Der Tag verging schnell, Jordan redete kein Wort mehr mit mir und ich war in meinen Gedanken versunken.
Ich wollte für Jordan aussagen und ihm helfen, denn er hätte es für mich genauso getan, aber ich würde Kailyn verlieren und das konnte ich nicht riskieren.
Ich verabschiedete mich von allen und stieg dann in Kailyns Wagen. Wie so oft fuhren wir wortlos los. Ich war in Gedanken und dabei, mich selbst zu verfluchen, als Kailyn plötzlich breit grinste.
„Also meinen Knutschfleck hast du besser abgedeckt." Ich erschrak. Man sah also meinen Knutschfleck?! Schnell klappte ich den Spiegel runter und sah meinen Hals an. Tatsächlich, er schimmerte unter dem Makeup hervor.
„Verdammt!" stieß ich aus und versuchte, es so zu verwischen, dass man nichts mehr sah. Doch das funktionierte nicht. „Was denn, steht dir doch!" grinste er. „Idiot, wieso machst du sowas überhaupt?!" fauchte ich ihn an, denn Dad und Erica würden Fragen stellen.
Wieder grinste er dreckig. „Ich muss eben mein Revier markieren. Außerdem, tu nicht so, als würde es dir nicht gefallen." Ich funkelte ihn an.
„Na toll, und was soll ich Dad und Erica sagen?" fragte ich augenverdrehend. „Dass es sie beide nichts angeht, wer sich an deinem Hals zu schaffen macht." Meinte er knapp.
Ich antwortete nicht mehr, sondern machte meine Haare auf, damit sie den Fleck überdeckten.
„Jordan will, dass ich vor Gericht für ihn aussage." Platzte es da aus mir raus. „Bitte was?" Kailyn sah schockiert zu mir.
„Ja, ich bin eine Zeugin." Mein Blick blieb starr auf meine Hände gerichtet, die in meinem Schoß lagen. „Du machst es doch nicht, oder?" in seiner Stimme schwang Angst mit. Ich schluckte.
„Es wäre richtig, es zu tun. Ich hab's dir schon mal gesagt, Luke muss seine Strafe bekommen. Aber... ich weiß nicht. Du wirst mich hassen." Das letzte sagte ich eher zu mir selbst, als zu ihm.
„Spinnst du?" entfuhr es ihm und er sah mich verständnislos an. Da wir gerade an einer roten Ampel stehen blieben, legte er seine Hand auf meinen Schenkel und drehte sich zu mir.
„Ich werde nicht hassen. Nie. Du hasst Luke und das verstehe ich, aber du musst trotzdem das tun, was du für richtig hältst."
"Natürlich ist er mein bester Freund und ich will nicht, dass er in den Knast kommt, aber du musst nicht wegen mir deinen besten Freund im Stich lassen."
Wow. Dass sowas kluges mal aus Kailyns Mund kommen würde, hätte ich nicht gedacht. „Du verwirrst mich." Antwortete ich nur und lehnte meinen Kopf an die Scheibe.
„Du mich auch." Meinte er. „Was? Warum verwirre ich dich?" die Ampel wurde grün und er fuhr los.
„Naja, gestern springst du mich beinahe an und heute willst du nichts mehr davon wissen und regst dich über einen Knutschfleck auf." Er warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu.
„Ich bin dich nicht angesprungen, es war deine Schuld! Du hast mich immerhin geküsst!" wies ich den Vorwurf von mir.
„Na toll, diskutieren wir jetzt, wessen Schuld es war? Ist das ein Mordfall oder was?" er schüttelte genervt den Kopf.
„Nein, das... tut mir leid. Ich meine ja nur, ich weiß auch nicht, wie es jetzt weitergehen soll, wir sind immerhin Stiefgeschwister." Frustriert atmete ich aus. Kailyns Kopf drehte sich zu mir und er zog die Augenbrauen zusammen.
„Wie soll es denn weitergehen? Ganz normal wie immer, ich meine, ich hab dir keinen Antrag gemacht oder so..."
Ein unangenehmer Stich erreichte meinen Magen. Ja, mir war klar gewesen, dass es für ihn nur Sex gewesen war. Und ich wusste noch nicht, was es für mich gewesen war, aber es tat mir weh, dass er so abwertend darüber sprach.
„K-Klar." Stotterte ich. Ich sah geradeaus auf die Straße und hoffte, dass wir wenig Verkehr hatten und schnell zu Hause sein würden.
Es überraschte mich immer wieder, wie schnell die Stimmung bei uns beiden kippen konnte.
„Du hast gestern gesagt, ich weiß nur einen Teil von dem, was mit Isaac passiert ist...?" füllte er da plötzlich die Leere im Auto. Ich schluckte. Ich hatte gehofft, er würde es vergessen haben.
Denn auch wenn ich ihm vertraute und gerne mit ihm redete, ich hatte Angst, dass er meine Gründe nicht verstehen würde. Dass er mich für einen Psycho halten würde, wegen der Sache mit Mum.
Und so egoistisch es auch klang, ich konnte es nicht ertragen, dass er falsch von mir denken würde.
„Der Rest ist unwichtig." Meinte ich kalt und verschränkte die Arme vor der Brust. Sein Kopf schnellte zu mir und er bog an der nächsten Kreuzung sofort ab.
„Was machst du?" fragte ich verwirrt, er fuhr in die falsche Richtung. „Wart's ab." Meinte er nur und fuhr auf einen leeren Parkplatz vor einem Spielplatz.
„Woher kennst du diese ganzen verlassenen Orte in der Stadt, das macht mir Angst." Gab ich zu. Er grinste schief, legte dann seine Hand auf meinen Oberschenkel und meinte: „Erzähl's mir."
„Ich kann nicht. Du wirst mich für einen Psycho halten." Sagte ich ernst und sah auf seine Hand. „Hey, du hast gehört, dass ich fast jemanden umgebracht hätte, also bitte. So schlimm kann's ja nicht sein." Lächelte er ermutigend.
Oh doch.
„Ich kann nicht, Kailyn. Niemand weiß davon." Beharrte ich. Er beugte sich über die Mittelkonsole zu mir, legte seine Hand auf meine Wange, zog meinen Kopf zu sich und drückte mir einen leichten Kuss auf die Lippen.
„Erzähl's mir. Ich verspreche dir, ich werde dich nicht für einen Psycho halten." Grinste er dann. Als ich nickte, setzte er sich zurück auf seinen Sitz und sah mich aufmerksam an.
Ich musste es irgendwann jemandem erzählen und das war jetzt.
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Das nächste Kapitel wird endlich alle Geheimnisse aufdecken ;)
Bis zum nächsten Mal! xx
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Verlass mich nicht
Teen Fiction-- „Wieso, Kailyn? Wieso?! Wieso verabschiedest du dich von mir, obwohl du weißt, dass wir uns wiedersehen werden?! Wieso sagst du mir, ich soll dich vergessen? Wieso lässt du mich alleine, nur weil ich in Gefahr sein könnte?!" ich hatte Tränen in d...