Kapitel 93

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Nach Luft ringend blieb ich stehen und stützte mich mit meiner Hand an einem Baum ab. Ich war am Ende. Mein Unterarm pochte und war bereits fast auf das doppelte angeschwollen, mein Bein Schmerzte ebenfalls und die Luft wurde immer weniger. Hätte ich in meinem Leben doch mehr Sport getrieben, dann hätte ich jetzt wenigstens eine bessere Kondition.

Mittlerweile dämmerte es bereits und weit und breit war keine Hilfe zu sehen. Langsam aber sicher hatte ich keine Hoffnung mehr. Ich würde in diesem Wald sterben und niemand würde mich je finden.

Tief durchatmend probierte ich die Tränen zurück zu halten, aber ich hatte einfach zu grosse Angst. Wie sollte ich noch länger hier draussen überleben?

"Chloe!" abrupt hob ich meinen Kopf und sah mich im Wald um. "Chloe, wo bist du?" nein! Das hatte ich mir nicht eingebildet. Wieder sah ich um mich, konnte aber niemanden entdecken. "Chloe!" auch wenn ich diese Stimme noch nie in meinem Leben gehört hatte, stiess ich mich von dem Baum ab und rannte in die Richtung aus der sie kam. "Ich bin hier!" schrie ich so laut ich konnte.

Je weiter ich rannte, desto näher kam mir der Mann. "Chloe!" rief er wieder, doch er war nicht alleine. Erleichtert atmete ich aus als ich die beiden Männer jetzt besser sah. Sie hatten beide eine Uniform an, aber nicht die üblichen, die die Polizisten an hatten. Gerade als sie sich zu mir umdrehten, blieb ich mit meinem Fuss an einem Ast im Boden hängen und stolperte nach oben. Ein Schrei entwich mir als ich auf meinen gebrochenen Arm landete, aber ich konnte mich jetzt nicht davon ablenken lassen.

Sofort rappelte ich mich wieder auf und sah die zwei Männer vor mir an. "Bitte, Sie müssen mir helfen!" "Ganz ruhig. Bist du Chloe Johnson?" fragte mich der eine. "Ja! Er ist hier irgendwo!" "Okay, jetzt beruhig dich. Wir sind die Parkranger und werden dich hier raus bringen." wieso bestand er darauf, dass ich mich beruhigte? Ein psychopathischer Killer war hinter mir her und er wollte das ich mich beruhigte?! Ich würde alles andere machen, aber sicher nicht mich beruhigen!

"Bringen Sie mich jetzt hier raus!" schrie ich hysterisch. "Chloe, wir bri-" ein Knall unterbrach den Parkranger. Mit geweiteten Augen sah ich auf seine Stirn, die jetzt ein Loch hatte und blutete. Keine Sekunde später fiel er leblos auf den Boden und der andere Ranger zog seine Waffe, aber auch für ihn war es zu spät. Ein weiterer Knall ertönte und auch er viel mit einem Kopfschuss auf den Boden.

Fassungslos stiess ich die Luft aus und hielt meine Hände vor meinen Mund um nicht los zu schreien. Anthony hatte sie erschossen. Er hatte sie eiskalt umgebracht. "Letzte Chance Chloe!" kurz spannte sich mein ganzer Körper an, ehe ich mich zusammen riss und los rannte. Jeder normale Mensch hätte die Waffe der Ranger genommen, aber ich wusste, dass ich nicht damit umgehen konnte, also was nützte es mir schon?

Eines war ich mir jetzt bewusst. Man suchte mich und sie mussten ganz in meiner Nähe sein. Wie sonst hätte ich mir die Parkranger erklären sollen, die meinen Namen kannten? Ich musste durchhalten. Für Cameron, für meine Freunde und Familie und vor allem für James. Ich wollte ihn nur noch einmal sehen.

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Kopfschüttelnd blieb ich stehen und sah mich um, nur um überhaupt nichts zu sehen. Ich war am Ende. Niemand würde mich hier finden.

Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, seit Anthony diese Ranger erschossen hatte, aber mittlerweile war es stockdunkel und ich wusste nicht ob ich noch geradeaus, oder im Kreis lief. Ich gab es auf. Anthony hatte gewonnen.

Erschrocken zuckte ich zusammen als ich ein Knacken hörte. Zitternd schloss ich meine Augen als ich die Schritte immer näher kommen hörte. Ich war bereit zu sterben. Sollte er mit mir machen was er wollte. "Na wen haben wir den hier." langsam öffnete ich meine Augen und sah zu meiner linken. Ich erkannte ihn zwar nicht wirklich, aber sein Grinsen konnte ich deutlich sehen.

"Sieh genau zu." flüsterte er und sah nach vorne. Bei seinem Unterton ahnte ich nichts gutes. Jede Faser meines Körpers sträubte sich dagegen das zu machen was er wollte, dennoch wendete ich meinen Blick von ihm ab und sah nach vorne. Angestrengt kniff ich meine Augen zusammen und konnte nur mit Mühe eine Gestalt mehrere Meter von uns entfernt ausmachen.

Bevor ich überhaupt reagieren, oder etwas sagen konnte, hob Anthony seine Hand und ein Schuss ertönte. Mit geweiteten Augen sah ich, wie die Person aufstöhnte und in sich zusammen sackte. "Chloe!" krächzte er. Nein! "James!" ein Schrei entwich meinem Mund als ich erkannte das es James war und los rannte.

"Bleib stehen!" rief mir Anthony hinterher, aber ich hörte nicht auf ihn. Wieso sollte ich auch noch machen was er sagte, wenn ich sowieso sterben würde. Ich musste zu James und ihm helfen.

Wieder ertönte ein Schuss und liess mich in meiner Bewegung erstarren. "Anthony! Waffe fallen lassen und Hände hoch!" hörte ich es ganz aus der Nähe. War das John?! Langsam sah ich an mir runter und legte meine Hand auf meinen Bauch. "Ihr denkt doch nicht wirklich, dass ich mich einfach so ergebe!" rief Anthony. "Chloe, geh weg da!"

Langsam verblassten die Stimmen um mich herum, genau wie alles was um mich herum passierte. Der Schmerz zog durch meinen Bauch und liess mich auf die Knie fallen. Anthony hatte mich angeschossen. Er hatte sein Ziel erreicht.

Automatisch sah ich zu James der langsam aufstand und zu mir kam, doch ich wusste, dass es zu spät war. Erschöpft liess ich mich auf die Seite fallen und schloss meine Augen. Es war okay. Auch wenn ich in den letzten Monaten nur Probleme hatte, machten es meine Familie und Freunde erträglich. Sie standen immer an meiner Seite und liessen mich nie im Stich. Gut, wir hatten auch unsere Schattenseiten, aber auch das bekamen wir immer in den Griff und liessen uns selbst dann nicht alleine. Ich liebte sie alle und das würde sich auch nie ändern. Ich war bereit zu sterben. "Chloe!" James' Stimme und seine Hand auf meinem Arm waren das letzte was ich wahrnahm, bevor ich das Bewusstsein verlor.

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