Seufzend liess ich mich in den Sand fallen und starrte in den Himmel. Gleich nachdem ich das Haus verlassen hatte, ging ich zu meiner Bucht und liess mich erstmal eine Weile im Wasser treiben. Ich war wirklich froh kam Cameron mir nicht hinterher. Er wusste wohl das ich jetzt einfach Zeit für mich brauchte.
Was Mum mir an den Kopf geworfen hatte, konnte ich immer noch nicht fassen. Nutzlos hatte sie mich genannt, aber was noch viel schlimmer war. Sie hatte mich so angesehen, als wäre ich Abschaum und überhaupt nicht ihre Tochter. In ihren Augen war ich es nicht wert den Namen Johnson zu tragen und das nur, weil ich seit Jahren nicht redete. Drei Worte hatte ich verloren als Mum am Tisch sass. Die ersten Worte die sie seit Jahren aus meinem Mund gehört hatte und es würden auch die Letzten bleiben.
Es gab für das ganze Problem nur eine Lösung: ich musste verschwinden. Ich wollte nicht länger mit jemandem in einem Haus leben, die mich als Belastung sah. Ich musste weg, auch wenn ich Cameron und James nicht verlassen wollte. Es war das Beste für alle.
Leise schloss ich die Haustür hinter mir und schielte in das Wohnzimmer. Alle vier sassen sie auf der Couch und unterhielten sich angeregt. Kurz dachte ich Sorge in Mums Blick zu sehen, aber schnell schüttelte ich den Gedanken ab und schlich die Treppe nach oben. So schnell ich konnte, packte ich in meinem Zimmer eine Tasche mit dem Nötigsten zusammen und lief die Treppe wieder nach unten.
Ich hatte die Haustür schon geöffnet und wollte raus gehen, als ich Mum hörte und stehen blieb. "Ich liebe sie über alles, was wenn ihr etwas passiert?" verwirrt drehte ich mich um und spähte um die Ecke. Mum lag in Markus' Armen und war den Tränen nahe. "Wieso hast du das gesagt Mum?" fragte Cameron aufgebracht. "Weil er es so wollte." "Er wollte, dass du Chloe sagst das sie nutzlos ist?" "Wer ist Er?" fragte James. Auch er sah verdammt wütend aus und hatte sichtlich Mühe ruhig zu bleiben.
Ratlos sah Mum zu Markus der wortlos nickte. "Phil." ungläubig schüttelte meinen Kopf. Wieso hatte Mum noch Kontakt zu Phil? "Willst du mich verarschen?" schrie Cameron und sprang von der Couch auf. "Nein, hör mir zu Cameron. Ich weiss was er Chloe angetan hat. Damals, als ich es herausgefunden habe, habe ich ihn sofort raus geschmissen und ihn angezeigt." fassungslos lehnte ich mich an die Wand. Mum wusste die ganze Zeit bescheid und hatte mir nie etwas gesagt. "Wieso wissen wir nichts davon?" "Ich wollte Chloe da raus halten. Sie sollte nicht noch mehr leiden als sie es schon tat. Bei dem Prozess lernte ich Markus kennen. Er sorgte dafür, dass Phil für lange Zeit ins Gefängnis kam. Er ist draussen, seit wir in Malibu sind." "Ich fasse es nicht." murmelte James und fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. "Du willst mir sagen, dass du uns seit Jahren anlügst und Phil jetzt wieder auf freiem Fuss ist?" "Ja, er hat uns gefunden und ist jetzt hinter Chloe her." "Wir müssen sie sofort finden." sagte James und sprang auf.
Das konnte doch nicht wahr sein. Phil war hier irgendwo in Malibu und suchte mich. Wieso war er so besessen von mir. Reichte denn nicht das, was er mir all die Jahre angetan hatte? Erschrocken riss ich meine Augen auf als sich eine Hand auf meinen Mund legte. "Hab dich!" sofort wurde mir klar wer hier vor mir stand und wollte weg rennen. Schnell merkte ich aber das ich keine Chance hatte. Grob packte er mich an meinem Arm und zog mich durch die offene Haustür über die Auffahrt. Mit aller Kraft wehrte ich mich gegen ihn und schaffte es endlich seine Hand von meinem Mund zu nehmen. "James!" schrie ich so laut ich konnte. "Lass mich los Phil!" "Geh jetzt da rein!" knurrte er und drückte mich zur offenen Wagentür. "Chloe?" ich sah an Phil vorbei zur Haustür, wo Cameron mit James raus kam. Sie brauchten nur einen Bruchteil einer Sekunde um die Situation einzuordnen und rannten zu mir. "Dann halt anders." knurrte Phil. Ich sah nur noch, wie Phils Faust auf mich zu kam. Danach wurde alles um mich herum Schwarz.
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Cameron
"Nein! Chloe!" fassungslos sah ich dem Wagen hinterher der mit vollem Tempo weg fuhr. "Verdammt!" "Was ist passiert?" fragte Mum die mit Markus zu uns kam. "Was passiert ist? Du fragst in allem Ernst was passiert ist?" schrie ich wütend. "Phil hat Chloe vor unseren Augen mitgenommen. Wenn ihr etwas passiert Tracie, ich schwöre dir bei Gott, dann bringe ich dich um!" sagte James aufgebracht. "Was? Nein!" mit geweiteten Augen sah sie uns an und legte ihre Hände vor ihren Mund. "Ich rufe die Polizei." sagte Markus und ging wieder ins Haus.
Das konnte nicht wahr sein. Chloe wurde vor unseren Augen von Phil entführt. Er hatte sie und würde was weiss ich mit ihr anstellen. Ich wollte es mir gar nicht vorstellen. Würde ich Phil aber in die Finger kriegen, würde ich ihn umbringen. James neben mir schrie auf und lief zu seinem Wagen. "Wo gehst du hin?" "Ich suche jetzt unsere Schwester!" sagte er und stieg ein. Bevor er weg fahren konnte, ging ich ebenfalls zu seinem Wagen und stieg ein. "Wir werden sie finden." sagte ich. James sagte nichts mehr, sondern startete nur den Wagen und fuhr weg.
Frustriert schlug ich die Autotür zu. James folgte mir wortlos in das Haus wo Markus und Mum mit der Polizei in der Küche sassen. "Habt ihr sie gefunden?" sofort sprang Mum auf als sie uns sah. "Sehen wir so aus als hätten wir sie gefunden? Das ist alles nur deine Schuld!" sagte James wütend. Es war kaum zu übersehen das ihm viel an Chloe lag. Er war nicht nur ein Bruder für sie, sondern auch ein guter Freund. Er machte sich Sorgen um sie und wollte auf keinen Fall das sie verletzt wurde. Genau wie wir alle auch. "Okay, es reicht. Es bringt uns nicht weiter wenn wir uns gegenseitig die Schuld geben." beschwichtigend hob Markus seine Hände.
"Mr. Taylor, das Kennzeichen des Wagens, welches sie uns gegeben haben, wurde als gestohlen gemeldet. Es-" der Cop wurde von einem anderen unterbrochen und drehte sich zu ihm um. Ich verstand nicht was er sagte, aber sein Gesichtsausdruck liess wieder Hoffnung in mir aufkommen. "Wir haben den Wagen gefunden. Sie können uns hinterher fahren, aber halten Sie sich zurück." sofort nickten wir und liefen ihm hinterher aus der Küche. "Nein!" sagte ich und blieb stehen. "Du bleibst hier. Ich will dich nicht in ihrer Nähe sehen, wenn sie dort ist." ich liess Mum gar keine Möglichkeit zu widersprechen und stieg zu James und Markus in den Wagen. Mir war es egal ob ich sie damit verletzte oder nicht, immerhin war es ihre Schuld das Chloe weg war. Hätte sie früher mit uns geredet, hätten wir besser auf Chloe aufpassen können und sie sicher nicht weg gehen lassen.
Eine viertel Stunde brauchten wir um an den Ort zu kommen, wo der Wagen angeblich war. Wir waren nur so schnell, weil der Polizeiwagen mit Blaulicht vor uns fuhr. Kaum hielt Markus an, sprangen James und ich aus dem Wagen. Wie erstarrt blieben wir stehen, als wir uns das Szenario vor uns ansahen. Überall standen Kranken- und Polizeiwagen. Am Strassenrand stand der Wagen in den Chloe gezerrt wurde. Das war es aber nicht was uns erstarren liess, sondern der Zustand des Wagens. So wie es aussah, fuhr er frontal in einen Baum. Die komplette Vorderseite war eingedrückt und auch die Seite sah nicht anders aus. Alles in allem sah es überhaupt nicht mehr wie ein Auto aus.
"Chloe!" nur knapp konnte ich James davon abhalten zu dem Wagen zu rennen. Sofort kamen zwei Beamte zu uns und hielten James fest. "Lasst mich los verdammt!" schrie er und wehrte sich gegen die Beiden. Nur mühsam konnten sie ihn in Schach halten. Ich wendete meinen Blick von James ab und sah wieder zu dem Wagen. Der Fahrer wurde von mehreren Männern aus dem Wagen gehoben und auf eine Trage gelegt, aber wieso holten sie nicht Chloe da raus? Einer der Beamten war bei diesem Typen und kam anschliessend zu uns. "Ich konnte kurz mit ihm reden." sagte er. "Ja und? Wie geht es Chloe?" fragte ich ihn. "Sie haben die Kontrolle über den Wagen verloren, trafen seitlich auf einen Baum und gleich darauf fuhren sie frontal in einen anderen Baum. Chloe, sowie Mr. Lambert haben wir nicht im Wagen gefunden." fassungslos schüttelte ich meinen Kopf. Phil durfte nicht alleine mit Chloe unterwegs sein.
"Sir, Sie verheimlichen uns doch etwas." sagte Markus. "Die Seite mit der das Auto den Baum getroffen hat, war die Seite an der Chloe sass. Wir gehen vom Schlimmsten aus, tut mir leid." "Es tut Ihnen leid? Was stehen Sie hier noch rum? Gehen Sie und suchen Sie Chloe verdammt!" sagte James aufgebracht. "Wir haben schon alle möglichen Kräfte losgeschickt. Wenn sie hier irgendwo ist, werden wir sie finden. Gehen sie nach Hause. Wir melden uns bei Ihnen wenn wir etwas neues haben." Markus nickte und ging zu seinem Wagen. "James, Cameron! Kommt schon!" das war doch jetzt nicht sein Ernst. Ich konnte nicht Zuhause sitzen, während Chloe da draussen war. "Aber Dad-" "Nichts aber. Steigt jetzt ein!" unterbrach Markus James.
Widerwillig packte ich James Arm und führte ihn zum Wagen. Kaum stiegen wir ein, fuhr Markus schon los. "Das kannst du nicht bringen Dad!" sagte James aufgebracht. "Ich werde hier nicht sitzen und warten bis sie Chloe gefunden haben." fügte ich hinzu. "Wir werden auch nicht gehen. Wir werden Chloe suchen und nicht ohne sie nach Hause kommen." erleichtert atmete ich aus. Markus war wirklich ein toller Typ. Er konnte Dad's Rolle zwar nicht übernehmen, aber so langsam wurde er wie ein Vaterersatz für mich und ich war mir sicher, dass es Chloe dabei nicht anders erging. Jetzt mussten wir sie nur finden.
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Silent girl
Teen FictionFür Chloe gibt es nichts wichtigeres im Leben als ihre Familie und das Surfen. Als ihre Mutter einen neuen Mann kennen lernt, muss sie mit ihrem Bruder nach Malibu ziehen. Für Chloe eigentlich keine grosse Sache, gäbe es da nicht ein Problem. Chloe...