Zu sagen das es mir gut ging, wäre die Übertreibung des Jahres gewesen. Zu wissen das James mich die ganze Zeit nur belogen und betrogen hatte, zerstörte mich. Ich dachte das zwischen uns wäre von Bedeutung, aber das war es nicht. Jetzt war mir auch klar, wieso er nie wollte, dass wir es öffentlich machten.
Ich musste mit jemanden reden. Sofie hatte ich nicht mehr, Mike war in der Schule und mit Cameron konnte ich nicht darüber reden. Wer blieb mir also noch übrig. Seufzend stand ich von meinem Bett auf und lief aus meinem Zimmer. Ich hatte keine Lust James in der Schule zu treffen, darum ging ich auch gar nicht erst hin. Mir war bewusst das er irgendwann nach Hause kommen würde, aber es war gerade einmal 09.00 Uhr morgens, also blieb mir noch genug Zeit um eine Lösung zu finden.
Gedankenverloren lief ich ins Wohnzimmer, wo ich fast einen Herzinfarkt bekam. "Was machst du hier?" "Die Frage ist eher was du hier machst. Solltest du nicht in der Schule sein?" fragte Mum. Ich zuckte bloss mit meinen Schultern und lief in die Küche. "Chloe. Lass uns bitte reden." seufzend sah ich sie an. "Wir haben nichts zu bereden." "Doch, das haben wir." von mir aus. Was hatte ich schon gross zu verlieren. Ich stellte mein Glas auf den Tisch und setzte mich zu Mum ins Wohnzimmer. "Ich höre."
Einen Moment sah sie mich an. "Es tut mir wirklich leid Chloe. Glaub mir bitte. Als ich herausgefunden hatte was Phil mit dir macht, habe ich ihn sofort auf die Strasse gesetzt und angezeigt. Damals dachte ich, dass es besser wäre, wenn ich dich aus allem raus halte. Ich wollte dich nicht noch mehr belasten als es ohnehin schon tat, aber jetzt weiss ich es besser. Ich hätte es dir sagen sollen. Ich hätte dir sagen sollen, dass ich herausgefunden hatte was er gemacht hat, dass ich ihn angezeigt habe und er ins Gefängnis kam. Aber ich hätte dir das wichtigste sagen sollen: das er auf freiem Fuss ist und dich sucht. Es tut mir so unendlich leid. Hätte ich dir von Anfang an reinen Wein eingeschenkt, wäre das alles nie passiert."
Ich liess mir Mums Worte durch den Kopf gehen. Das es ihr leid tat glaubte ich ihr, aber ich wusste nicht ob ich ihr verzeihen konnte. Andererseits brachte es mir nichts für immer böse auf sie zu sein. "Ich hasse dich wirklich dafür, aber du bist meine Mum und ich liebe dich. Es ist in Ordnung. Niemand kann es rückgängig machen. Was passiert ist, ist passiert." kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, kam sie zu mir und umarmte mich. Seufzend schlang ich meine Arme um sie. Ja, ich gab es zu, ich hatte sie vermisst. Auch wenn sie immer hier war, hatte ich sie vermisst.
"Aber Mum-" fing ich an und löste mich von ihr. "Was ist los Schätzchen?" "Weisst du, als du die Sachen über mich gesagt hast, als wir in der Küche am Tisch sassen. Etwas von dem verstehe ich nicht." sagte ich. Verwirrt sah sie mich an. "Was meinst du?" "Du sagtest, hättest du gewusst was aus mir wird, hättest du mich nie...was hättest du nie gemacht?" fragend sah ich sie an. "Ich...gar nichts meinte ich damit." sagte sie und stand auf. Sie wollte gehen, aber sofort sprang ich auf und hielt sie an ihrem Arm zurück. "Mum! Lüg mich nicht an und sag mir die Wahrheit." unentschlossen sah sie mich an. "Ich kann es dir nicht sagen." kopfschüttelnd riss sie sich los und lief aus dem Wohnzimmer. "Mum!" schrie ich und rannte ihr hinterher.
Bei der Treppe hielt ich sie wieder auf. "Entweder du sagst mir jetzt sofort was hier los ist, oder du siehst mich nie wieder!" ich wusste es war nicht fair ihr zu drohen, aber ich sah gerade keine andere Möglichkeit. Langsam drehte sie sich zu mir um und sah mich an. "Versprich mir, dass du mich nicht hasst wenn ich es dir sage." "Tut mir leid, das kann ich nicht." sagte ich. Seufzend nickte sie und lief wieder zurück zum Wohnzimmer. Ich folgte ihr und blieb neben der Couch stehen. "Raus mit der Sprache!"
"Du musst verstehen, wir wollten nie das du es erfährst und ganz sicher nicht so." "Wer ist wir?" "Dein Dad und ich." ich schluckte schwer als sie Dad erwähnte. Über ihn zu reden fiel mir selbst nach Jahren noch schwer. "Damals, als du und Cameron noch nicht auf der Welt wart, hatte ich eine Affäre mit deinem Vater. Zu dem Zeitpunkt war er noch verheiratet." "Moment. Du willst mir sagen, dass du die Ehe, die Dad hatte, zerstört hast?" fragte ich verwirrt. "Es ist noch viel komplexer Chloe. Unsere Affäre ging über Monate und irgendwann wurde ich mit Cameron schwanger." "Du meinst mit Cameron und mir." traurig schüttelte sie ihren Kopf. "Ich wurde mit Cameron schwanger und die Frau deines Vaters mit dir." das war jetzt nicht ihr ernst. "Ich bin...ich...was?" stotterte ich. "Dein Vater hatte sich von deiner Mutter getrennt. Er hatte sich für mich entschieden. Deine Mutter wollte aber kein Kind, das sie ständig an ihren Mann erinnerte. Sie wollte dich nicht. Für uns war es von Anfang an klar das du bei uns leben würdest. Ich-" "Nein! Sag jetzt nichts!" unterbrach ich sie wütend. "Du willst mir doch gerade nicht wirklich sagen, dass du nicht meine Mutter bist und Cameron nicht mein Bruder."
DU LIEST GERADE
Silent girl
Teen FictionFür Chloe gibt es nichts wichtigeres im Leben als ihre Familie und das Surfen. Als ihre Mutter einen neuen Mann kennen lernt, muss sie mit ihrem Bruder nach Malibu ziehen. Für Chloe eigentlich keine grosse Sache, gäbe es da nicht ein Problem. Chloe...