Kapitel 36

770 49 3
                                    

Riku

So leise wie möglich drehte ich den Schlüssel im Schloss herum und wurde von der Stille empfangen. Die Tatsache, dass im Flur und im Wohnzimmer Licht brannte, verriet mir aber das jemand zu Hause sein musste. Leise zog ich meine Schuhe und Jacke aus und schlich dann ins Wohnzimmer. Laura lag schlafend auf der Couch und sah ziemlich fertig aus. Ihre blonden Haare waren vollkommen verwuschelt und ihre Wimperntusche war etwas verlaufen. Anscheinend hatte sie geweint. Aufwecken wollte ich sie jetzt eigentlich nicht, um sie nur wieder zum weinen zu bringen, weshalb ich mich gegenüber des Sofas auf den Sessel setzte und beschloss zu warten. Wenn sie aufwachte, wollte ich mit ihr reden. Tatsächlich wachte sie überraschend schnell auf und sah mich erst einmal verschlafen an. Dann wurde ihr Blick zu Verwirrung.

"Riku?! Was machst du denn hier?", fragte sie immer noch müde. 
"Ich muss mit dir reden..."
"Hast du meine Nachricht gelesen?"
"Ja"
"Und? Verzeihst du mir?", fragte sie, wobei ihre Augen wieder anfingen zu strahlen.
"Laura..."
"Das heißt dann wohl nein..."
"Laura... Es liegt nicht daran, dass du mit mir geschlafen hast, ohne dass ich es wollte. Unsere Beziehung war vorher schon nicht mehr, das was sie mal war... Es funktioniert einfach nicht mehr zwischen uns und das musst du verstehen"

Tränen glitzerten in ihren Augen und es ging auch nicht lange, bis die Ersten über ihre Wangen kullerten.

"Und... und jetzt...?"
"Was und jetzt?"
"Wo... wo... soll... i...ich... wohnen?"
"Du kannst von mir aus gerne hier bleiben, bis du etwas gefunden hast"
"Wi...wirklich?"
"Ja wirklich"

Schniefend nickte sie. Dann war es eine gefühlte Ewigkeit unerträglich still, bevor Laura wieder etwas sagte.

"Riku? Darf ich dich etwas fragen?"
"Klar..."
"Können wir... Freunde... bleiben..."
"Ich denke schon..."
"Und... können wir... zusammen... eventuell... noch... in den Urlaub", Laura wurde immer leiser.

Dieser Wunsch verschlug mir echt die Sprache.

Was soll ich denn jetzt sagen? Ich wette sie will sich an mich rausschmeißen... Aber wenn ich jetzt mit ihr in den Urlaub gehe können wir "zufälligerweise" da hin, wo Samu und Vivi sind. Vielleicht kann ich dann sogar noch den Antrag verhindern. Jetzt habe ich das schon hinter mich gebracht, dann kann ich auch Samu Vivis Geheimnis erzählen. Allerdings ist das alles eben nur vielleicht so. Vielleicht kommt es auch ganz anders. Vielleicht liege ich total falsch. Naja, aber in Samus Nähe komme ich relativ sicher und das ist es mir wert. Gut, ich gehe mit Laura in den Urlaub!

"Ja... können wir machen..."
"Wirklich?", Lauras Augen begannen wieder zu strahlen.
"Ja... Lass uns nach Spanien gehen"
"Wohin nach Spanien?"
"Ceuta vielleicht"
"Ja, klingt gut. Wann gehen wir?"
"Direkt morgen?!"
"Jaaaa", die Begeisterung stand ihr wirklich ins Gesicht geschrieben.
"Soll ich buchen? Dann kannst du schon mal packen..."
"Ok!"

Laura sprang auf und war schon nach oben verschwunden. Geräuschvoll atmete ich aus und stand auf, um den Laptop zu holen. Mit ihm auf dem Schoß setzte ich mich aufs Sofa und suchte uns einen Flug und ein Hotel raus, das "zufälligerweise" auch Samus und Vivis Hotel war. Ich hoffte so, dass mein Plan nicht schief ging und dass Laura wirklich damit klar kam, dass wir nur noch Freunde waren. Beides wagte ich zu bezweifeln, aber irgendwann musste ich ja auch mal Glück haben.
Nachdem ich den Laptop wieder zur Seite gestellt hatte, ging ich nach oben, um ebenfalls meine Tasche zu packen. Ganz ohne Gepäck konnte ich schließlich auch nicht einfach mal so nach Spanien fliegen. Ich brauchte zwar vermutlich wie immer nicht so viel wie Laura, aber etwas musste ich schon mitnehmen.

Wo ist denn jetzt mein kleiner Koffer? Ohne den geht auch schon mal nichts. Ich kann es doch nicht bringen den ganz großen zu nehmen, wenn er nachher noch halb leer ist. Nein, nein, ich brauche den kleinen.

The Whole StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt