31. Kapitel - Traum- und Maldeutungen

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Bevor ich mich mit dem öden Unterricht vom Kurs Kristalle und Edelsteine auseinandersetzen musste, hatte ich noch meinen Traumdeutungskurs. Weil Lian nur drei Blöcke hatte und noch eine Menge für seine Hausarbeit tun musste, würde ich ihn in der letzen Pause nicht mehr sehen. Deshalb hatte er mir auch schon viel Spaß in diesem Kurs gewünscht.

Ich versuchte zu ignorieren, dass ich noch eine Menge Langeweile vor mir hatte und wartete gespannt, was mir heute in diesem Kurs bevorstand.

An diesem Donnerstag Mittag sollte es nicht um die Traumdeutungen gehen, sondern um die Deutung unserer Male. Wir machten einen Exkurs, der meine bisherigen Annahmen, zu den Entstehungen meines Mals, erweiterte.

„Heute gehen wir die verschiedenen Entstehungsmöglichkeiten durch", erklärte Mr. Tremblay. Er war ein älterer Mann, mit kurzem, grauem Haar und gleichgültiger Miene. Er hatte buschige Augenbrauen und trug immer ein kariertes Hemd über seinem korpulenten Oberkörper. Wenn er zu reden begann, fragte man sich, wie viele Jahre er wohl schon das Gleiche erzählen musste. Er hatte so wenig Enthusiasmus, dass es einem wirklich unmöglich gewesen wäre ihm aufmerksam zuzuhören, wenn sein Thema nicht so interessant gewesen wäre.

Als Mr. Tremblay verkündet hatte, dass wir uns heute nur mit den verschiedenen Entstehungsmöglichkeiten auseinandersetzen wollten, hatte ich angenommen, dass das nicht genug Stoff wäre, um 90 Minuten zu füllen. Doch das war ein Trugschluss gewesen. Vor uns lag so viel Arbeit, dass wir fast in Zeitnot gerieten.

„Wer von euch kennt eine Entstehungsart?", fragte Mr. Tremblay unmotiviert und gestaltete so den Einstieg ins Thema. Fast alle Schüler meldeten sich. Auch ich hob meine Hand in die Luft und wollte von der Entstehung meines Mals erzählen. Mr. Tremblay nahm mich tatsächlich als erstes dran. Ich nannte den Begriff und wollte erzählen, wie ich zu meinem Mal gekommen war. Doch er interessierte sich nicht dafür und winkte ab.

Ich verstummte und rutschte in meinem Stuhl etwas nach unten. Wenigstens schrieb er den Begriff Träume an die Tafel. Auch die anderen Versuche der Schüler, mehr als nur ein einfaches Wort sagen zu können, unterband Mr. Tremblay schnell. Es war schade, dass er sich so wenig für seinen Unterricht zu interessieren schien. Wenn er ab und an mal ein paar persönliche Entstehungsgeschichten von seinen Schülern zulassen würde, würde er sich vielleicht sogar wieder mehr für das Thema interessieren.

Mr Tremblay schrieb die Arten:

Elemente undVerletzungen

an die Tafel. Nach dem letzten Vorschlag meldete sich niemand mehr.

„Aus dem Nichts", sagte er monoton und notierte es ebenfalls.

„Diese Möglichkeit gibt es auch noch."

Mr. Tremblay hatte keine Lust den Stoff über reinen Frontalunterricht zu vermitteln, worüber wir alle wahrscheinlich ziemlich froh waren. Stattdessen teilte er uns in vier Gruppen ein. Ich gehörte zur Gruppe Eins und bekam damit das Thema Träume. Ich freute mich darüber, denn ich fand das war die spannendste Möglichkeit, wie sich ein Mal auf der Haut manifestieren konnte. Und für mich war es außerdem spannend, weil ich mein Mal durch einen Traum bekommen hatte. Obwohl meine Gruppenmitglieder deutlich jünger, als ich waren, hatten sie großes Interesse an dem Thema. Ich übernahm die Leitung der Gruppe und es war erstaunlich wie gut wir zusammenarbeiten konnten. Es gab keine Streitigkeiten und am Ende waren alle mit ihren Aufgaben zufrieden. Nachdem jeder seinen Text gelesen und sich Notizen gemacht hatte, setzten wir uns in den Nebenraum und besprachen den Kurzvortrag. Da zwei Mädchen in meiner Gruppe Schwierigkeiten mit Vorträgen hatten, gaben wir ihnen die kleinsten Aufgaben. Den Hauptteil teilte ich mir mit dem Jungen der Gruppe.

In den letzten zehn Minuten gestalteten wir noch schnell unser Plakat und waren wenig später startklar. Als wir in den Raum traten, brat uns Mr. Tremblay gleich nach vorne. Unser Thema war das Erste. Ich hatte bis eben überhaupt nicht darüber nachgedacht, dass mich der kurze Vortrag nervös machen könnte. Doch als mich dann so plötzlich alle anstarrten und ich mich an die Situation heut morgen mit Ginger erinnerte, wünschte ich mir, den Part der schüchternen Mädchen übernehmen zu können.

Magie oder Schicksal? (3.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt