Kapitel 20 / Vom Auto überfahren

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Ich sah eine Lampe, die mir grell ins Gesicht schien. Meine Augen brannten und mein Kopf dröhnte nur so vor Schmerzen. Langsam drehte ich meinen Kopf nach links, ich war in einem Wohnzimmer.

Doch das Zimmer hatte ich nie zuvor gesehen, was...? Die graue Couch, auf der ich lag, war mir auch unbekannt, wo war ich nur?

Ich rappelte mich vorsichtig auf und stützte mich auf den Ellenbögen ab. Ich erblickte Kailyn, der am Tisch neben der Couch einen Erste Hilfe Koffer zusammenpackte. „Kailyn?" fragte ich verwirrt.

Er drehte den Kopf zu mir, sein Gesicht trug einen Ausdruck der Erleichterung, jedoch war auch ein wenig Sorge darin. Außerdem trug er einen großen Kratzer an der Wange und ein Pflaster auf der Schläfe, was mich eine weitere Wunde vermuten ließ.

Er kam zu mir, setzte sich neben mich und begutachtete mein Gesicht. „Wo sind wir? Was ist mit deinem Gesicht passiert?" fragte ich verwirrt. Er atmete tief durch, bevor er zu reden begann.

„Ich habe mich mit Luke geprügelt, deshalb mein Gesicht. Ich habe dich in Carters Wohnung gebracht, weil unsere Eltern zu Hause sind und ich wollte nicht, dass du ins Krankenhaus kommst."

Meine sture Seite war zurück und ich fauchte ihn an. „Du wolltest nicht, dass ich ins Krankenhaus komme, damit dein kranker Freund keine Anzeige kriegt!". Kailyn sah mich wie erstarrt an.

„Denkst du wirklich, ich würde dich trotz meiner eigenen Verletzungen erst zu meinem Auto tragen und dann extra den Unterricht schwänzen, um mich um dich zu kümmern, nur damit Luke nicht zum Unfallhergang befragt wird?" fauchte er zurück.

„Ja, genau das denke ich. Denn du tust alles, damit er nie für seine Fehler geradestehen muss!" schrie ich zurück, setzte mich auf und hielt mir den Kopf, da er nur so brummte. Kailyn schnaubte verächtlich, was meine Wut noch steigerte.

„Du bist doch auch nicht besser, legst dich mit Luke an und lässt dich zusammenschlagen, nur damit dein Jordan das kriegt, was er will!"

Es reichte mir, das konnte er doch nicht einfach so vergleichen. Mir traten die Tränen in die Augen, weil mir wiedermal auffiel, was für ein schlechter Mensch Kailyn war.

Klar, man tat viel für seine Freunde, aber wenn Jordan so einen Fehler machen würde, würde ich ihn nie verteidigen. Wiedermal war Kailyn nur egoistisch und achtete auf seine Freunde, anstatt auf mein Wohlergehen.

„Ich rufe mir ein Taxi nach Hause." Meinte ich leise und holte mein Handy aus meiner Hosentasche. Die Schmerzen an meinem Kiefer und meinem Kopf ignorierte ich einfach. Ich wollte nur noch weg von hier, weg von Kailyn, weg von seiner Selbstsüchtigkeit.

Er schnappte mir das Handy ganz einfach aus der Hand und sah mich verständnislos an.

"Spinnst du? Du hast einen blauen Fleck am Kinn und bist kreidebleich, am Ende hast du noch eine Gehirnerschütterung oder sowas. Außerdem sind deine Handgelenke blutig, so lasse ich dich nicht nach Hause." Sprach er mit beinahe besorgt klingender Stimme.

Ich sah an mir herunter und erkannte, dass meine Handgelenke tatsächlich bluteten, wahrscheinlich, weil Luke mich so fest gegen das Metall gedrückt hatte.

„Geht es hier darum, dass du dir Sorgen machst oder darüber, dass du mich dazu bringen willst, Luke weder wegen Jordan noch wegen dem hier zu verklagen, indem du nett zu mir bist?" fragte ich schnippisch, ich kannte ihn mittlerweile sehr gut.

„Das kann doch nicht dein Ernst sein!" er fuhr sich wütend durch die Haare und ich sah die blutigen Fingerknöchel, er musste Luke wirklich schlimm geschlagen haben. Als nichts mehr seinerseits kam, schnappte ich ihm mein Handy aus der Hand und stand auf, um zu gehen.

„Na gut, dann geh doch! Und wenn du von einem Auto angefahren wirst, ist mir das auch egal! Geh doch einfach!" schrie er, sprang auf und sah mich fordernd an. Er wollte also Krieg? Den konnte er haben.

„Das tue ich auch! Und ich hoffe, dass sobald ich weg bin, ein Meteorit in dieses Haus einschlägt!" schrie ich zurück und lief wütend zur Tür.

Ich schlug die Tür hinter mir zu, lief auf die Straße und blieb dann abrupt stehen. Ich wollte ins Krankenhaus, meine Wunden untersuchen lassen.

Doch dann würden Dad und Erica wohl oder übel auch davon erfahren und sie würden Kailyn fürchterliche Vorwürfe machen, dass er Luke nicht sofort gestoppt hatte.

Wiedermal übernahm mein Mitgefühl die Überhand und ich hätte mir selber eine ohrfeigen können, dafür, dass ich – statt zum Krankenhaus – jetzt einfach nach Hause lief.

Auch wenn Kailyn ein schlechter Mensch war, zumindest meistens, wollte ich nicht, dass er Stress mit unseren Eltern bekam, denn das würde er auch mir nicht antun.

Ich lief nach Hause, wobei mir die ganze Zeit über schwindelig war und ich beinahe auf den Gehsteig kotzte, rief dann zu Hause Liz an, die kurz darauf mit Ronny kam und mich verarztete.

Ronny war noch der netteste in dieser ‚Gang', er entschuldigte sich für Luke und meinte, er hätte seine Strafe bekommen.

„Kailyn hat ihn zu Boden gerissen und so lange auf ihn eingeschlagen, bis er beinahe bewusstlos war. Mister Chatner hat ihn von ihm runtergezogen und ihn zum Direktor geschickt, aber Kailyn meinte, er müsse dich ins Krankenhaus bringen."

"Also hat Mister Chatner es bei einer Verwarnung belassen, da Luke meinte, es ginge ihm den Umständen entsprechend gut." Erklärte Ronny, während Liz eine Wunde an meiner Schläfe desinfizierte und mir eine Tablette gegen die Kopfschmerzen gab.

Zugegeben, ich war ein wenig überrascht. Dass Kailyn sich wegen mir eine Verwarnung vom Direktor eingehandelt hatte, war schon... wie sagt man, ehrenhaft?

Ach keine Ahnung, trotzdem wollte er mich nur selber ‚ins Krankenhaus' bringen, damit keiner außerhalb der Schule erfuhr, was Luke getan hatte.

Ronny ging bald auch schon wieder, nachdem er sich versichert hatte, dass es mir gut ging und ich keinen Arzt brauchte, Liz machte mir was zu Essen und diskutierte mit mir darüber, ob ich Luke nun anzeigen solle oder nicht.

Natürlich gab es Zeugen, aber sie vermutete, dass die Verletzungen, weil sie ja von keinem Arzt angesehen wurden, nicht als Beweise zählten.

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Was denkt ihr über Kailyns Verhalten? Beziehungsweise, welche Gründe hat er dafür? Hinterlasst mir gerne Kommentare!

Bis zum nächsten Mal! xx

Verlass mich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt