War es denn nun wirklich vorbei? Nicht ganz. Michelle fehlte. Wo hatte Connor sie hingebracht? Wo war er selbst hin verschwunden?
Nachdem uns der Oberste Rat zurückgelassen hatte, waren wir los geeilt, um nach Michelle zu suchen. Ich hatte die Anderen zu den Räumen, hinter dem Notausgang, geführt und zusammen waren wir jeden Raum abgelaufen. Doch Michelle war nirgends zu finden. Linn und ich hatten abwechselnd versucht Michelle oder Connor zu erreichen. Doch keiner von Beiden war drangegangen. Als wir den ganzen Laden auseinander genommen hatten und keine Spur von Michelle oder Connor fanden, verließen wir die kleine Hütte. Wir waren die Letzen, die aus dem Holzhaus verschwanden. Auf unserem ganzen Weg waren wir niemanden mehr begegnet.
Als wir schweigend nach draußen traten, überkam mich eine Welle verschiedenster Emotionen. Ich sah Michelle, es ging ihr gut. Ich spürte Erleichterung. Ich entdeckte aber auch Connor, der regungslos auf dem Boden lag. Mir wurde ganz anders. Schnell eilte ich auf die Beiden zu und wollte fragen was passiert war. Aber das brauchte ich gar nicht. Ich sah noch im gleichen Moment den Verantwortlichen. Jayden. Er stand mit geballter Faust vor Michelle und hatte sie fest am Hals gepackt.
„Geh weg von ihr!", schrie ich wütend. Ich folgt keiner Logik, nur meinem ersten Instinkt und packte Jayden am Stoff seines Pullovers, um ihn von Michelle wegzuziehen. Was danach folgte änderte noch ein Mal mein ganzes Bild von ihm. Vor Schreck ließ ich ihn wieder los. Michelle hatte eine blutende Lippe und ihr rechtes Auge war Blut unterlaufen. Jayden musste sie mindestens zwei Mal mit voller Wucht geschlagen haben. Sie sah verängstigt aus. Sie musste eine Seite an Jayden gesehen haben, die sie zuvor nie gekannt hatte. Sprachlos taumelte ich zurück und sah ihn mit großen Augen Kopf schüttelnd an. Ich wollte, dass er ging. Ich wollte ihn nie wieder sehen. Ich wünschte sie würden Jayden auch einsperren. Für immer, dass er niemals wieder jemanden wehtun konnte.
„Bist du wahnsinnig geworden?", fragte er und drehte sich zu mir um. Als er mir in die Augen sah, stand da ein ganz anderer Jayden vor mir. Ein Typ voller Hass und Wut. Hass auf mich. Jayden hasste mich. Und er war wütend. Er war so wütend, dass ich die Nächste sein würde, die seine Faust zu spüren bekommen sollte. In diesem Moment verstand ich zum ersten Mal was Hass wirklich bedeutete. Ich hatte noch nie jemanden gehasst. Nicht einmal Jayden. Nicht so richtig jedenfalls. Ich hatte ihn immer hassen wollen. Doch was Jayden in diesem Augenblick fühlte, das war reiner Hass. Ich spürte wie sehr er mich hasste. Für das was ich getan hatte.
Ich konnte nicht begreifen, dass ich jemals Gefühle für Jayden gehabt hatte. Ich konnte nicht verstehen, dass ich mich tatsächlich in ihn verliebt hatte. Denn offenbar hatte ich ihn nie gekannt. Jayden war schwierig, er hatte es schwer gehabt im Leben. Das war nichts worüber man diskutieren musste. Aber ich hatte nie geglaubt, dass er selbst handgreiflich werden würde. Ich war überzeugt gewesen, dass er nicht so wie sein Vater werden würde, weil er ihn doch so sehr verabscheute. Aber Jayden war genauso. Er schreckte vor nichts mehr zurück. Und als ich sah, wie er auf mich zukam, die Hand erhob und jederzeit bereit war, sie mir mit voller Wucht ins Gesicht zu schlagen, erstarrte ich vor Fassungslosigkeit. Ich kniff die Augen zu und regte mich nicht mehr.
Ich wartete auf den einsetzenden Schmerz. Aber er traf mich nicht. Jemand schob sich vor mich. Als ich die Augen wieder öffnete, stand Lian vor mir. Er sagte nichts, er machte nichts. Er stand nur vor mir und das reichte. Jayden trat einen Schritt zurück und spuckte verächtlich auf den Boden.
„Ihr werdet das alle noch bereuen", fluchte er, bevor er uns den Rücken zukehrte und ging. Ich atmete schwer auf.
„Danke", flüsterte ich und lief um Lian herum, um ihm in die Augen sehen zu können. Ich lächelte und wollte ihm in die Arme fallen. Aber Lian strahlte keine Wärme aus. Er wollte mich nicht umarmen. Lian schien gar nichts zu wollen. Er stand mir nur wortlos gegenüber und sah mich ohne jegliche Emotion an. Mein Lächeln verschwand.
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Magie oder Schicksal? (3.Teil)
Spiritual1. Teil: Zufall ode Magie? Sam hat den Sprung ins Ungewisse gewagt. Alleingelassen macht sie sich auf den Weg zum Schwarzen Orden. Doch ist der Schwarze Orden das Richtige für sie? Wird sie Andere von den bösen Machenschaften Janine's überzeugen und...