16. Kapitel - Schwarze Magie

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In meinem dritten Kurs schwarze Magie saßen ausschließlich jüngere Schüler. Ich sah mich verzweifelt nach Magiern um, die wenigstens ansatzweise mein Alter sein könnten. Doch ich stellte fest, dass alle um die 12/ 13 Jahre alt sein mussten. In der hinteren, rechten Ecke war noch ein Platz, neben einem blonden Jungen, frei. Schnell steuerte ich darauf zu und setzte mich. Dadurch, dass ich die Mittagspause mit Lian verbracht hatte, waren wir erst zu unserem nächsten Unterricht gegangen, als es wirklich nötig gewesen war und somit war die Platzwahl ziemlich eingeschränkt.

Ich versuchte mich auf mich selbst zu konzentrieren und die interessierten Blicke der anderen Schüler zu ignorieren. Einige von ihnen begannen zu tuscheln und ich könnte wetten, dass sie sich gerade über mich lustig machten.

Ich seufzte leise und stellte mich darauf ein, dass dieser Kurs einer von denen werden würde, für den ich mir besonders viel Mühe geben müsste. Ich wollte so schnell wie möglich in die höheren Kurse aufsteigen und außerdem war es langsam an der Zeit die Magie, die ich in mir hatte, auch wirklich nutzen zu können.

Es klingelte zum Unterricht. Die Lehrerin trat vor die Klasse und allmählich verstummten die Gespräche im Raum. Vor uns stand eine große, schlanke Frau, mit langen, gewellten, schwarzen Haaren und einem Piercing auf der linken Seite ihrer Nase. Sie lächelte uns freundlich zu und schien sich darüber zu freuen, mit dem Unterricht beginnen zu können.

„Guten Morgen, ich bin Mrs. Denwood. Ich werde euch in schwarzer Magie unterrichten. Bevor wir uns richtig in die Theorie und die Grundlagen der schwarzen Magie stürzen, ist es mir in all meinen Einserkursen besonders wichtig, euch vorher Magie zu zeigen, mit der ihr euch schützen könnt. Mir geht es nicht um Schutzrituale oder Sonstiges, ich möchte euch zeigen, wie ihr eure Magie gezielt einsetzen könnt, um euch im Falle eines Übergriffs zu verteidigen." Gemurmel breitete sich im Raum aus und die kleinen Wortfetzen, die ich dabei heraushörte, verrieten mir, dass der Großteil des Kurses das Angebot von Mrs. Denwood nicht ernstzunehmen schien.

Verwirrt blickte ich zur Lehrerin und versuchte zu verstehen, warum einige Schüler ihr Angebot für unrealistisch hielten. Für mich war das nicht nur eine sinnvolle Sache, sondern auch etwas, für das ich Mrs. Denwood sehr dankbar war. Ich hatte schon oft darüber nachgedacht, wie beschissen es eigentlich war, dass ich an einer Schule für Magie war und keinen blassen Schimmer hatte, wie ich mich vor Gewalt und Übergriffen schützen sollte.

Ich musste an meine Entführung zum Weißen Orden denken. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt gewusst, wie ich mich verteidigen kann, wäre das Ganze vielleicht anders ausgegangen. Der Vorschlag von Mrs. Denwood war gut, allerdings begann auch ich mich zu fragen, warum sie das schon in ihrem ersten Unterricht thematisieren wollte. Wusste sie möglicherweise von etwas, von dem wir keine Ahnung hatten? Mussten wir uns Sorgen machen? Würden wir bald überfallen werden? Mussten wir uns vorbereiten?

Das Gemurmel drang in den Hintergrund, während ich zunehmend in meinen eigenen Gedanken versank. Ich musste an Trevor und Samuel denken und wie ich von ihnen zum Weißen Orden gebracht worden war. Es schüttelte mich, wenn ich nur an sie dachte. Ich hatte ihre Gesichter ganz genau im Kopf. Besonders das von Trevor. Seine eklige, fiese Erscheinung war nichts, dass ich so einfach vergessen konnte.

„Ich erwarte, dass ihr diese Übung ernst nehmt", sagte Mrs. Denwood nachdrücklich und blickte dabei gefasst in die Runde. Das Gemurmel wurde lauter und Mrs. Denwood sah zunehmend verärgert aus. Ein Schüler sprach in dem allgemeinen Gemurmel etwas lauter, sodass ihn Mrs. Denwood dazu aufforderte, seine Gedanken mit dem gesamten Kurs zu teilen. Er druckste zunächst etwas herum, doch als er sich einen bestätigenden Blick seines Sitznachbarns eingeholt hatte, vertrat er seine Meinung selbstsicher:

„Das ist doch unerreichbar für uns. Wir kennen nicht mal die Grundlagen, wie sollen wir da echte Magie anwenden?" Einige stimmten ihm mit einem „Ja" zu, Andere nickten nur, um ihre Zustimmung sichtbar zu machen. Ich hielt mich zurück und beobachtete, wie Mrs. Denwood mit der Situation umging.

Magie oder Schicksal? (3.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt