Kapitel 11 / Abigail

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Als es bereits Abend wurde, klopfte es an meiner Tür. „Nein." Murmelte ich, auch wenn mir klar war, dass er sowieso reinkommen würde. Allein aus Protest.

Kailyn betrat mein Zimmer in einem weißen Hemd, einer schwarzen Hose, Lackschuhen und mit einer Krawatte in der Hand.

Verdammte Scheiße, sah der gut aus. Dank seiner muskulösen Arme spannte das Hemd ein wenig, was verdammt gut aussah. Außerdem trug er eine Parfümwelle hinter sich her und seine Haare waren verstrubelt wie immer.

„Kannst du mir bitte die Knutschflecken wegschminken?" fragte er beinahe schüchtern. Ich musste breit grinsen, deutete ihm aber, dass er sich aufs Bett setzen solle.

Ich holte meinen Concealer und einen Pinsel hervor, stellte mich vor ihn hin und schob seinen Kragen ein wenig zur Seite, um die beiden Flecken sehen zu können.

Wie immer, wenn ich konzentriert war, biss ich mir auf die Lippe. Ich strich den Concealer vorsichtig auf die blau-violetten Stellen und arbeitete ihn dann mit dem Pinsel ein.

„Die Kleine scheint dir ja wirklich wichtig zu sein, was?" grinste ich. Er sah mir in die Augen, strich mir eine Strähne hinters Ohr und meinte: „Das ist sie." Wow, sowas aus seinem Mund zu hören, war wie das achte Weltwunder.

„So, fertig." Meinte ich, denn man sah die Verfärbungen überhaupt nicht mehr. Er stand auf, ging zum Spiegel und begutachtete seinen Hals. „Danke." Lächelte er.

Dann hielt er mir mit einem unwohlen Blick die Krawatte hin, er konnte sie nicht binden. Ich grinste wie ein Vollidiot, weil er so ein Vollidiot war, und nahm sie ihm aus der Hand.

Sein Geruch war der typische Kailyn-Geruch. Niemand sonst roch so, wirklich niemand. Es war wie ein eigen kreiertes Parfum.

Ich band ihm schnell die Krawatte, richtete ihm dann noch den Kragen und klopfte ihm dann ermutigend auf die Schulter. „Viel Spaß."

„Danke. Und danke auch für heute Morgen. Du weißt schon, wegen deinem Dad." Er sah zu Boden, nahm dann in einer schnellen Bewegung mein Handgelenk und zog mich zu sich. Er küsste meine Wange und war im nächsten Moment schon aus der Tür.

Ich blieb ein wenig verdattert stehen, hatte er das gerade wirklich getan? Er hatte mich noch nie zuvor irgendwie geküsst. Heute war ein komischer Tag.

Ich beließ es aber dabei, rannte zum Abendessen in die Küche und verdrängte den Gedanken, dass er heute mein Date sein hätte können, hätte ich ihm damals nicht ständig einen Korb gegeben.

Erica erzählte, dass ihr Boss ihr heute Morgen Kaffee auf die Bluse geschüttet hatte und sie dann die ganze Zeit mit seinem Sakko rumlaufen hatte müssen.

Dad war sofort eifersüchtig und meinte, sie hätte doch einfach in sein Büro kommen und sein Sakko nehmen sollen. Elle und ich warfen uns einen vielsagenden Blick zu.

„Mit wem geht Kailyn denn da heute aus?" fragte Erica mich da. „Mit Nancy, sie ist eine Stufe unter uns." Erzählte ich gleichgültig. „Und... wie ist sie so? Es ist komisch für mich, weißt du. Er ist schon seit zwei Jahren nicht mehr mit einem Mädchen ausgegangen." Erica nahm einen Schluck von ihrem Rotwein.

„Was?" ich starrte sie verwirrt an. Klar, er hatte es nie nötig gehabt, ein Mädchen auszuführen, sie waren ihm ja förmlich ins Bett gesprungen, aber dass er tatsächlich nie ein Date gehabt hatte, überraschte mich.

„Ja, er war damals mit Abigail zusammen. Und naja, als das in die Brüche ging, hat er angefangen, keine Dates mehr zu haben. Er hat die Mädels einfach von Partys mit nach Hause genommen oder so." erzählte seine Mutter und lächelte ein wenig traurig.

Beinahe rutschte mir die Gabel aus der Hand. Konnte es denn wirklich sein, dass ein Mädchen Kailyns Herz gebrochen hatte und ihn so zu dem gemacht hatte, der er war? Konnte es denn wirklich sein, dass er Gefühle hatte, aber sie seit dieser Abigail nicht mehr zeigte?

Ich brauchte eine Sekunde um mich wieder zu fangen. Wir waren uns anscheinend ähnlicher, als ich gedacht hatte. Genau wie Ronny gesagt hatte.

„Warum sind die beiden nicht mehr zusammen?" fragte ich. „Er hat nie darüber gesprochen. Ich weiß nur, dass sie eines Tages all die Sachen, die sie mit ihm verbunden hat, vor unsere Tür gelehrt hat." Erica lachte.

Den ganzen Abend grübelte ich darüber, was Kailyn getan haben könnte.

Ich wusste ja, dass sein Dad damals Erica betrogen hatte und seitdem alleine in New York lebte. Also war es ziemlich unwahrscheinlich, dass er Abigail auch betrogen hatte, denn er war immer noch wütend auf seinen Dad.

Gegen Mitternacht hörte ich Schritte auf der Treppe und kurz darauf ging Kailyns Zimmertür auf, dann wieder zu. Er war also alleine, wie ich es vorausgesagt hatte.

Ob er Nancy geküsst hatte? Oder war er schnell wieder von dem Essen abgehauen, weil sie ihm zu prüde war? Ja, er war ganz bestimmt schnell wieder abgehauen und auf eine Party gefahren.

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It's starting, haha. Aber freut euch nicht zu früh, a lot is yet to come. :)

Bis zum nächsten Mal! xx

Verlass mich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt