51. Kapitel - Rückkehr?

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Ich fiel fast in Ohnmacht, als die Tür aufgeschlagen wurde und ich Lian in das Zimmer treten sah. Erleichtert warf ich mich ihm in die Arme, noch bevor er die Tür hinter sich hatte schließen können. Ich drückte ihn fest an mich, aber nur einen Moment lang, dann realisierte ich wie er aussah. Seine braunen Locken waren zerzaust, unzählige Kratzer lagen auf seiner hellen Haut. Die Ellenbogen und Knie waren aufgeschürft. Ein tiefer, auffälliger Schnitt lag unter seinem linken Auge. Etwas blutig, angeschwollen und an einigen Stellen schon leicht blau.

Hatte er sich geprügelt? Er hatte fliehen müssen, definitiv! Und dabei hatten ihn seine Verfolger eingeholt und verprügelt. Aber wie war er entkommen? Meine Erleichterung schlug in Besorgnis um. War das alles? Oder hatte er möglicher Weise eine noch tiefere Wunde, die ich durch seine Kleidung nicht sehen konnte? Und was bedeutete das jetzt für uns? Mussten wir fliehen? Mussten wir handeln? Wir mussten handeln! Flucht war keine Option mehr! Jetzt musste alles schnell gehen. Das Ritual, das mussten wir heute noch machen, wir mussten heute noch einen Plan schmieden und ihn dann umsetzen. Alles heute, so schnell es ging, bevor...

„Sam, ist alles okay?", fragte er besorgt. Ich starrte ihn mit großen Augen an. Offensichtlich nicht!

„Was ist jetzt der Plan? Müssen wir jetzt schon anfangen? Soll ich irgendwas holen? Kerzen oder so? Und..."

„Es ist alles okay, du musst überhaupt nichts holen", antwortete er ruhig und legte seine Hände gelassen auf meine Schultern. Verwirrt sah ich ihn an.

„Aber du..."

„Mir geht es gut und es ist alles gut gelaufen", antwortete er zufrieden und lächelte sanft. Aber mir war nicht zum Lächeln zu mute. Er sah furchtbar aus und er konnte mir nicht erzählen, dass alles gut gelaufen war.

„Aber du siehst schlimm aus!", entgegnete ich aufgebracht. Er fing an zu lachen.

„Danke, wie reizend von dir." Ich schüttelte den Kopf.

„Ich meine das Ernst! Was ist passiert? Du siehst aus, als hätte dich jemand verprügelt."

„Zum Glück sehe ich nur so aus."

„Wie meinst du das? Hat dich etwa niemand... verprügelt?", fragte ich aufgeregt. Er schüttelte den Kopf.

„Nein, tatsächlich sind wir niemanden begegnet."

„Aber die Kratzer? Und die blauen Flecke an deinem Bein? Und der große Kratzer unter deinem Auge? Wo kommen die alle her?"

„Ich war nur dumm und ungeschickt."

„Dumm und ungeschickt?", wiederholte ich mit hochgezogenen Augenbrauen. Wollte er mich gerade auf den Arm nehmen? Lian nickte und begann immer heftiger zu lächeln.

„Du bist wirklich süß, wenn du dir so viele Sorgen machst." Ich seufzte schwer.

„Und du nervst, wenn du nicht zum Punkt kommst! Sag jetzt endlich wie es war!", forderte ich gespannt.

Lian nickte und setzte sich auf sein Bett. Den schwarzen Pullover, den er in der Hand hielt, legte er neben sich. Schnell folgte ich ihm, blieb aber stehen. Ich war viel zu nervös, um mich zu setzen. Ich konnte nicht einmal still stehen bleiben. Ständig musste ich doch auf der Stelle hin und her laufen oder mich von dem einen Bein, auf das Andere stellen.

„Es war unspektakulär. Wir sind hingelaufen und als wir ankamen war der Wachposten leer. Also sind wir einfach reinspaziert, ich war kurz in Linns Zimmer, sie hat mir einen ihrer Kristalle gegeben und eine Kette von Michelle, die ihr wohl viel bedeutet und dann bin ich schon wieder rausgegangen."

„Und das wars?", fragte ich ungläubig. Lian nickte zufrieden.

„Aber wieso war niemand beim Wachposten? Auch auf dem Rückweg nicht?"

Magie oder Schicksal? (3.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt