Kapitel 11

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Riku

"Riku?", hauchte Samu von der Seite.

Sein warmer Atmen kitzelte auf meiner Wange und bescherte mir eine angenehme Hühnerhaut.

"Riku!", Samu rüttelte an meiner Schulter.
"Riku Juhani Rajamaa, lebst du noch?", erkundigte er sich.
"Was?", fragend drehte ich den Kopf in seine Richtung.
"Wo bist du mit deinen Gedanken? Seit ungefähr zehn Minuten rede ich jetzt auf dich ein, aber du hast nichts mitbekommen!", Samu klang genervt.

Aber, aber... Dann war das ja wieder nur meine überaktive Phantasie... Wieso? Es hat sich doch so verdammt real angefühlt! Es fühlt sich immer noch real an! Ich kann seine Lippen immer noch auf meinen spüren... Beziehungsweise fühlen sich meine Lippen wirklich geküsst an... Das kann doch echt nicht war sein!

Ich war kurz davor zu heulen und so biss ich mir auf die Lippe und blinzelte die ersten Tränen weg. Samu sah mich etwas besorgt an, doch ich schüttelte einfach den Kopf, um ihm zu signalisieren, dass ich nicht darüber reden wollte. Zum Glück verstand er und ließ mich in Ruhe.

Was hätte ich auch sagen sollen? "Hey Samu, ich habe mir gerade vorgestellt, wie du mich hier einfach so geküsst hast und dann ist daraus eine Knutscherei entstanden und es hat sich so real angefühlt, dass ich jetzt traurig bin, dass es nicht real war. Zum Einen, weil du so gut küssen konntest und zum Anderen, weil ich schon länger auf dich stehe!" Nein, das klingt ja, als wäre ich vollkommen Banane... Klar, manchmal habe ich so Momente in denen ich total neben der Spur bin, aber DAS würde alles übertreffen... Lieber nicht... Das könnte die Freundschaft gefährden und somit auch, dass ich in seiner Nähe sein kann... Vielleicht wäre es besser, weil ich ihn dann vielleicht vergessen kann... Aber bis es so weit wäre, würde viel Zeit vergehen und diese Zeit könnte ich nicht zurück holen... So wie es ist, ist es schon ok... Ich habe mich ja daran gewöhnt...

"Riku, du bist so blass... Sollen wir nicht lieber zurück gehen?", fragte Samu besorgt.
"Du machst dir Sorgen um mich?!", ich sah ihn überrascht an.

Er macht sich wirklich Sorgen um mich!

Diese Tatsache machte den Schmerz von eben etwas erträglicher.

"Klar, darf ich mir keine Sorgen um meinen besten Freund machen?", fragte er nach.
"Doch, doch, darfst du!", wehrte ich ab.

Wie süß er das sagt... Schade das es nur "bester Freund" und nicht "fester Freund" ist... Aber es reimt sich und hat so auch den gleichen Klang! Warte, was denke ich hier?

"Weißt du... Ich mache mir öfters Sorgen um dich, aber du verschließt dich ja immer gleich, anstatt mit mir darüber zu reden. Ich glaube bist einfach so ein Jemand, der nicht gerne über Probleme spricht und das akzeptiere ich auch voll und ganz, aber manchmal wüsste ich schon gerne, was mit dir los ist... Du weißt, dass du mir vertrauen kannst?", sagte Samu sanft.

Mein Herz machten einen Freudensprung.

Er machte mir so viel Mut und es war so unglaublich süß... Wie hatte ich ihn nur als besten Freund verdient?
Er war so unendlich verständnisvoll und man konnte mit ihm über wirklich alles, sowohl über Ernstes wie über Lächerliches, reden. Man musste keine Angst haben, dass es bald alle wussten und man konnte echt 24/7 auf ihn zählen.
Und dann kam ich, als sein bester Freund... Ich war zwar relativ verständnisvoll, aber über Themen wie Laura und Vivianne machte ich schon einmal eine großen Bogen, soweit es möglich war. Man musste bei mir zwar auch keine Angst haben, dass ich mich verplapperte, aber dafür konnte man nicht rund um die Uhr auf mich zählen... Wenn ich eine meiner Phasen hatte, war ich leider zu nichts zu gebrauchen.

"Wir gehen jetzt zurück! Du verlierst immer mehr Farbe. Nicht, dass du mir noch umkippst!", meinte Samu streng und zog mich von der Bank hoch.

Augenblicklich wurde mir schwindelig und meine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding. Zum Glück konnte ich mich an Samu abstützen. Das wir noch ein gutes Stück zu laufen hatten machte es aber noch schlimmer. Immer wieder mussten wir anhalten, weil mir für kleine Augenblicke komplett schwarz vor Augen wurde. Samu wich keine Sekunde von meiner Seite, wofür ich ihm genauso dankbar war, wie dass er die ganze Zeit nichts sagte und auch nicht fragte, was los war. Ich wusste selbst nicht genau, was los war. Aber ich glaubte nicht mehr, dass das alles nur von meinen vielen Gedanken kam.
Es ging mir so schlecht, wie lange nicht mehr und wollte einfach nur noch in mein Bett.

The Whole StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt