Kapitel 59 / Albtraum

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„Zeig mir dein Handgelenk." Bat er schuldbewusst, er wusste, dass es ein wenig blau war.

„Nein, ist schon gut." Murmelte ich und versteckte meine Hände noch mehr in der Decke. Doch typisch Kailyn nahm er sie einfach und zog sie aus der Decke raus.

„Verdammt!" er zog scharf Luft ein, als er den leicht blauen Fleck sah, der sich um mein linkes Handgelenk zog.

„Das muss gekühlt werden!" er sprang auf und wollte mich hochziehen, um ins Bad zu gehen, aber ich blieb liegen und schüttelte nur den Kopf.

„Es tut nicht weh, Kailyn. Mach dir keine Sorgen."

Mit einem schuldbewussten Blick sah er mich an und debattierte anscheinend mit sich selber.

„Scheiße, ich wollte das nicht. Wirklich nicht. Ich war nur so in Rage und..." ich unterbrach ihn.

„Ist schon okay, es ist ja nichts passiert." Lächelte ich und streckte die Arme nach ihm aus, damit er sich wieder zu mir legte.

„Doch, sieh dir das an!" er schnappte wieder meine Hand und sah sie besorgt an. „Das ist nichts, vergiss es einfach." Lächelte ich und wollte ihn küssen, doch er wich aus.

Er ging frustriert im Raum auf und ab und fuhr sich durch die Haare. „Scheiße!" fluchte er wieder.

„Komm einfach ins Bett." Stöhnte ich und ließ mich in das Kissen fallen. „Ich kann das heute nicht. Nicht, nachdem ich dir so wehgetan hab." Warf er sich vor und verlies mein Zimmer.

Das konnte doch nicht sein Ernst sein. Klar, mein Handgelenk war ein wenig blau, aber das war doch nicht schlimm, es würde schnell wieder abschwellen.

Ich wollte nicht, dass er sich solche Vorwürfe machte; klar war es falsch gewesen und er sollte es nie wieder tun, aber sich deshalb solche Vorwürfe zu machen, war unnötig.

Gerade, als ich ihm nachlaufen wollte, klingelte mein Handy. Es war eine mir unbekannte Nummer. „Hallo?" fragte ich.

„Sky?" ich hörte Justins besorgte Stimme. Woher hatte er denn meine Nummer?

„Ja?" „Geht's dir gut? Hat er dir wehgetan?" er klang mitgenommen.

„Nein, alles gut. Und bei dir?" Die Bilder seiner blutenden Nase kamen wieder in meinen Kopf, und das alles nur wegen mir.

„Ich bin okay, keine Sorge. Hat Kailyn dich... geschlagen oder so?" fragte er vorsichtig. Schockiert zog ich Luft ein.

„Nein, spinnst du? Er hat sich entschuldigt, dass er mich so mitgezogen hatte und das war's, mehr ist nicht passiert. Ist deine Nase okay?"

„Okay, gut. Ja, alles klar. Meine Eltern sind nur komplett ausgerastet und haben alle Leute nach Hause geschickt." Lachte er.

"Es tut mir leid. Wirklich. Ich hätte nicht mit dir mitgehen sollen, ich wusste, dass er so reagieren würde." Murmelte ich schuldbewusst.

„Es ist nicht deine Schuld, diese Schlägerei war schon lange fällig." Lachte Justin und ließ mich ein wenig leichter um die Brust werden.

„Ich denke, wir sollten aufhören. Nicht, dass er noch was mitbekommt." Meinte Justin amüsiert. Ich lachte kurz auf, dann meinte ich: „Danke nochmal."

„Kein Ding, und merk dir: wenn er dir irgendwas antut, melde dich bei mir. Versprochen?" „Versprochen, danke."

Ich legte auf und überlegte kurz, wann Justin wohl seinen Sinneswandel erlebt hatte. Nur Stunden zuvor hatte er mich ‚heiße Braut' genannt, und dann war er auf einmal so nett gewesen.

Hm, ich sollte mich mal lieber um meinen Freund kümmern, als über seinen Cousin zu grübeln.

Es war erst zehn Uhr abends, die anderen waren aber schon alle im Bett. Also schlich ich mich in das gegenüberliegende Zimmer, und öffnete ohne zu Klopfen die weiße Tür.

Kailyn lag im Bett und starrte an die Decke. Als er mich erblickte, schüttelte er den Kopf. „Du solltest nicht hier sein."

Dass er sich solche Vorwürfe machte, tat mir ein wenig weh, also ging ich zu seinem Bett. Ich wusste, was jetzt helfen könnte.

Noch bevor er überhaupt reagieren konnte, platzierte ich mich auf ihm. Die Beine kniete ich links und rechts von seinem Becken hin, meine Lippen legte ich auf seine.

Natürlich erwiderte er den Kuss, ich bemerkte aber, wie verspannt er war. Also strich ich mit meinen Fingerspitzen seine Bauchmuskeln entlang, bis ich an dem Bund seiner Boxer ankam.

Ich wollte meine Hand gerade hinein gleiten lassen, als er seine Hände an die Rückseite meiner Schenkel legte und uns mit Schwung umdrehte.

Seine Augen sahen in meine und blitzten auf. „Du solltest wütend sein." Murmelte er, während er meinen Hals entlang küsste.

„Hab's auf morgen verschoben." Lachte ich und krallte meine Nägel in seinen Rücken, das liebte er.

Wir schliefen irgendwann ein, ich auf Kailyns Brust, mit seinem Arm um mich.

Doch kaum war er eingeschlafen, begann er, sich hin und her zu drehen, mit den Armen zu fuchteln und zu schwitzen. Er hatte einen Albtraum.

„Sky, nicht! Verlass mich nicht! Es tut mir leid!" schrie er da. Ich musste ihn wecken, er litt unter dem Traum.

„Kailyn." Flüsterte ich und strich seinen Arm auf und ab, den er die ganze Zeit herumwarf.

Als das nicht half, nahm ich sein Gesicht in meine Hände und strich über seine Wangen, während ich seinen Namen immer wieder wiederholte.

Er schreckte hoch und sah mit großen Augen starr geradeaus. Sein Atem war schnell, unkontrolliert und er zitterte. Es tat mir weh, ihn so zu sehen.

Ich legte meinen Arm um seinen Hals und zog ihn so an mich. Er vergrub seinen Kopf in meiner Halsbeuge und ich strich über seinen Rücken, damit er sich entspannte.

„Es war nur ein Traum." Flüsterte ich immer wieder.

"Ich... ich hab dich geschlagen. Und dann hast du geweint und bist in Justins Arme gerannt..." stotterte er. Seine Stimme war brüchig, er hatte eindeutig Angst.

„Du würdest mich nie schlagen, das wissen wir beide. Und ich würde niemals zu Justin gehen, versprochen." Flüsterte ich ruhig.

„Verlass mich nicht." Hauchte er gegen meine Haut.

Es tat mir weh, dass er solche Angst hatte, ich würde ihn verlassen. Konnte er sich nicht vorstellen, wie sehr ich diesen Idioten liebte?

Ich zog ihn noch enger an mich und legte mich dann zurück in die Kissen, sodass sein Kopf auf meinem Dekolleté lag und sein Arm um meine Taille geschlungen war.

„Ich bleibe genau hier. Die ganze Nacht. Und auch morgen und übermorgen und überübermorgen." Lächelte ich und fuhr durch seine Haare.

Er bohrte seine Finger in meine Haut, als müsste er sich an mir festhalten.

Sein Atem wurde regelmäßiger und er war bald wieder eingeschlafen, aber ich lag die halbe Nacht wach.

Ich grübelte darüber, was ihn glauben ließ, ich würde ihn verlassen.

Er machte sich Vorwürfe, dass er mir wehgetan hatte, die ihn bis in den Schlaf verfolgten.

Aber wieso hatte er solche Angst?

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Cute or nah? :D

Bis zum nächsten Mal! xx

Verlass mich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt