22. Kapitel - Dienstag

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Ich mochte den Unterricht am Dienstag, das hatte ich schon letzte Woche festgestellt. Es lag daran, dass ich einerseits nur drei Blöcke hatte und andererseits ausschließlich interessante Kurse besuchte. Der Tag startete mit dem Fach Intuition. Ich hatte von Anfang an keine genaue Ahnung gehabt was ich mir darunter vorstellen sollte. Na gut, es ging offensichtlich darum die eigene Intuition zu verstärken und sie besser zu verstehen. Doch ich hatte mich gefragt wie man das üben sollte. Ich war zunächst davon ausgegangen, dass wir uns in einen meditativen Zustand begeben müssten und dann auf unsere innere Stimme hören sollten.

Aber so lief der Unterricht ganz und gar nicht ab. Letzte Woche hatten wir mit den Grundlagen begonnen. Es war der Unterschied zwischen der Intuition, die man im Bauch spürte und den eigenen Gefühlen, die sich im Brustbereich manifestierten, erklärt worden. Alle Gefühle im Bauch, waren also Intuition und alles was man in der Brust spürte, die eigenen Vermutungen oder Befürchtungen. Eigentlich war das ziemlich simpel. Trotzdem fiel es mir manchmal schwer das von einander zu unterscheiden.

Oft kam es mir so vor, als würde ich die Angst und den Zweifel auch in meinem Bauch fühlen, was dafür sprechen würde, dass sich in diesen Momenten meine Intuition meldete. Das Problem war nur, dass man sich die eigene Intuition schnell selbst verfälschte, indem man Gefühle auf sie projizierte, weil man an gewisse Ereignisse oder Personen voreingenommen heranging und sich dann einbildete, das zu spürten, was man erwartete. So einfach sich die Intuition von den eigenen Gefühlen in der Theorie auch trennen ließ, wenn es an die Praxis ging, wurde es verdammt schwer. Oft vermischten sich die Gefühle und ich komme kaum noch sagen was davon meine Intuition und was meine eigenen Erwartungen oder Ängste waren.

Ein Merkmal hatte die Intuition jedoch, die es einem manchmal ermöglichte, sie von den eigenen Gefühlen zu trennen. Intuition war immer das, was man als erstes zu einer bestimmten Person oder Situation dachte, bzw. fühlte.

Wenn ich das auf Lian übertrug, hieß das, dass ich mich sicher fühlen durfte und ihm vertrauen konnte. Das hatte ich zumindest bei unserer ersten Begegnung gefühlt und das fühlte ich immer noch, wenn wir aufeinander trafen. Ich konnte jedoch nur davon ausgehen, wenn ich auch davon ausging, dass keine Magie im Spiel war. Lian hatte mir ganz klar gesagt, dass er bei der Aufnahmezeremonie keine Magie angewendet hatte. Und eigentlich glaubte ich ihm. Doch was wenn es eine Lüge gewesen war?

Im Grunde war die eigene Intuition das Beste was es gab. Sowas wie eine innere Stimme, die immer Recht hatte. Das große Problem war nur, dass wir verlernt hatten auf sie zu hören oder sie überhaupt noch wahrzunehmen. Magier waren nicht die Einzigen, die eine Intuition hatten, auch Menschen besaßen so etwas. Aber viele von uns verlernten den richtigen Umgang mit der eigenen Intuition. Und warum? Schuld war die Gesellschaft und die Erwartungen Anderer. Ich hatte zuvor schon einmal davon gehört. Doch letzte Woche hatte ich wirklich verstanden was das bedeutete. Zum einen hielten wir unser gesundes Bauchgefühl für falsch, weil uns seine Antwort unwahrscheinlich vorkam.

Wenn wir jemand Neues trafen, der von seinem Auftreten her sehr freundlich und zuvorkommend wirkte, dann würden wir ja nicht annehmen, dass diese Person in Wahrheit ganz anders war. Unser Bauchgefühl wüsste es aber und wir liefen Gefahr es zu übersehen, weil wir uns von der offensichtlichen Freundlichkeit dieser Person blenden ließen. Das Gleiche galt für Situationen, die wir nicht wahrhaben wollten. Wie in etwa die Sache mit Jayden. Eigentlich hatte ich lange gewusst, dass das nicht gut ausgehen würde, ich hatte es nur einfach nicht einsehen wollen.

Andererseits waren da die Erwartungen der Anderen. Ich erinnerte mich daran schon oft in Situationen gewesen zu sein, in die ich nicht hatte kommen wollen. Einfach weil es Andere von mir erwartet hatten. Manchmal kam man an Orte, von denen ein die innere Intuition fernhalten wollte. Am Ende ignorierte man sie jedoch, weil die Leute, mit denen man unterwegs war, einen sonst für feige halten würden oder keine Lust hatten einen Umweg zu gehen. Oder weil es für Außenstehende seltsam gewesen wäre, wenn man einfach auf dem Absatz kehrt gemacht und einen anderen Weg genommen hätte.

Magie oder Schicksal? (3.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt