Kapitel 83

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Seufzend blieb ich stehen und sah auf mein Handy. Ich war hier doch nicht am richtigen Ort. "In zweihundert Metern befindet sich das Ziel auf der linken Seite." ertönte es von meinem Handynavi. Also war ich hier wohl doch richtig.

Nach Wochen hatte ich endlich eine Nachricht von Cameron bekommen. Er wollte mich sehen und schickte mir eine Nachricht mit einer Adresse. Anfangs war ich ja noch nicht so sicher, weil es eine mir unbekannte Nummer war, aber Cameron hatte ja seine alte Nummer sperren lassen und die Nachricht war so typisch Cameron, dass ich gar keine Zweifel mehr hatte.

Nun stand ich hier auf einem Schotterweg mitten im Wald. Ich war nicht einmal mehr in Malibu. Was hätte es auch für einen Sinn gehabt, wenn Cameron sich in Sicherheit bringen sollte und stattdessen in Malibu blieb. Genau, es brachte überhaupt nichts.

Die Freude Cameron nach Wochen endlich wieder zu sehen, liessen alle meine Zweifel verschwinden und so setzte ich meinen Weg in diesem dichten Wald fort. Auch wenn ich immer wieder Geräusche von links und rechts hörte, störte mich das nicht im geringsten. Es war helllichter Tag, also was sollte mir hier draussen schon grossartig passieren. 

Als ich zu meiner linken ein Haus sah, blieb ich stehen. "Sie haben ihr Ziel erreicht." hörte ich es auch schon aus meinem Handy. Einen Moment sah ich mir das Haus an. Eigentlich konnte man dem gar nicht Haus sagen, denn es war viel kleiner. Es bestand komplett aus Holz und sah völlig heruntergekommen aus. Das Cameron hier 'wohnen' konnte, wunderte mich wirklich. Wenn man es sich so ansah, sah es aus, als ob es jeden Moment in sich zusammenbrechen würde.

Kopfschüttelnd lief ich die drei Stufen nach oben und wollte an die Tür klopfen, aber kaum berührte ich die Holztür, ging sie mit einem quietschen auf. Verwirrt runzelte ich meine Stirn. Gut, jetzt bekam sogar ich etwas Angst. Zögernd betrat ich den Flur. Überall lagen Holzteile auf dem Boden und es wimmelte nur so von Staub. Wie konnte er hier leben?

Erschrocken wich ich einen Schritt nach hinten als vor meinen Füssen eine Ratte den Flur überquerte. Gott, wie eklig war das denn. Ich atmete einmal tief durch und lief den Flur nach hinten. "Chloe?" das war Cameron! Lächelnd lief ich durch die offene Tür auf der linken Seite. Mein Lächeln erstarb aber als ich Cameron sah.

"Verschwinde!"

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3 Wochen vorher

Eine Woche war es nun schon her, seit Cameron von Zuhause abgehauen war. Eine Woche, in der wir nichts von ihm hörten und keine Ahnung hatten wo er war. Zwar hatten wir John und Jim eingeschaltet, aber sie hatten keine Anhaltpunkte wo Cameron hätte sein können. Er war wie vom Erdboden verschluckt.

So sehr wir uns auch um ihn sorgten, so musste aber auch der Alltag weiter gehen. Gegen meinen Willen schleppte James mich jeden Tag in die Schule. 'Cameron geht es sicher gut.' 'Er würde nicht wollen, dass du dich so gehen lässt.' das waren James Worte. Zugegeben, er hatte recht, aber das hiess noch lange nicht, dass ich nicht an Cameron denken konnte.

Cam würde nicht wollen, dass ich meine Schule vernachlässigte oder ständig darüber nachdachte, wo das er war. Wenn ich eins über ihn wusste, dann, dass niemand ihn finden würde, so lange er es nicht wollte. Das war schon immer so. Egal in was für Schwierigkeiten Cam steckte, er würde da raus kommen. Ich hoffte einfach nur, dass es nicht so enden würde wie vor ein paar Monaten als die Übergabe schief lief.

"Fuck! Was soll das?" verwirrt drehte ich mich um und sah Andy an, der sich über seinen Hinterkopf rieb. "Hör auf meine Freundin so anzusehen!" sagte James wütend. Schmunzelnd verdrehte ich meine Augen. Es gab doch überhaupt keinen Grund für ihn so eifersüchtig zu sein. "Man, was kann ich denn dafür, wenn sie so gut aussieht?" verteidigte sich Andy. "Ich warne dich nur einmal!" bedrohlich sah James ihn an und machte einen Schritt nach vorne.

Silent girlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt