Magie oder Schicksal? (3.Teil)

47. Kapitel - Täuschung

Ich stand vor dem entzweiten Kristall und fragte mich wie ich ihn so aussehen lassen sollte, als wäre nichts passiert. Das Bett von Ginger hatte ich gemacht und ich hatte das Buch genauso darauf gelegt, wie ich es vorgefunden hatte. Doch was sollte ich mit dem Kristall machen? Er war zwar perfekt in zwei Teile gebrochen und wenn ich ihn hinstellte, konnte ich ihn so aussehen lassen, als wäre er gar nicht kaputt. Doch wie sollte ich den schwarzen Schleier über ihn legen? Die Magie war gebrochen und ich hatte keine Ahnung wie ich das rückgängig machen sollte. Ich spielte mit dem Gedanken zu Lian und Angelina zu gehen und sie um Hilfe zu bitten. Aber irgendwie kam ich mir blöd dabei vor. Sie hatten selbst zutun und ich sollte doch nur einen Kristall so aussehen lassen, wie vorher. Eine einfache Täuschung würde es doch auch tun oder nicht? Ginger würde den Kristall bestimmt nicht mehr anfassen, sie glaubte ja, dass ihre Magie wirkte. Das hieß sie würde alles so lassen, wie es war. Was wiederum bedeutete, dass der Kristall ja wirklich nur so aussehen musste. Ob man nun das Buch wirklich sehen konnte oder nicht, war dabei egal. Ginger sah es ja so oder so und sonst kam niemand in unser Zimmer. War es also wirklich nötig Magie anzuwenden? Wahrscheinlich nicht.

Ich verließ kurzerhand das Zimmer und begab mich nach unten. Mein Ziel war der Kunstraum. Niemand würde es merken, wenn ich den Kristall einfach anmalte. Ich suchte mir also schwarze Farbe, eine kleine Palette und einen Pinsel. Dann lief ich wieder nach oben und begann zu malen. Die Farbe war nicht allzu dick, weshalb sie perfekt geeignet war. Sie legte einen schwarzen Schleier über den Kristall und am Ende sah er fast so aus, wie vorher. Von Weitem machte es sogar keinen Unterschied. Nur wenn man näher an ihn herantrat und ihn genauer betrachtete, erkannte man an ein paar Kanten, dass der schwarze Schleier nur Farbe war.

Als ich den Kristall zusammengeklebt hatte, platzierte ich ihn genau an der Stelle, von der ich ihn weggenommen hatte. Dann zog ich den Vorhang zu und verließ das Zimmer. Ich konnte echt nur hoffen, dass Ginger den Kristall nicht überprüfte. Schnell machte ich mich auf den Weg zu Lian. Ich war mir erst nicht sicher gewesen, ob ich ihn und Angelina bei der Besprechung stören sollte. Aber dann hatte ich mich einfach kurzerhand dazu entschlossen. Vielleicht könnte ich bei ihrem Plan, Lian mit einem Ritual zu schützen, auch etwas beitragen oder sie weihten mich wenigstens ein. Ich wollte jedenfalls nicht alleine sein und ich hatte meine Aufgabe erledigt. Es erschien mir also am sinnvollsten mich einfach zu ihnen zu begeben.

Als ich in Lians Zimmer trat, war der Boden noch genauso mit Salz bedeckt, wie zu dem Zeitpunkt, an dem ich den Raum verlassen hatte. Lian und Angelina hockten auf dem Boden und sahen zu mir auf, als ich eintrat. Ich schloss schnell die Tür hinter mir und setzte mich zu ihnen. Lian blickte mich freundlich an, während mich Angelina skeptisch musterte.

Zwischen ihnen lag das gleiche Blatt Papier, auf dem Lian und ich geschrieben hatten und ein Weiteres, worauf sie die Konversation weitergeführt hatten. Ich konnte nur einen kurzen Blick erhaschen, denn Angelina nahm es in die Hand, zündete ein Feuerzeug an und verbrannte es. Sie sah mir dabei nicht in die Augen, sie schaute stattdessen zu Lian, der ihr nur bestätigend zunickte. Als das Blatt vollkommen verbrannt und die Asche zu Boden gefallen war, drückte sie ihm das Feuerzeug in die Hand und stand auf.

„Ich gehe jetzt schlafen", erklärte sie knapp und blieb kurz neben mir stehen.

„Hier", brummte sie und drückte mir einen Stein in die Hand. Dann verließ sie den Raum. Verwirrt sah ich ihr nach und blickte dann zu Lian.

„Nimm's nicht persönlich. Du weißt ja, Beweise vernichten", sagte er ruhig und legte seine Hand sanft auf meine Schulter. Ich starrte ihm entgegen und schwieg. Ich sollte es nicht persönlich nehmen? Das Einzige, was ich auf dem Blatt hatte lesen können, war die Frage, ob wir Sam vertrauen konnten. Ich wusste, dass sie diese Frage aufgeschrieben hatte. Ich erkannte es an der Schrift. Ihre war größer und schräger, als die von Lian.