35. Kapitel - Abendgespräche

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Die Nacht von Samstag auf Sonntag hatte mir mehr Schwierigkeiten bereitet. Trotz des Tees hatte ich einige Zeit gebraucht, bis ich in den Schlaf gefunden hatte. Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, wären die Gedanken, die Schuld daran waren, nicht so unheimlich gewesen. Aus dem Nichts und obwohl ich sie schon vollkommen vergessen hatte, war das Geistermädchen aus dem Film, vor meinem inneren Auge aufgetaucht. So unheimlich und real, dass ich Stunden gebraucht hatte, bis ich endlich eingeschlafen war. Ich hatte versucht die Gedanken an sie wegzuschieben, mir zu sagen, dass ich es in der Hand hatte sie real werden zu lassen. Würde ich das nicht zulassen, würde sie in meiner Fantasie bleiben. Aber so richtig funktioniert hatte das nicht. Denn sie war immer wieder in meinen Gedanken aufgeploppt, wenn ich eigentlich an etwas ganz anderes dachte. Als hätte sie doch ein Eigenleben, als hätte ich doch nicht die ganze Kontrolle.

Ich war froh, dass Lian heute Abend zurückkam. Wenn ich nicht schlafen könnte, dann könnte ich zu ihm fliehen. Das war eine beruhigende Vorstellung. Doch bis es soweit war, lag noch eine Menge Arbeit vor mir. Ich setzte mich an meine Hausarbeit ran. Gestern war ich nicht dazu gekommen. Immer wenn ich versucht hatte etwas für die Schule zu tun, war ich entweder angerufen worden oder hatte eine Nachricht bekommen.

Für die Hausarbeit stellte ich dieses Mal mein Handy auf stumm. Ich arbeitete bis spät in den Nachmittag hinein. Zwar kam ich nicht besonders weit, war dafür aber zufrieden mit dem was ich fertig hatte. Ich hatte das Kapitel: Die Geschichte vollkommen abgeschlossen und das nächste Kapitel: Die Möglichkeiten von Gittermagie zumindest bis zur Hälfte fertig.

Nachdem ich meine Schulsachen für den morgigen Tag gepackt hatte, machte ich mich fertig und verbrachte den Rest der Zeit mit einem sehr langen und ausgiebigen Gespräch mit meiner Mutter. Wir hatten uns nicht angeschrieen, aber gut gelaufen war das Telefonat trotzdem nicht.

Gegen 19:30 Uhr, nachdem ich schon etwas in der Mensa gegessen hatte, trafen sich Lian und ich unter dem großen Baum. Draußen war es längst nicht mehr so heiß. In einem T-Shirt war der leichte Wind sogar echt angenehm.

Als ich Lian in meine Richtung schlendern sah, stand ich auf und lief ein paar Schritte auf ihn zu. Ich freute mich ihn wieder zu sehen und so wie er mich angrinste, musste es ihm ähnlich gehen. Wir umarmten uns, länger als sonst. Ich blieb einfach so lange in der Umarmung, bis er sich von mir löste.

„Wie geht's dir? Wie war dein Wochenende", fragte ich neugierig und setzte mich.

„Das Wochenende war okay. Ein wenig langweilig. Wie wars bei dir?"

„Langweilig?", wiederholte ich.

„Sollte ein Treffen mit deinen Freunden nicht lustig oder so sein?"

„Ja, bestimmt. Aber es ist Fußballsaison und die haben die meiste Zeit vor dem Fernseher gehangen", erklärte Lian gähnend und setzte sich zu mir.

„Oh, das klingt echt langweilig. Habt ihr sonst gar nichts gemacht?"

„Doch wir waren in einer Bar und haben den Samstagvormittag in einem Freibad verbracht. Das war ganz cool." Ich nickte. Ich wäre auch gerne mal wieder in einem Freibad. Bei dieser Hitze tat jede Erfrischung gut.

„Und bei dir?" Ich begann Lian von meinem Wochenende zu erzählen. Ich erzählte sogar von Linn und Connor, weil ich irgendwie das Bedürfnis hatte mit jemanden darüber zu sprechen und am Wochenende weder mit Connor, noch mit Michelle telefoniert hatte. Dann beschwerte ich mich über die Hausarbeit und erzählte, dass es Mr. Mandeville endlich auf die Reihe bekommen hatte mich in den Dreierkurs für Magiesprüche einzutragen.

„Toll, dass er das endlich geschafft hat", sagte Lian spöttisch und schüttelte den Kopf.

„Besser spät als nie."

Magie oder Schicksal? (3.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt