Tür und führte mich in den Raum. Ich atmete innerlich auf, als ich die Anderen dort stehen sah und bemerkte, wie voll es hier war. Wir waren nicht allein!

Es überstieg all meine Erwartungen. Keine Ahnung wie es möglich sein konnte, dass unter dieser kleinen Hütte ein Raum existierte, der hundert Mal so groß sein musste, wie die Hütte selbst. Erstaunt blieb ich stehen und bewunderte die vielen Magier, die sich hier unten bereits versammelt hatten. Es mussten Tausende sein. Wir standen in einem großen Gemurmel, das so laut war, dass ich nicht mal Wortfetzen heraushören konnte. Einige Magier hatten sich bereits auf die Sitze niedergelassen. Andere standen in Gruppen und unterhielten sich. Vorne, in der Nähe der großen Bühne, stand eine Gruppe von Anzugträgern, die an ihren Kaffeetassen nippten und beschäftigt in ihre Handys starrten, während sie gelegentlich miteinander sprachen.

Janine ignorierte die Anderen und führte mich durch die Menge. Der Raum war wie ein riesiger Vorlesungssaal gestaltet worden. Sitzreihen aus Holzstühlen reichten bis weit nach hinten. Eine große Leinwand stand auf der Bühne, davor ein Podest mit Mikrofon. Janine brachte mich bis nach vorne, in die erste Reihe. Dort ließ sie endlich von mir ab und bat mich, mich zu setzen. Ich sah mich hektisch um und war erleichtert, als ich feststellte, dass uns die Anderen gefolgt waren. Ich kam ihrer Aufforderung nach und setzte mich. Rechts von mir nahmen Linn und Michelle Platz, links ließ sich Lian neben mir nieder.

„Es war mir wichtig, dass du vorne sitzt. Dir soll schließlich nichts entgegen", sagte sie mit einer ungewöhnlich lieben Stimme, der ich trotzdem die versteckte Drohung entnehmen konnte. Sie wollte uns im Blick behalten, sie wollte uns unter Kontrolle haben.

Janine stand wie ein riesiger Berg vor uns. Sie sah auf uns hinab, mit ernster, machtbesessener Miene. Ich wünschte ich hätte nur den Bruchteil ihres Selbstvertrauens.

„Schön, dass ihr gekommen seid", sagte sie und nahm einen Schluck aus ihrer Tasse. Bis eben hatte ich geglaubt, dass sie vollkommen tiefenentspannt war und dass sie niemand nervös machen könnte. Doch als ich sah, wie sie die weiße Tasse zum Mund führte, wurde mir bewusst, dass sie unheimlich aufgeregt sein musste. Ihre Hand zitterte heftig und plötzlich wanderte auch ihr Blick hektisch durch den Raum, als suchte sie nach jemanden.

„Ich werde mir noch einen neuen Tee machen lassen und meinen Vortrag durchgehen, wir sehen uns gleich wieder", erklärte sie mit fester Stimme und verschwand. Wie gebannt folgten wir ihr mit unseren Blicken und gingen sicher, dass wir wussten wohin sie verschwand. Ich wollte aufspringen und hinterher, doch Lian hielt mich zurück.

Magie oder Schicksal? (3.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt