Mit der Zeit wurden meine Gedanken langsamer und ich döste schließlich auch ein. Gegen halb drei kam Connor ins Zimmer und weckte uns mit seinem lauten Poltern auf. Ich wollte Lian die Nacht über nicht alleine lassen. Deshalb verzog sich Connor zu Linn ins Zimmer und wir blieben hier. Als wir uns ins Bett legten und ich eigentlich davon ausging, dass wir jetzt nur noch Arm in Arm einschlafen würden, stellte mir Lian plötzlich eine merkwürdige Frage:
„Glaubst du an Schicksal?" Er hatte mich genau das schon einmal gefragt und ich hatte ihm geantwortet, dass ich nie darüber nachgedacht hatte.
„Ich weiß nicht... ich glaube ich habe noch keine Meinung dazu." Ich hatte mich nie genauer mit dem Thema Schicksal auseinandergesetzt. Erst recht nicht was es hier unter Magiern für eine Bedeutung hatte.
„Ich glaube an Schicksal und ich weiß, dass du mein Schicksal bist", antwortete Lian überzeugt. Seine Traurigkeit schien einfach verblasst zu sein. Stattdessen klang er hoffnungsvoll und ich begann mich zu fragen, warum das so war.
„Wie meinst du das?", fragte ich verwirrt und richtete mich etwas auf, um ihm in die Augen sehen zu können.
„Meine Mama hat meinem Bruder und mir immer davon erzählt. Sie hat fest daran geglaubt und uns gesagt, dass jeder von uns irgendwann seinen Seelenverwandten treffen wird. Jemand, der alles wieder ganz machen wird, was Andere kaputt gemacht haben. Ich fand es zwar immer schön, wenn meine Mama uns davon erzählt hat, weil sie dabei auch so unglaublich schön von unserem Dad geschwärmt hat, aber ich habe es nie richtig ernst genommen.
Doch als ich dich das erste Mal gesehen habe, wusste ich sofort, dass sie immer Recht gehabt hatte. Sie hat immer gesagt, dass man seine Schicksalsperson ohne Zweifel erkennen würde. Da wäre gleich eine Verbindung, sofort das Gefühl von Sicherheit und das habe ich gespürt, nur bei deinem Anblick." Sprachlos sah ich ihm in die Augen.
„Wirklich?", brachte ich nur erstaunt über die Lippen. Dass sich unsere erste Begegnung so magisch angefühlt hatte, hatte also tatsächlich eine Bedeutung? Das hatte ich mir nicht eingebildet und das war auch keine Magie von ihm gewesen? Hätte ich das nur früher gewusst...
„Ich habe mich bei unserer ersten Begegnung... auch ungewöhnlich sicher gefühlt und ich habe eigentlich... auch immer gewusst, dass ich dir vertrauen kann. Nur manchmal hatte ich... Angst davor", gab ich stockend zu. Ich hatte unsere erste Begegnung immer für Magie gehalten. Für seine Magie, mit der mich runter gebracht und beruhigt hatte. Aber Lian hatte tatsächlich nie Magie angewandt. Es war einfach nur er selbst gewesen, der mir schon bei unserer ersten Begegnung so viel Sicherheit gegeben hatte. Das war irgendwie unglaublich und wunderschön zugleich.
„Warum hast du mir das nicht früher erzählt?", fragte ich und strich ihm eine Strähne hinter das Ohr.
„Wäre das nicht seltsam gewesen?"
„Überhaupt nicht."
„Ich weiß nicht, wenn mir ein dahergelaufenes Mädchen gesagt hätte, dass ich ihr Schicksal sei, wäre ich durchaus skeptisch gewesen." Ich musste laut auflachen.
„Du bist doch kein dahergelaufener Typ. Du warst von Anfang an einfach nur toll."
„Du auch", antwortete Lian sanft und blickte mir plötzlich etwas zu lange in die Augen. Ich sah ihm an, dass er etwas sagen wollte, doch er schien sich noch nicht richtig zu trauen. Lian nahm einen tiefen Atemzug und verschränkte dann seine Hand in Meiner.
„Ich habe mich in dich verliebt", flüsterte er plötzlich und sah mir dabei aufgeregt in die Augen. Ich wurde rot, aber zum Glück konnte er das in diesem Dämmerlicht nicht sehen.
„Ich auch... du", stotterte ich völlig überrumpelt.
„Ich meine, ich mich auch... in dich." Lians Augen begannen zu leuchten. Er küsste erst meine Stirn, dann meine Wangen und schließlich trafen seine Lippen auf Meine. Ich spürte wie er in den Kuss hinein lächelte und ich konnte nicht anders, als das auch zu tun. Ja, es stimmte. Ich hatte mich in Lian verliebt. Ich hatte mich doll verliebt, so richtig doll. So sehr, dass ich mir niemals vorstellen wollte, einen Tag ohne ihn verbringen zu müssen.
Jetzt hatten wir es geschafft. Der Kampf gegen Janine lag hinter uns. Lian und ich hatten einander. Nach Jayden hatte ich es nicht für möglich gehalten, noch ein mal so stark für jemanden fühlen zu können, wie ich es für ihn getan hatte. Doch Lian hatte mir gezeigt wie einfach das war.
Obwohl ich mir um ihn zunehmend Sorgen machte, spürte ich den Unterschied zwischen Lian und Jayden immer deutlicher. Lian war für mich da. Lian ließ mich nicht im Ungewissen. Lian gab mir so viel Sicherheit, dass ich mich traute meine Meinung zu sagen oder die Fragen zu stellen, die mich beschäftigten. Lian brachte mich zur Ruhe und half mir, mich zu entspannen. Das mit ihm fühlte sich so viel schöner an. Das mit ihm war einfach richtig.
Mir war klar, dass vor uns immer noch ein steiniger Weg lag. Lian hatte den Tod seiner Eltern und seines Bruders nicht im Ansatz so verkraftet, wie er es sich selbst einredete. Für mich stand fest, dass er dringend eine Therapie machen musste und ich konnte nur hoffen, dass er sich das selbst irgendwann auch eingestehen würde. Für Lian würden die nächsten Monate hart werden. Aber er würde das schaffen, wir würden das schaffen.
Auch mir standen noch einige Herausforderungen bevor. Früher oder später musste ich meiner Mutter beichten, dass ich sie angelogen hatte. Ich musste mich weiter mit meiner Magie auseinandersetzen und mich jeden Tag an ihr üben. Und dann war da noch der schwerste Teil. Meine realen Träume. Es brachte nichts das zu leugnen. Irgendwann würden meine Träume real werden. Ich musste lernen sie zu kontrollieren, bevor mich diese Gabe ins Chaos stürzen würde.
Und ich musste meine Ängste in den Griff bekommen. Denn Ängste und Träume die real wurden, waren keine gute Kombination.
Meine Zukunft machte mir ehrlich gesagt große Angst. Aber ich war bereit mich ihr zu stellen. Ich hatte Lian an meiner Seite und ich wusste, mit ihm würde ich alles schaffen. Wir würden alles schaffen.
Vierter Teil: Magische Träume
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Magie oder Schicksal? (3.Teil)
Spiritual1. Teil: Zufall ode Magie? Sam hat den Sprung ins Ungewisse gewagt. Alleingelassen macht sie sich auf den Weg zum Schwarzen Orden. Doch ist der Schwarze Orden das Richtige für sie? Wird sie Andere von den bösen Machenschaften Janine's überzeugen und...