Den ersten Schritt machen ;)

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Ich weiß nicht wie ich anfangen soll, aber ich glaube der beste Weg ist es sich zu entschuldigen, für alles was in den letzten Woche passiert ist. Es tut mir leid, dass ich nicht für dich da war, aber ich bin nun mal für ein Jahr in England und muss mich hier um meine Gastfamilie kümmern. Natürlich hat die eigene Familie normalerweise Vorrang, aber ich war bzw. bin ja nicht erwünscht gewesen. Papa wollte mich ja nicht dabei haben und hat mir jeden Kontakt mit euch so zu sagen unmöglich gemacht, weil er alle Telefonate abgefangen hat. Sina hat mir auch erzählt, dass ich nicht auf die Beerdigung kommen darf, aus dem Grund bin ich nicht gekommen. Ich wollte einfach nicht, dass es zwischen mir und Papa eskaliert. Du musst wir wirklich glauben, dass Oma mir nicht egal war und immer noch richtig wichtig ist. Nur ich wurde nie über ihrer Krankheit informiert. Es war sogar ein Wunder, dass ich überhaupt davon erfahren habe. Hätte ich gewusst, dass es wirklich so schlimm um sie stand, hätte ich meine Abreise definitiv verschoben, aber ich bin ja davon im Glauben gelassen wurden, dass es ihr gut geht und sie nur zur Kontrolle wieder ins Krankenhaus musste. Deshalb war ich auch so sauer auf Papa. Er konnte mich nicht zum Flughafen fahren. Mir kam es da so vor, als wäre ich ihm total egal. Ich konnte da doch nicht wissen, dass Oma da schon um ihr Leben kämpfte. 

Es tut mir alles so unendlich leid und ich hoffe du kannst mir verzeihen, ich will nicht das unsere Familie deshalb auseinander bricht.

In Liebe deine Annika

Die Bilder aus meinen Koffer haben mich dazu gebracht meinem Opa den Brief zu schreiben. Die ganzen Bilder, die meine Mama mir am letzten Abend in Deutschland gegeben hat, haben mich an die guten Zeiten, die schönen Zeitenmit meiner Familie erinnert und wegen so einem blöden Streit wollte ich es nicht zulassen, dass meine Familie zerbricht. Ich konnte es einfach nicht. Ich war schon immer jemand der sehr an seiner Familie und an den engsten Freunden gehangen hat.

Während ich den Brief geschrieben hatte, kullerten mir immer wieder Tränen die Wangen runter und landeten auf dem Papier, wodurch an manchen Stellen die Tinte verschwamm.

Nun saß ich erneut vor einem weißen Blattpapier, doch dieses Mal war ich mir nicht so sicher, wie und vor allem was ich schreiben könnte. Etwas bei jemandem richtig zu stellen und zu erklären fiel mir viel leichter, als sie zu entschuldigen. Klar hatte ich mich auch bei meinem Opa entschuldigt, aber sich für etwas zu entschuldigen, wofür man eigentlich keine Schuld hat, ist wesentlich schwerer.

 Hallo Mama! Hallo Papa!

Ich bin ganz ehrlich. Ich weiß nicht genau wie ich mich ausdrücken soll, weil ich immer noch der Ansicht bin, dass ich nicht Schuld an der Situation habe, oder wenigstens nicht alleine, weil ich echt andershätte reagieren können. Dennoch möchte ich mich bei euch entschuldigen, für die Worte die mir damals über die Lippen gekommen sind und wegen den Folgen. Ich will einfach nicht dass unsere Familie wegen so etwas zerbricht. Ich könnte die Last nicht tragen zu wissen, dass es zum Teil meine Schuld wäre.

Die ganze Sache mit Oma tut mir wirklich leid, aber wie hätte ich wissen sollen, dass es so schlimm um sie steht wenn ihr mich nicht darüber informiert? Und hätte ich damals nicht euer Gespräch mitbekommen würde ich sehr wahrscheinlich heute noch nicht wissen dass sie Krebs hatte. Außerdem hat sie bei meinem letzten Besuch noch einen ganz stabilen Eindruck gemacht und hatte sogar noch angefangen einen Schal zu stricken.

Ihr wolltet uns bestimmt nur davor beschützen, uns Sorgen um sie zu machen und in der Zeit ihrer Krankheit unbeschwert weiter leben zu können und weiterhin Spaß am Leben zu haben, wofür ich euch auch wirklich dankbar bin, weil sonst hätte ich vielleicht nie für das Au Pair Jahr angemeldet. Aber dadurch das ihr Tod so plötzlich für uns kam und wir uns gar nicht, so wie ihr, darauf hätten vorbereiten können, sind die Folgen für uns wohlmöglich schlimmer als für euch. Klar ich lebe weiter und ich hab auch weiter hin Spaß am Leben, aber auch nur dadurch, dass ich es einfach nicht realisieren kann, dass ich nie wieder bei meine Oma kann. Ich bekomm es einfach nicht in meinen Kopf rein, dass sie weg ist. Andauernd erwische ich mich noch bei dem Gedanken, sie anzurufen und ihr zu erzählen, was mir heute tolles passiert ist, doch das kann ich nie wieder machen. Es wird noch einige Zeit dauern, bis ich es endlich kapiere.

LEBE JEDEN MOMENT, LACHE JEDEN TAG, LIEBE OHNE GRENZENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt