41. Kapitel - Lian - Gut oder böse?

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Ich befreite mich aus Lians enger Umarmung und machte einen Schritt zurück. Ich brauchte Abstand zwischen uns. Ich musste erst wissen welches Geheimnis ihn umgab, bevor ich seine Nähe zulassen konnte.

„Geht es dir gut?", fragte er besorgt und musterte mich von oben bis unten. Ich nickte nur.

„Wirklich?" Unruhig legte er seine Hand an meine linke Schulter und sah mir tief in die Augen. Ich zuckte unter seiner sanften Berührung zusammen. Beim Sturz, als ich versucht hatte mich aus den Griffen meiner Entführer zu befreien, hatte ich den Fall mit meiner linken Schulter aufgefangen. Unter Lians Berührung begann sie zunehmend zu schmerzen.

„Ja, ich habe mich nur leicht an der Schulter verletzt", entgegnete ich knapp. Mir war es egal, dass meine Schulter wehtat. Ich wollte nur wissen warum die Typen vor Lian geflohen waren. Alles andere interessierte mich in diesem Moment nicht. Aber ich kam nicht dazu Fragen zu stellen, denn Lian bombardierte mich mit einer Frage, nach der Anderen.

„Haben sie dir wehgetan?" Ich blickte an mir hinab und schüttelte dann den Kopf.

„Bist du dir sicher?", fragte er überaus besorgt und trat einen Schritt an mich heran. Ich nickte stumm.

„Wer waren die und was wollten sie von dir?" Während ich meine Emotionen noch unter Kontrolle hatte, wurde Lian immer aufgebrachter. Er blickte unruhig an mir vorbei, in den Wald hinein, als befürchtete er, dass sie zurück kommen würden. Dann sah er mich wieder besorgt an und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich erstarrte unter seiner Berührung und sagte einen Augenblick lang nichts. Erst als er die Stirn leicht zu runzeln begann, machte ich einen Schritt zurück und brachte wieder Abstand zwischen uns. Ich wollte nicht, dass er mich berührte. Nicht, so lange ich nicht wusste warum Jayden und seine Komplizen vor ihm geflohen waren.

„Kennst du sie nicht?", antwortete ich, ohne auf seine Frage einzugehen. Die Falten auf seiner Stirn wurden mehr. Verwirrt blickte er mich einen Moment lang an und dann wieder unruhig in den Wald hinein.

„Nein, sollte ich sie kennen?", gab er mir unschlüssig als Antwort. Ich zuckte die Schultern.

„Ich weiß nicht, sie sind vor dir geflohen. Man könnte also meinen ihr kanntet euch", entgegnete ich ruhig. Es kam mir einerseits falsch vor Lian zu verdächtigen oder ihm zu misstrauen. Aber andererseits wusste ich auch, dass meine Gedanken keine Ruhe geben würden, bis ich Gewissheit hätte.

Lian entglitten seine Gesichtszüge. Er sah mich plötzlich erschrocken an und dieses Mal war er es, der einen Schritt nach hinten machte. Die Besorgnis war aus seinem Gesicht und seiner Haltung verschwunden. Er hörte auf hinter mich zu starren und sah mir stattdessen ernst in die Augen.

„Worauf willst du hinaus?" Er musterte mich und er hatte mitbekommen, dass etwas anders war, anders zwischen uns. Aber ich zuckte wieder nur mit den Schultern.

„Ich weiß nicht, ich habe mich nur gefragt warum sie vor dir so panisch geflohen sind." Lian sah mich verdutzt an und machte einen weiteren Schritt zurück. Leicht schüttelte er den Kopf, fassungslos und verärgert.

„Was willst du damit andeuten?" Sein Ton war ernst geworden, fast ein Bisschen unfreundlich. Aber ich blieb ruhig.

„Nichts, was glaubst du denn warum sie so vor dir geflohen sind?"

„Woher soll ich das wissen. Ich kenne sie doch nicht mal", zischte er und verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust. Seine Stimme war laut, voller Wut und Enttäuschung. Seine Mundwinkel waren übermäßig weit nach unten gezogen und er hatte die Augen einen Moment lang so weit aufgerissen, dass das Weiße über der Iris zum Vorschein kam. Er musterte mich nur kurz, dann drehte er sich plötzlich um und lief in die Richtung des Schwarzen Ordens. Ich blieb zurück und starrte ihm hinterher. Ich hatte Lian noch nie wütend erlebt und daher brauchte ich einen Moment, bis ich reagieren und ihm hinterher laufen konnte. Seine Wut und die finstere Miene machten mir Angst. Es war einerseits die Angst, an ihm eine Seite zu erleben, die ich nicht sehen wollte und es war andererseits die Angst, etwas Falsches gesagt zu haben.

Magie oder Schicksal? (3.Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt