ATMEN...ohne zu atmen, würden wir sterben. Kennt ihr das, wenn jemand fragt, was man gerade macht und man antwortet nichts und der andere dann sagt, du lügst, du atmest doch? Es stimmt, atmen ist selbstverständlich, aber was macht man, wenn es plötzlich nicht mehr geht?
Annabell's POV:
Die Sekunden, die Harry oben in meinem Zimmer war, zogen sich sterbend langsam an mir vorbei. Ich versuchte ruhig zu bleiben. Ich darf jetzt nicht hyperwentillieren... Ich muss versuchen ruhig zu atmen. Mein Rachen war trocken und meine Lungen brannten. Mir war noch immer leicht schwarz vor Augen, so dass ich nur Umrisse wahrnahm. Harry beeile dich... Langsam bekam ich es mit der Angst zu tun. Was ist, wenn ich sterbe... Nicht daran denken, Harry kommt. Er ist gleich da. Und wenn gleich zu spät ist... Ich spürte Tränen meine Wangen herunter strömen und hörte wie sie ganz leise zu Boden tropften. Meine Atmung war kaum noch vorhanden. Es glich einem Hecheln. Meine Lungen standen in Feuer. Harry bitte... Endlich hörte ich Schritte die Treppe herunter rennen auf mich zu. Mein Körper wurde leicht angehoben und Harry hielt das Spray vor meinen Mund. Er drückte es herunter. Das Gas des Sprays flog in meine Luftröhre und stillte das Brennen. Mein Körper entkrampfte sich langsam und ich spürte, wie wieder Luft in meine Lungen strömte. Ich hörte Harry erleichtert ausatmen. Mit zitternden Händen griff ich nach meinem Spray und sprühte erneut. Es fühlte sich an, als würde meine Luftröhre sich weiten, so dass wieder normal Luft ein strömen konnte. Mein Körper zitterte leicht und ich holte langsam tief Luft. Harry hielt mich noch immer halb in seinen Armen. Mittlerweile konnte ich wieder normal sehen und schaute ängstlich zu Harry hinauf, der mich besorgt musterte, aber auch erleichtert aussah. "Erschrecke mich nie wieder so.", murmelte er und strich durch mein kurzes Haar. Er hat mir gerade das Leben gerettet! Aber wenn er nicht mit Samantha etwas gehabt hätte oder hat, wäre ich nicht so außer mir gewesen... Ein Stich fuhr durch meinen Körper beim Gedanken an das Bild von Harry und Samantha. Plötzlich hob Harry mich hoch. "Harry nicht.", nuschelte ich. Doch er hörte schon wieder nicht auf mich. Vorsichtig trug er mich hoch in mein Zimmer und setzte mich auf mein Bett ab. Besorgt musterte er mich erneut. "Ziehe dir etwas gemütliches an und leg dich hin. Ich mache uns einen Tee.", flüsterte er und stand auf. "Harry...", sagte ich zaghaft. Sofort drehte er sich um. "Ich m-mag keinen Tee.", stotterte ich. Er begann zu schmunzeln. "Was soll ich dir dann machen?", fragte er lächelnd. "Einen Kakao.", flüsterte ich. Er nickte lächelnd und schloss hinter sich meine Zimmertür. Was mache ich hier nur? Ich sollte ihn hinausschmeißen... Aber warum ist er hier? Er will es mir erklären... Er hat mir mein Leben gerettet und gestern hat er sich auch schon um mich gekümmert... Würde er das alles wirklich machen, ohne dass ich ihm etwas bedeute? Schwach stand ich auf und stolperte zu meinem Schrank. Schnell suchte ich mir einen viel zu großen Hoddie heraus und eine Jogginghose. Schnell zog ich die Sachen über, schlüpfte in Kuschelsocken und machte es mir in meinem Bett gemütlich. Ein bekannter Duft strömte in meine Nase. Zaghaft roch ich an Dad's Hoddie. Ich hatte ihn aus seinem Schrank gestohlen. Es klingt dumm, aber wenn ich ihn an habe, fühle ich mich ihm näher. Ein trauriges Lächeln bildete sich auf meinen Lippen und ich kuschelte mich mehr in meine Decke. Plötzlich öffnete sich zaghaft die Tür und Harry kam mit zwei Bechern Kakao in mein Zimmer. Schnell stellte er diese auf meinem Nachtschrank ab, schloss die Tür und kam auf mich zu. Er kramte in seiner Hosentasche herum und holte mein Spray heraus. Schnell legte er es auch auf den Nachttisch. Ich schaute ihn mit großen Augen an, wie er sich direkt neben mich setzte. "Ich weiß, dass ich dir einiges erklären muss...", flüsterte er langsam. "Aber bevor ich das mache, muss ich dir etwas über meine Vergangenheit erzählen.", sagte er und schaute mir in meine Augen. Ich nickte zaghaft. Er wirkte leicht durcheinander und nervös, denn er spielte mit seinen Fingern und schaute starr auf die Bettdecke. Ich ließ ihm die Zeit und hob währenddessen zaghaft meine Bettdecke an und deckte ihn auch etwas zu. Sofort schaute er mich erstaunt an. Umso länger er bei mir war, umso mehr bekam ich das Gefühl, dass er das, was geschehen war, bereute. Ich lächelte ihm ermutigend zu und nahm seine Hand in die meine. "Als ich fünf war, hat mein leiblicher Dad meine Mum verlassen. Er hat mich, meine Schwester und Mum einfach zurückgelassen. Ich habe ihn seitdem nie wieder gesehen.", begann er zu erzählen und klang wütend. "Das tut mir so Leid Harry.", flüsterte ich traurig. Er schaute mich durchforschend an, als würde er nach Anzeichen suchen, dass ich log. Doch er wird keine finden, denn er tat mir Leid. Wenn es weh tut, seinen Vater für immer durch den Tod zu verlieren, wie muss es dann sein, wenn man weiß, dass er noch irgendwo ist... "Vermisst du ihn?", fragte ich vorsichtig. "Nicht mehr.", flüsterte er und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Ihn so bedrückt zu sehen, machte mich traurig. Ich drückte sanft seine Hand. Er lächelte leicht wegen meiner Geste. "Onkel Louis wurde wie ein Vater für mich. Doch er musste ja noch zur Schule und dann ging er studieren. Ich habe ihn also so gut wie nie gesehen. Eigentlich wollte ich meine Mum und meine Schwester immer beschützen und sie nicht enttäuschen. Aber ich verletze jeden in meinem Umfeld. Ich verletze jeden, der mir etwas bedeutet.", flüsterte er und schaute auf die Decke. Zaghaft legte ich meinen Zeigefinger unter sein Kinn und hob es an. Verwirrt schaute er mich an. Vorsichtig krabbelte ich aus der Decke und setzte mich auf seinen Schoß. Noch immer sichtlich irritiert schaute er mich an. "Höre mir jetzt gut zu.", flüsterte ich. Er nickte unsicher. "Harry, du bist ein guter Mensch. Du hast mir heute das Leben gerettet. Ich glaube, ich weiß, was dich bedrückt.", fing ich an. "Verlustsängste. Nachdem dein Dad fort war, war dein Onkel dein Ersatzdad, doch er war auch so gut wie nie da. Dir fehlt das männliche Vorbild. Jemand, der dir Grenzen setzt. Du hast dein Dad verloren und tief in dir drinnen hast du Angst, alle deine geliebten Menschen zu verlieren. Du willst ihnen nicht weh tun. Du baust dir so viel Druck auf, dass du es nicht aushälst und so zu deinem Bedrücken doch jeden von ihnen verletzt. Du hast deine eiskalte Maske, die du aufsetzt, doch das ist nicht der Junge, der vor mir sitzt und mir gerade das Leben gerettet hat.", erklärte ich. Er hat Angst... Angst zu verlieren. Wie gut ich das Gefühl doch kenne. "Annabell ich war gestern sehr betrunken. Ich habe getrunken wegen dir, weil mir bewusst ist, dass ich auch dich verletzen werde und das will ich nicht. Du bist einfach atemberaubend. Bei dir fühle ich mich frei und ich kann ich selbst sein. Ich war gestern total betrunken. Ich wusste nicht mehr, was vorne und hinten war. Ich weiß, das ist keine Ausrede. Aber du musst mir glauben, ich habe nicht mit Samantha geschlafen. Louis hat mich aufgehalten den Fehler zu begehen. Annabell, ich würde Samantha nie anfassen. Bei dem Gedanken könnte ich kotzen.", erklärte er. Ich sah ihn einfach nur an. Er hatte nichts mit ihr! Aber er hätte es gehabt, wenn sein Onkel nicht da gewesen wäre... "Annabell, es tut mir Leid.", flüsterte er voller Reue und wischte eine Träne auf meiner Wange fort. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich angefangen hatte zu weinen. Ihm tut es wirklich leid und er hatte nichts mit ihr. Zaghaft schloss ich ihn in eine Umarmung. "Du hast recht, Annabell. In allem, was du sagtest, hattest du recht. Ich habe Angst dich zu verlieren, obwohl du mir nicht mal gehörst.", nuschelte er an meinem Nacken. "Du verlierst mich nicht.", flüsterte ich und er drückte mich näher an sich.
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Do you rescue me? (Harry ff)
FanfictionAllein, wann ist man allein? Man kann allein sein, weil man weder Freunde noch Familie hat oder man besitzt beides und fühlt sich allein... Annabell ist 16 und ist eigentlich glücklich mit ihrem Leben bis etwas Schreckliches geschieht. Wer wird sie...