Den letzten Unterrichtsblock für heute verbrachte ich mit dem Fach Traumdeutung. Ich hatte mir ähnlich, wie bei Philosophie, vorgestellt, dass wir von unseren erlebten Träumen berichten und uns anschließend darüber austauschen würden. Doch so lief der Unterricht nicht ab. Es war ausschließlich Frontalunterricht angesagt und der Lehrer ging mit uns die gängigsten Symbole für bestimmte Ereignisse durch. So standen Dinge wie rote Rosen oder romantische Sonnenuntergängen natürlich für die Liebe oder dunkle Wolken, Gewitter und Raben für Unheil. Das meiste war recht stereotypisch, eben die Dinge, die Schriftsteller und Regisseure nutzten, um bestimmten Szenen eine gewisse Stimmung zu geben. Aber einige Dinge lernte ich auch neu kennen. Wie das Messer, das für Verletzung stand, sowohl auf körperlicher, als auch auf seelischer Ebene. Feuer, das die innere Angst symbolisierte oder Höhen, die die Angst vor dem Versagen widerspiegelten.
Träume waren in den meisten Fällen unterbewusste Ängste, Wünsche oder Erlebnisse, die wir verarbeiteten. Manche Träume entpuppten sich jedoch auch als Prophezeiungen.
Der Traum, den ich vom Fund des Buches meiner Grandma gehabt hatte, gehörte zu dieser Kategorie. Auf vielen Ebenen sogar. Nicht nur, dass ich gewusst hatte wo ich das Buch finden sollte, sondern auch die Warnung vor Jayden. Das Messer, durch das mein Mal entstanden war, symbolisierte nicht nur die körperliche, sondern auch die seelische Verletzung, die mir Jayden zugefügt hatte.
Das Feuer stand für meine Angst, die mich ab dem Fund des Buches begleiten würde. Ich hatte mich kurze Zeit sogar vor dem Buch meiner Grandma und vor meiner eigenen Magie gefürchtet. Aber auch Jayden hatte Angst in mir hervorgerufen. Angst nicht genug zu sein, Angst verlassen zu werden und Angst die Wahrheit herauszufinden. Rückblickend fragte ich mich, ob ich vielleicht früher verstanden hätte wovor mich der Traum gewarnt hatte, wenn ich von diesen Zeichen gewusst hätte. Ob ich dann möglicher Weise einen Bogen um Jayden gemacht hätte - wahrscheinlich nicht. Aber das würden wohl nur Spekulationen bleiben.
Die dritte Art von Träumen waren die realen Träume. Die, die sich unweigerlich zur Realität wandeln würden, egal wie sehr man versuchte sich gegen sie zu wehren. Der Kurs hatte mir gezeigt auf welche Zeichen ich achten musste, wenn ich meinen ersten realen Traum haben würde. Dann könnte ich früh genug verstehen in welche Richtung sich der Traum entwickeln würde und gegebenenfalls dagegen ansteuern. Falls ich mir in diesem Moment überhaupt bewusst wäre, dass ich träumte.
Der Unterricht erinnerte mich daran, dass ich in knapp einem Jahr ein großes Problem bekommen würde. Dann, wenn meine Träume zur Realität werden würden. Dann, wenn ich 18 war. Ich hatte eine Weile vergessen mir darüber Sorgen zu machen oder nach einer Lösung zu suchen, weil andere Dinge einfach wichtiger gewesen waren und, weil es doch noch so weit entfernt zu sein schien. Aber langsam wurde mir klar, dass selbst wenn wir Janine aufhalten könnten und wenn der ganze Spuk vorbei war, ich immer noch ein riesiges Problem haben würde.
Meine Grandma war an diesen Träumen gestorben und ich konnte mir leider nur allzu gut vorstellen, dass mich das gleiche Schicksal ereilen würde, wenn ich nicht endlich meine Unheil verkündenden Gedanken in den Griff bekäme.
„Was für ein unfähiger Lehrer", beschwerte sich Lian, als er Kopf schüttelnd aus seinem Kurs raustrat und mich vor der Tür stehen sah. Ich hatte fünf Minuten früher Schluss gehabt und mich gleich auf den Weg zu Lians Unterricht gemacht. Wir hatten uns verabredet, um gemeinsam ein paar Hausaufgaben zu erledigen. Ich hatte schon heute Mittag gespürt wie wenig motiviert ich war, um mich nach dem Unterricht noch an ein paar Hausaufgaben zu setzen. Ich hatte also die Hoffnung, dass es mich motivieren würde, wenn wir gemeinsam über den Hausaufgaben hingen. Wie ich, hatte auch Lian einen ganz Berg an Aufgaben vor sich.
„Wer?", fragte ich, als er den Weg nach rechts einschlug und ich ihm folgte.
„Ach Mr. Briggs, er unterrichtet den Kurs: Die Kraft der Tiere. Nur so miserabel, dass ich überhaupt nichts Neues erfahren habe."
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Magie oder Schicksal? (3.Teil)
Spiritual1. Teil: Zufall ode Magie? Sam hat den Sprung ins Ungewisse gewagt. Alleingelassen macht sie sich auf den Weg zum Schwarzen Orden. Doch ist der Schwarze Orden das Richtige für sie? Wird sie Andere von den bösen Machenschaften Janine's überzeugen und...