Kapitel 39

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Eine knappe Stunde fuhren wir in Markus' Wagen, bis wir vor einem Haus stehen blieben. Die ganze Zeit telefonierte Markus. Ich wusste nicht mit wem, aber klar zu hören war, dass es um mich ging. "Wir sind da Kleines." sagte Markus und stieg aus. Verwirrt stieg auch ich aus und sah das Haus an. "Wo sind wir hier?" "Santa Monica, das ist das Haus meiner Schwester." "Ich verstehe nicht, was soll ich hier?" lächelnd nahm Markus meinen Koffer aus dem Kofferraum und führte mich zur Haustür. "Sie ist gestern in den Urlaub gefahren und du wirst fürs erste hier bleiben und zur Ruhe kommen." mir klappte die Kinnlade runter als ich realisierte was Markus sagte.

Sprachlos folgte ich ihm in das Haus und sah mich kurz um. "Markus, kann es sein dass-" "Hier alles genau so ist wie bei uns? Ja, der Grundriss ist genau derselbe. Nur die Innenausstattung ist anders." Markus schob mich ins Wohnzimmer und drückte mich sanft auf die Couch. "Hör zu Chloe. Das ganze Haus steht dir zur Verfügung und bevor du etwas sagst. Es ist besser als wenn du sonst wohin gehst." "Aber Cameron und-" "Ich werde niemandem sagen wo du bist, nicht solange du es nicht möchtest." unterbrach er mich. Dankend sah ich ihn an. Ich wusste es wirklich zu schätzen was Markus und seine Schwester für mich machten. "Ich werde mit ihm reden." "Was? Nein, tu das nicht, bitte!" flehend sah ich ihn an, doch er schüttelte nur seinen Kopf. "Ich muss Chloe, denn das was du mir erzählt hast, das klang überhaupt nicht nach James. Solche Sachen sagt und tut er nicht." "Das hat Andy auch schon gesagt." "Andy ist sein bester Freund seit Kindertagen. Glaub mir Chloe, ich werde herausfinden was da passiert ist. Ich weiss nämlich, dass er dich liebt." seufzend nickte ich. "Wenn du meinst das es gut ist. Es bringt nur nichts." "Wir werden sehen." sagte er und stand auf.

"Du gehst schon?" lächelnd umarmte Markus mich. "Ich muss. Tracie flippt sicher schon aus weil sie mich nicht erreichen kann. Ich werde alles klären und mich bei dir melden." "Vielen Dank Markus. Ich weiss deine Hilfe zu schätzen." nur widerwillig liess ich ihn los und begleitete ihn zur Haustür. Erst als er weg fuhr und ich ihn nicht mehr sah, ging ich wieder in das Haus. Die Frage war jetzt doch, was sollte ich die ganze Zeit machen.

**********************

James

"Was ist los Mum?" fragte Cameron als wir unser Haus betraten. Vor wenigen Minuten sassen wir noch im Unterricht, als Tracie Cameron anrief und sagte, dass wir sofort herkommen sollen. So wie sie klang, konnte es nur ein Notfall sein und wir machten uns gleich auf den Weg.

Tracie sass im Wohnzimmer auf der Couch und weinte. Als wir rein kamen, hob sie ihren Kopf und sagte etwas, was ich so schnell nicht vergessen würde. "Chloe ist weg." verwirrt blieben wir stehen. "Was meinst du damit?" fragte Cameron. "Wir haben uns gestritten. Danach hat sie ihren Koffer gepackt und ist mit meinem Wagen verschwunden." fassungslos schüttelte ich meinen Kopf und rannte aus dem Wohnzimmer die Treppen nach oben. Nein, Chloe war nicht weg. Tracie musste sich irren. Oben angekommen riss ich ihre Tür auf und ging direkt zu ihrem Ankleidezimmer. Schnell wurde mir aber klar, dass Tracie die Wahrheit sagte, denn die meisten von Chloes Klamotten fehlten.

Sofort rannte ich wieder nach unten in das Wohnzimmer. "Sie ist wirklich weg." sagte ich an Cameron gewandt. "Mum, sag mir jetzt sofort was passiert ist!" "Sie hat die Wahrheit erfahren." überrascht drehten wir uns um als wir Dad hörten. "Welche Wahrheit?" fragte ich. "Die Wahrheit, dass Chloe nicht die Zwillingsschwester von Cameron ist und auch nicht die Tochter von Tracie." "Was?!" kam es von Cameron und mir gleichzeitig. "Ich kann es euch erzählen, denn offensichtlich kann Tracie das nicht. Setzt euch." verwirrt setzte ich mich neben Cameron auf die Couch und sah Dad an. Es konnte doch nicht sein, dass Chloe nicht zu dieser Familie gehörte. "Lange vor eurer Geburt Cameron, hatte Tracie eine Affäre mit deinem Dad. Damals war er aber noch verheiratet. Beide Frauen wurden schwanger. Tracie mit dir und Chloes Mum mit ihr. Dein Vater hat Chloes Mum noch vor der Geburt verlassen. Sie wollte Chloe aber nicht behalten und so blieb sie bei deinem Dad und Tracie hat sie gleich nach der Geburt adoptiert. Der Fehler an dem Ganzen war aber, dass sie es Chloe und dir nie sagen wollten." mit jedem Wort das Dad sprach, wurde er wütender. Chloe war wirklich wie eine Tochter für ihn geworden. "Ist das wahr?" fragte Cameron aufgebracht. "Ja, es tut mir leid!" "Nein! Das ist verdammt nochmal keine Entschuldigung! Wegen dir ist sie weg!"

"Genau genommen nicht nur wegen ihr." verwirrt sah ich Dad an. "Auch wegen Sofie und James." "Was, wieso wegen mir?" das konnte ich mir gar nicht erklären. Klar, Chloe benahm sich gestern merkwürdig. Ehrlich gesagt verletzte es mich wie sie mich behandelt hatte. Ohne Grund hatte sie mich auf dem Schulparkplatz angeschrien. Naja, für sie hatte es wohl einen Grund, denn wie Andy mir sagte, glaubte sie mich mit Bayley gesehen zu haben. Ich würde aber niemals auf die Idee kommen sie auch nur anzufassen. "Soll ich es Cameron sagen oder möchtest du?" fragte Dad. "Mir was sagen? James, wenn du ihr etwas angetan hast, dann bringe ich dich um." sofort sprang ich von der Couch auf als Cameron aufstand und hob abwehrend meine Hände nach oben. "Ich habe ihr gar nichts getan." "Lüg mich nicht an. Sie war gestern schon völlig neben der Spur. Was hast du getan?" knurrte Cameron. "Ich habe ihr nichts getan, das könnte ich nie." "Ach und wieso nicht?" "Weil ich sie liebe verdammt!" schrie ich.

Okay, das war jetzt mein Untergang, aber ich wollte es Cameron sowieso heute sagen. Ich hatte mehr als genug von dem Versteckspiel. Kurz sah mich Cameron fassungslos an, hatte sich aber gleich wieder im Griff und schüttelte seinen Kopf. "Das sah gestern aber ganz anders aus." verwirrt sah ich ihn an. "Von was redest du?" "Bist du dumm oder was? Ich rede von gestern Mittag in der Schule, als wir geredet haben." "Ich weiss ja nicht was du geraucht hast, aber ich habe gestern nicht mit dir geredet." sagte ich.

"Okay, stoppt mal Jungs. Chloe kam zu mir in mein Büro und hat mir alles erzählt. James, was ist mit Bayley und lüg uns nicht an." sagte Dad. "Ich weiss nicht was mit Bayley sein sollte. Das letzte Mal als ich sie gesehen habe, war am Strand und Chloe war auch dort." ich hatte gerade keine Ahnung was hier für ein Spiel gespielt wurde, aber es war ein verdammt schlechtes. "Wo warst du heute?" "In der Schule, frag doch Cam." sagte ich aufgebracht. Meine Geduld war mehr als am Ende. Bestätigend nickte Cameron. "Interessant." murmelte Dad.

Ich tauschte einen Blick mit Cameron und sah Dad wieder an. "Was ist?" "Chloe hat gesagt, sie und Mike hätten gesehen, wie du gestern vor dem Unterricht mit Bayley rumgemacht hast. In der Mittagspause hast du mit Cameron geredet und naja. Vor ein paar Stunden hast du mit ihr geredet." "Willst du mich verarschen? Nichts davon habe ich getan!" wütend sprang ich auf. "Ich weiss und ich glaube dir auch. Irgendjemand läuft hier rum und tut so als sei er du und scheinbar macht er das verdammt gut." nachdenklich sah mich Dad an. "Ich muss zu Chloe und das klarstellen. Wo ist sie Dad?"

"Chloe ist an einem sicheren Ort." wütend schüttelte ich meinen Kopf. "Das kann jetzt nicht dein Ernst sein! Sag mir wo sie ist verdammt! Sie ist meine Freundin!" "Ach, ist sie das?" fragte Cameron. "Ja, aber bald nicht mehr wenn ich es ihr nicht erkläre." "James." Dad kam zu mir und legte seine Hände auf meine Schultern. "Sie braucht jetzt erst einmal ihre Ruhe. Wenn du jetzt mit ihr redest, glaubt sie dir sowieso nicht. Gib ihr ein paar Tage." ich atmete tief durch und nickte. Dad hatte wie immer recht. Chloe würde mir kein Wort glauben wenn ich jetzt zu ihr ging, sondern mich wahrscheinlich nur verprügeln. Ich hoffte nur, dass sie nach ein paar Tagen mit sich reden liess.

"Sie ist in Sicherheit? Ihr kann nichts passieren?" fragte Cameron, worauf Dad nickte. "Sie könnte dort nicht sicherer sein. Vertraut mir, ihr wird nichts passieren." "Okay, gut. Wir geben ihr ein paar Tage und reden dann mit ihr." ich wollte Cameron widersprechen, aber er hob nur seine Hand und sah mich warnend an. "Wir geben ihr die Zeit die sie braucht." wiederholte er. Seufzend nickte ich. "Ach und Mum. Das ist das Allerletzte was du getan hast!" Tracie schluchzte auf und brach wieder in Tränen aus. Ganz ehrlich. Sie war selber Schuld. Chloe ihr Leben lang anlügen und dann zu hoffen das sie ihr verzeiht. Wenn ich Chloe gewesen wäre, wäre ich auch abgehauen. "Komm, gehen wir." wortlos folgte ich Cameron aus dem Wohnzimmer und nach oben.

Ich hoffte wirklich das Chloe mit sich reden liess. Irgendjemand spielte hier ein verdammt schlechtes Spiel mit uns und hatte es geschafft uns auseinander zu bringen. Jetzt mussten wir nur noch wissen wer das war und Chloe wieder nach Hause holen.

Silent girlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt