Vorsichtig legte ich die weisse Rose auf das Grab vor mir. "Du wirst immer meine beste Freundin bleiben. Ruhe in Frieden Sofie." flüsterte ich. "Es tut mir leid." "Chloe, nicht." flüsterte Cameron neben mir und legte seinen Arm um mich. "Nur wegen mir musstest du sterben. Wegen mir hat dich deine Familie verloren. Es tut mir so unendlich leid." sagte ich schluchzend. Wortlos nahm mich Cameron in seine Arme und führte mich zu den Anderen.
Seit ich wieder ein 'freier' Mensch war, waren schon zwei Tage vergangen. Es ging mir langsam wirklich besser, bis heute. Heute war die Beerdigung von Sofie. Die Zeremonie war wirklich wunderschön und ich konnte mich eigentlich gut zusammenreissen, bis jetzt. Zwar sagten alle das ihr Tod nicht meine Schuld war, aber da war ich völlig anderer Meinung. Wegen mir hatte sie Tom umgebracht und das würde ich mir nie im Leben verzeihen.
Die Jungs standen in Anzügen etwas abseits und sahen Cameron und mich an, als wir zu ihnen kamen. Wie ich, hatte Mike gerötete Augen vom Weinen. Ich wollte ihn gerade umarmen, als Jeff mit Dylan zu uns kam. Wortlos sahen sie uns an und liessen sich nacheinander umarmen. "Nein!" sagte Jeff als er mich ansah. Verwirrt sah ich ihn an. "Denk das nicht Chloe. Ich habe es dir schon einmal gesagt. Du hast keine Schuld an ihrem Tod." sagte er und zog mich in seine Arme. "Es tut mir leid." flüsterte ich. "Du kannst nichts dafür." sagte Dylan und umarmte mich, als Jeff mich losliess. Eigentlich wollte ich Dylan nicht so nahe sein, aber ich brauchte diese Nähe jetzt einfach. Seufzend öffnete ich meine Augen und sah zu James. Er hatte seine Hände zu Fäusten geballt und war mehr als angespannt. Sofort löste ich mich von Dylan und ging zu ihm. Vorsichtig legte ich meine Arme um seinen Nacken und zog ihn zu mir. Seine Anspannung verflog binnen Sekunden und er schlang seine Arme um mich. "Es ist nicht deine Schuld Chloe." sagte Jeff und ging mit Dylan wieder zu seinen Eltern. "Gehen wir nach Hause." murmelte James an meinem Hals, worauf ich nur nickte.
Kaum parkte Cameron den Wagen in der Auffahrt, stieg ich aus und rannte hoch in mein Zimmer, wo ich meinen Bikini anzog und wieder nach unten ging. Cameron und James standen in der Küche und verstummten als sie mich sahen. James liess seinen Blick über meinen Körper wandern und lächelte verschmitzt, während Cameron zwischen uns hin und her sah. Plötzlich schlug Cameron James auf den Hinterkopf. "Sieh sie nicht so an alter!" grinsend sah James zu ihm. "Hey! Sie ist meine Freundin, ich darf das." "Das Thema hatten wir schon einmal. Nur weil du auf sie stehst, muss ich es nicht für gut heissen." knurrte Cameron. "Jungs!" sagte ich genervt. "Habt ihr's dann langsam mit eurem Kindergartenverhalten? Ich würde gerne surfen gehen und sicher sein, dass ihr euch in der Zeit nicht umbringt." beide sahen sie zu mir und nickten wortlos. Zweifelnd verschränkte ich meine Arme vor der Brust. Wieder fing James an zu grinsen als sein Blick auf meine Brüste fiel und Cameron sah ihn wütend an. Grinsend schüttelte ich meinen Kopf und zwinkerte James zu, ehe ich die Küche verliess und raus auf die Terrasse ging. Sollten diese Kindsköpfe doch machen was sie wollten. Trotzdem konnte ich nicht leugnen, dass mir der Blick gefiel mit dem James mich angesehen hatte.
Automatisch ging ich auf der Terrasse in die Ecke um nach meinem Board zu greifen, griff aber ins Leere. Verwirrt hob ich meinen Blick, aber mein Board stand wirklich nicht da. Vielleicht hatte es Markus ja wie letztes Mal in die Garage gestellt. Schulterzuckend ging ich wieder rein und lief durch das Wohnzimmer in die Lobby. Cameron diskutierte immer noch mit James über mich, was mich nur schmunzeln liess. Ja, er war wieder einmal mein grosser Bruder. "Wohin?" kurz sah ich Jim an und öffnete die Haustür. "Garage." sagte ich nur und lief raus. Das er mir folgte ignorierte ich einfach mal.
Suchend sah ich mich in der Garage um, aber fand mein Board nicht. "Sag mir doch was du suchst, dann kann ich dir helfen." seufzend drehte ich mich zu Jim um. "Ich wollte surfen, aber mein Board steht nicht auf der Terrasse." nachdenklich sah er mich an. "Ich glaube, ich habe deine Mum damit gesehen." verdutzt schüttelte ich meinen Kopf. Was bitteschön wollte Mum mit meinem Surfbrett? Ich meine, wir hatten nicht gerade das beste Verhältnis zueinander, aber nie im Leben würde sie etwas mit meinem Board machen. Wobei...früher dachte ich auch, dass sie mich nie schlagen würde und was hatte sie getan? Ausserdem war sie schon immer dagegen das ich surfte. Je mehr ich darüber nachdachte, desto sicherer war ich mir. Sie hatte es und würde weiss ich nicht was damit machen.
"Tracie!" knurrte ich wütend und lief aus der Garage. "Chloe, nein!" rief mir Jim hinterher. In der Lobby blieb ich kurz stehen und sah mich um. Wo würde sie sich verstecken? "Tracie!" schrie ich und ging durch das Wohnzimmer zur Terrasse raus. "Was ist los?" fragte Cameron aus der Küche. "Sie ist wieder im Killermodus." hörte ich Jim sagen. Ich sah mich auf der Terrasse um, aber auch hier war sie nicht. "Tracie!" schrie ich wieder, aber natürlich bekam ich keine Antwort. Ruckartig wurde ich an den Schultern umgedreht und sah Jim, Cameron und James vor mir. "Jim hat Mum mit meinem Board gesehen." sagte ich, bevor sie mich überhaupt fragen konnten.
Verwirrt runzelte Cameron seine Stirn und sah sich um. "Riecht ihr das?" fragte er uns. Ich wusste nicht was er meinte, bis ich es roch. Es roch mehr als verbrannt, aber das war ja nichts neues. Ständig grillten unsere Nachbarn bei solch schönem Wetter. "Danke Bro, jetzt habe ich Hunger." gab James beleidigt von sich. Schmunzelnd schüttelte ich meinen Kopf und wollte Mum im Haus suchen gehen, als sie neben dem Haus zur Terrasse kam. Sie hatte ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht und betrat die Terrasse. "Oh, hey." sagte sie als sie uns sah. "Mum?" "Ja Cameron?" "Was hast du da hinten gemacht?" fragte er misstrauisch. "Ach, gar nichts. Nur ein kleines Feuerchen." ein fieses Grinsen schlich sich auf ihre Lippen und sie ging rein, ehe Cameron weiter fragen konnte.
Verwirrt sahen wir ihr hinterher. Sie machte um diese Zeit ein Feuer. Was hatte das für einen Sinn? Aber Jim sagte doch, dass er sie mit meinem Board gesehen hatte. Sie hatte doch nicht...nein, das würde sie nicht machen. Trotzdem versetzte mich dieser Gedanke in Alarmbereitschaft und ich rannte die Terrasse nach unten. Als ich zur Seite ging von wo Mum kam und sah was sie gemacht hatte, blieb ich wie angewurzelt stehen. Ich wusste nicht, ob ich weinen oder wütend sein sollte. Sie hatte mein Board verbrannt. Eiskalt hatte sie es verbrannt und nichts anderes als das Ende war übrig. Auch Jim, Cameron und James kamen zu mir und zogen scharf die Luft ein, als sie sahen was sie gemacht hatte. Sie war so gut wie tot.
"Bist du völlig bescheuert?" schrie ich und rannte wieder zurück. Ich betrat gerade das Wohnzimmer, als sich Mum auf die Couch setzte. "Du verbrennst mein Board?" lächelnd sah sie mich an. "Du hast es nicht anders verdient!" "Nicht anders verdient? Nicht anders verdient?!" schrie ich hysterisch. "Willst du mich verarschen?" ich war ausser mir. Noch nie spürte ich so eine Wut auf einen Menschen. Sie wusste, dass es das Einzige war, das ich noch von Dad hatte und wie viel mir es bedeutete. Sie hatte es zu weit getrieben. Wütend schrie ich auf und wollte auf sie losgehen, aber zwei Arme die sich um meinen Bauch schlangen hinderten mich daran. "Lass mich los!" schrie ich wütend und schlug um mich. "Beruhig dich Chloe!" "Jim, du...lass mich in Ruhe!"
Ich probierte mich weiter aus Jims Griff zu lösen, während Cameron vor Mum stehen blieb und James zu mir kam. "Beruhig dich bitte." sagte er und legte seine Hände in meinen Nacken. "Ich beruhige mich hier sicher nicht. Du hast mein verdammtes Board verbrannt. Glaub mir, wenn ich könnte, würde ich diese verdammte Adoption rückgängig machen. Du bist und warst nie meine Mutter! Du bist nichts anderes als eine kleine verlo-" weiter kam ich in meinem Wutanfall nicht, denn James kam einen Schritt auf mich zu und küsste mich. Sofort wollte sich mein Hirn auf Autopilot stellen, aber nicht mit mir. Wütend stiess ich ihn von mir und sah Mum wieder an, nein, Tracie, den Titel als Mutter hatte sie nicht mehr verdient. "Ich werde dich dafür umbringen!" schrie ich sie weiter an.
Tonlos lachte sie und stand von der Couch auf, wobei sie Cameron vorsichtig zur Seite schob. "Denkst du ich wollte dich haben? Du denkst doch nicht in allem Ernst das ich dich freiwillig adoptiert habe. Ich habe es nur deinem Vater zuliebe gemacht. Ich wollte nur Cameron, aber er wollte ja unbedingt noch dich haben. Sieh es doch ein. Niemand will dich hier haben. Du bist völlig nutzlos!" sprachlos sah ich sie an und auch die anderen sahen nicht anders aus. "Was zum Teufel ist hier los?" mein Blick schoss zu Markus, der wütend im Türrahmen stand. Jim hatte seinen Griff um mich gelockert, wodurch ich mich ohne Probleme von ihm lösen konnte. "Frag doch deine Freundin." zischte ich angespannt. Kopfschüttelnd lief ich an allen vorbei und ging hoch in mein Zimmer. Schnell zog ich mir eine Jogginghose und Shirt an und rannte die Treppe wieder runter.
"Geh bitte nicht." ich blieb stehen als ich James hörte und drehte mich zu ihm um. "Kommst du mit?" "Wohin gehst du?" fragte er mich zweifelnd. "Spazieren." sagte ich und streckte meine Hand aus. Ohne zu zögern nahm er sie und schloss die Haustür hinter uns. Ich musste jetzt erst einmal einen klaren Gedanken fassen und war mehr als froh, dass ich nicht alleine war.
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Silent girl
Teen FictionFür Chloe gibt es nichts wichtigeres im Leben als ihre Familie und das Surfen. Als ihre Mutter einen neuen Mann kennen lernt, muss sie mit ihrem Bruder nach Malibu ziehen. Für Chloe eigentlich keine grosse Sache, gäbe es da nicht ein Problem. Chloe...