Kapitel 49

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Seufzend stellte ich meinen Wecker aus und schlurfte in mein Badezimmer. Nachdem ich geduscht und meine Morgenroutine erledigt hatte, zog ich mir Hotpants und Top an und ging runter in die Küche. Sie sassen alle schon am Tisch und Frühstückten. Alle bis auf Tracie. "Morgen Kleines." lächelnd setzte ich mich zwischen Cameron und James und füllte eine Schüssel mit Müsli und Milch.

Gestern hatte ich mich lange mit James unterhalten. Stunden sassen wir am Strand und redeten über alles, was in den letzten Wochen passiert war. Und was sollte ich sagen. Er hatte mich davon überzeugt, dass Sofies Tod nicht meine Schuld war. Natürlich gab es noch einen kleinen Teil der davon überzeugt war und der würde wahrscheinlich für immer da bleiben, aber nur weil Tom und Anthony es, wieso auch immer, auf mich abgesehen und Sofie umgebracht hatten, war es nicht meine Schuld. Sie waren Psychopathen die es liebten anderen Menschen schmerzen zuzufügen und da konnte niemand etwas dafür. Helfen konnte da nur eine Psychiatrie.

Auch über Tracie redeten wir und kamen zu einem Entschluss: sie war die boshafteste und hinterhältigste Person die es nur gab. Erst machte sie mir jahrelang etwas vor und behauptete jetzt, dass sie mich nie haben wollte. Irgendwie kam ich mit dem klar, aber die Frage war doch: wie ging es weiter? Diese Frage wurde aber beantwortet als wir wieder zuhause waren. Cameron hatte Markus natürlich gesagt was passiert war und dieser handelte sofort. Er setzte Tracie vor die Tür. Sie sollte sich erst einmal Gedanken darüber machen was sie getan und gesagt hatte. Ich war Markus mehr als dankbar dafür, aber trotzdem hatte ich ein schlechtes Gewissen. Immerhin liebte er sie doch und er hatte sich auf meine Seite gestellt.

"Baby?" James legte seine Hand auf mein Bein und holte mich so aus meinen Gedanken. "Baby sie nicht!" sagte Cameron aufgebracht. Schmunzelnd verdrehte ich meine Augen. "Cameron-" fing ich seufzend an. "Wieso hast du so ein Problem mit ihm?" fragend sah ich ihn an. "Ich habe mit allen männlichen Wesen die auf dich stehen ein Problem." sagte er. Schmunzelnd schüttelte ich meinen Kopf und sah zu James. Schelmisch grinsend zwinkerte er mir zu und legte seinen Arm um meine Schulter. "Du siehst gut aus Baby." sagte er und küsste mich auf die Wange. Ich wusste das er es nur sagte um Cameron zu ärgern, trotzdem schoss die Röte in meine Wangen und ich wendete meinen Blick etwas ab um Cameron anzusehen. Er sass steif auf seinem Stuhl und starrte angespannt auf den Teller vor sich. Diese Haltung sprach bände. Er würde James am liebsten umbringen.

"Baby? Gehen wir nach oben? Die Schule ist nicht so wichtig." warnend legte ich meine Hand auf James Bein und drückte leicht zu. Das war leider eine falsche Idee. Cameron sah es und interpretierte es natürlich völlig falsch. Mit einer schnellen Bewegung stand er auf, legte seine Hände auf meine Rückenlehne und zog meinen Stuhl zurück. Erschrocken schrie ich auf. Ich meine, wer rechnet schon mit so einer Aktion? Dadurch das ich nicht darauf vorbereitet war, verlor ich mein Gleichgewicht und landete auf dem Boden. Cameron interessierte das aber überhaupt nicht, denn er ging auf James zu der ebenfalls aufstand.

Bevor das hier völlig ausser Kontrolle geraten konnte, ertönte ein lauter Knall. Ich zuckte zusammen und sah zu Markus. Er hatte sich nicht vom Fleck bewegt und starrte Cameron und James wütend an. Wortlos zeigte er auf die Stühle. Er liess keine Widerworte gelten. Ich hätte gedacht, dass Cameron wie so oft rebellieren würde, aber zu meinem erstaunen setzte er sich zurück auf seinen Stuhl, genauso wie James. "Erst wird man umgeworfen und muss dann noch alleine aufstehen." murmelte ich und rappelte mich vom Boden auf. "Setz dich zu mir kleines." stirnrunzelnd sah ich zu Markus der mich warm anlächelte. Bipolar oder was? Auf jeden Fall war es mir lieber neben ihm zu sitzen, als zwischen zwei Testosteron gesteuerten Muskelbergen.

"Und jetzt reden wir Klartext." sagte Markus als ich mich neben ihn setzte. "Finde ich höchste Zeit. Schraub dein Ego runter Cami." sagte ich angepisst. Wütend sah er mich an und wollte etwas sagen, aber Markus kam ihm zuvor. "Keine gute Wortwahl, aber du hast recht Chloe. Ich verstehe dich Cameron. Du bist ihr Bruder und würdest am liebsten jeden Typen von ihr fern halten, aber das ist bei James nicht nötig. Er liebt Chloe und würde ihr nie etwas antun. Ausserdem weiss er, dass du ihn umbringen wirst, falls er es trotzdem macht." einen Moment sah Cameron uns an, ehe er aufstand und mit einem 'ich gehe in die Schule' aus der Küche verschwand.

Seufzend sah ich ihm nach und wollte ebenfalls gehen, aber Markus hielt mich auf. "Wir waren noch nicht fertig." sagte er in einem strengen Ton. Wortlos setzte ich mich wieder und sah zu James. Dieser verdrehte bloss seine Augen und schien zu wissen was Markus von uns wollte. "Es wird jetzt einige neue Regeln geben. Erstens: wenn ich nicht zuhause bin, schlaft ihr nicht im gleichen Bett. Zweitens: kein Sex. Ich möchte nicht jetzt schon Grossvater werden." James wollte ihm widersprechen, hielt aber inne, als Markus drohend seine Hand hob. "Nein James. Ich kenne dich und deine Frauengeschichten. Das vom letzten Mal hat mir völlig gereicht." ungläubig hob ich eine Augenbraue. Ich wusste das James der reinste Frauenmagnet war und jede haben konnte, trotzdem versetzte es mir einen Stich das zu hören. James sah kurz zu mir und wieder zu Markus. "Dad!" sagte er mit zusammengebissenen Zähnen. "Du wärst fast-" "Dad!" schrie James nun und unterbrach Markus. Warnend sah er ihn an und deutete mit dem Kopf zu mir. Es war, als ob Markus meine Anwesenheit vergessen hatte und mich erst jetzt bemerkte. "Kleines, du-" "Ich gehe jetzt in die Schule. Alleine!" sagte ich wütend und verliess die Küche. In der Lobby zog ich meine Schuhe an, nahm meine Tasche und verliess das Haus. Jetzt musste ich wohl in die Schule laufen.

Ich wollte gerade losgehen, als ich Camerons Wagen in der Auffahrt sah. Seufzend setzte ich mich auf den Beifahrersitz, worauf er gleich losfuhr. "Ich dachte schon das es Ärger geben würde." sagte er nach einigen Minuten. Kurz sah ich ihn an und wieder aus dem Fenster. "Danke das du gewartet hast." "Immer wieder Schwesterchen." sagte er und nahm meine Hand in seine. Ärger war noch nicht einmal das richtige Wort. Ich war wütend und enttäuscht zugleich, denn mir wurde erst jetzt richtig klar, dass ich eigentlich nichts über James wusste. Ich war mit ihm zusammen und wusste rein gar nichts über ihn. Vertraute er mir den so wenig?


"Chloe, jetzt bleib doch stehen!" James ignorierend, setzte ich mich auf dem Schulhof an den Tisch, wo die Anderen schon sassen. "Was soll das jetzt?" protestierte Cameron, als ich mich zwischen ihm und Mike quetschte. Den ganzen Morgen konnte ich James erfolgreich aus dem Weg gehen, naja, bis jetzt. Wir mussten ja unbedingt die gleichen Freunde haben. "Baby." fing James an und setzte sich gezwungenermassen mir gegenüber. "Steck dir dein Baby sonst wohin!" knurrte ich. "Was ist los?" fragte Mike verwirrt. "Er hat es versaut." gab Cameron genervt von sich. "Nein, hat er nicht. Er checkt es einfach nicht!" "Er sitzt hier und hört euch!" sagte James aufgebracht. "Können wir bitte reden?" flehend sah er mich an. Seufzend nickte ich, stand auf und lief etwas von den anderen weg.

Mit verschränkten Armen drehte ich mich zu James um. Er wollte meinen Arm nehmen, aber sofort wich ich ihm aus. "Kannst du mir jetzt bitte sagen wieso du sauer auf mich bist?" er hatte es also wirklich nicht verstanden. Enttäuscht schüttelte ich meinen Kopf. "Du vertraust mir nicht." "Doch, wie kommst du darauf?" verwirrt sah er mich an. "James, ich weiss rein gar nichts über dich. Wir sind zusammen, aber hast mir nie etwas über dich erzählt." "Es geht um das was Dad gesagt hat oder?" fassungslos sah ich ihn an. Sprach ich etwa eine andere Sprache? "Gott James! Mir ist es egal mit wievielen du etwas gehabt hast. Das ist Vergangenheit. Es geht mir darum, dass du mir nichts aus deinem Leben anvertraust und das verletzt mich." ich hatte gerade wirklich die Schnauze voll. Er wusste genau wovon ich sprach, tat aber so, als ob er nicht verstand. Auf solche Spielchen hatte ich keine Lust.

"Vergiss es!" sagte ich und ging zu den Anderen zurück, wo ich mich wieder zwischen Cameron und Mike setzte. Kurz darauf kam James und setzte sich wieder an seinen Platz. "Leute, meine Eltern sind wieder weg. Party heute Abend." sagte Collin und tippte auf sein Handy herum. "Deine Eltern haben nichts dagegen?" fragte Mike verblüfft. "Seine Eltern sind nie Zuhause und als entschädigung, bekommt er alles was er möchte." "Was Jeff damit sagen möchte: nein, sie haben nichts dagegen." schulterzuckend sah Collin Mike an. "Abgefahren, ich bin dabei!" sagte er grinsend. "Ne man, keine Lust." überrascht sah ich zu James. Er liess sich doch sonst keine Party entgehen. "Was soll das? Du kannst nicht nicht mitkommen!" sagte Andy ausser sich. "Also ich bin dabei!" bevor ich überhaupt nachdenken konnte, verliessen die Worte meinen Mund. Eigentlich hatte ich so gar keine Lust auf Party, aber ich brauchte dringend Ablenkung von dem ganzen Stress und um Anthony musste ich mir dabei nicht einmal Sorgen machen, immerhin passte ja ein unbekannter Cop auf mich auf.

"Gut, ich komme mit!" sagte James plötzlich, "Geil!" rief Jeff begeistert. "Auch nur, damit du Chloe stalken kannst." sagte Mike schmunzelnd. Augenrollend stand ich auf als es zur nächsten Stunde klingelte und entfernte mich von ihnen. Das ich dabei ein tausend Watt grinsen im Gesicht hatte, konnte ich nicht verhindern. James kam nur wegen mir an die Party um mich im Auge zu behalten. Auch wenn ich wütend auf ihn war, fand ich diese Geste einfach nur süss.

Ich würde meinen Spass an Collins Party haben und meine Probleme für einen Abend vergessen.

Silent girlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt