Kapitel 27 / Jordan oder Kailyn?

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Zu meiner Überraschung stand Jordan vor meinem Spind. „Was?!" rief ich vor Freude aus und lief auf ihn zu. Ich lief ihm in die Arme und drückte ihn so fest ich konnte.

„Seit wann bist du aus dem Krankenhaus draußen?" fragte ich erfreut. „Seit gestern, mir geht's wieder super." Grinste er.

Während ich meine Bücher im Spind verstaute, erzählte er mir von seiner Ex, die sich bei ihm gemeldet hatte und alles zu tiefst bereute. Ich verdrehte nur die Augen, denn ich mochte diese kleine Schlampe nicht.

Da kamen Ronny und Liz gemeinsam mit Luke durch die Tür, Jordans Hände bildeten sofort Fäuste. „Ich gehe morgen Früh zum Revier und zeige das Arschloch an." Meinte er durch zusammengebissene Zähne.

Ein Schauer lief meinen Rücken hinab, denn was Kailyn mir erzählt hatte, kam mir wieder in den Sinn. Ich musste verhindern, dass Jordan Luke anzeigen würde.

Nicht für Luke, sondern für Kailyn. Luke hatte ihm damals das Leben gerettet und Kailyn würde nie wieder mit mir sprechen, wenn ich nicht verhindern würde, dass sein bester Freund in den Knast kam.

Ich lehnte meinen Kopf gegen den Spind und seufzte.

„Überleg dir das gut, es gibt schließlich keine Beweise, nicht, dass du am Ende als Lügner dastehst." Murmelte ich.

„Bitte was? Es gibt Zeugen, außerdem hab ich einen Krankenbericht." Da wurde es mir klar. Jordan erwartete, dass ich als Zeugin vor Gericht aussagen würde.

Sonst hatte es ja niemand gesehen, der nicht mit Luke befreundet war. Und die Lehrer an unserer Schule hielten sich aus sowas auch immer raus.

„Jordan, ich... ich misch mich da nicht ein." Stellte ich klar und sah ihn ehrlich an. „Was? Aber du hast doch gesehen, was er mir angetan hat..." begann er und sah mich verwirrt an.

„Ja, aber ich finde, ihr solltet das untereinander klären und keine anderen Leute mit reinziehen." Murmelte ich, es fiel mir schwer, ihn so im Stich zu lassen.

„Das kann nicht dein Ernst sein, Sky! Er ist ohne Grund auf mich losgegangen und du verlangst, dass ich ihn einfach so davonkommen lasse?!" er sah mich mit einem enttäuschten Blick an, der mir im Herzen wehtat.

Irgendwie musste ich mich in diesem Moment zwischen Kailyn und Jordan entscheiden.

Wieso zum Teufel wählte ich Kailyn, obwohl er immer der größte Arsch zu mir gewesen war, während Jordan immer für mich da gewesen war und alles für mich getan hatte? Ich hätte mich selbst ohrfeigen können.

„Er kommt nicht ungestraft davon, Kailyn hat ihn zusammengeschlagen, sodass er dann die ganze Woche nicht mehr in der Schule gewesen ist!" warf ich ein und sah Jordan selbstsicher an.

„Weißt du, warum Kailyn ihn zusammengeschlagen hat? Weil Luke dir wehgetan hat und Kailyn vor dir immer den großen Helden spielen muss!" Jordans Stimme zitterte, er war wütend.

Doch da tauchte hinter ihm mein Stiefbruder auf und mein Herz blieb beinahe stehen. „Was hast du gerade gesagt?!" fragte dieser mit wütender Stimme, weshalb Jordan sich überrascht umdrehte.

Ich biss mir auf die Lippe, da ich wusste, was jetzt kommen würde.

„Ist doch nur die Wahrheit!" fauchte Jordan ihn an. Kailyn sah auf ihn herunter, da er ungefähr einen halben Kopf kleiner war als er, und zog die Braue hoch.

„Vor Sky machst du auf großen Helden, der sie ja immer aus jeder Situation rettet, aber kennt sie auch die andere Seite?! Kennt sie den Kailyn, der Drogen dealt und Leute zusammenschlägt, sobald sie was sagen, was ihm nicht passt?!" warf Jordan ihm vor.

„Ja, kennt sie." Sagte Kailyn schlicht und ich hörte, wie er seine Stimme so ruhig wie möglich halten wollte.

„Ach ja? Weiß sie von Abigail und von..." weiter kam Jordan nicht, denn Kailyn packte ihn am Kragen und drückte ihn an die Spinde. „Sie weiß alles." Presste er hervor.

Ich wollte eine Szene verhindern und so ging ich dazwischen. „Lass ihn los!" schrie ich Kailyn an, wieso musste er gleich handgreiflich werden?!

„Misch dich da nicht ein!" schrien sie mich beide synchron an. Dann sahen sie sich an und wurden beide noch wütender.

Jordan schubste Kailyn weg und wollte ihm eine reinhauen, doch Kailyn schnappte seine Hand in der Luft und drückte ihn wieder gegen die Spinde.

„Es reicht!" rief ich, da schon ein paar Leute zusahen und ich Angst um beide hatte. Jordan kam frisch aus dem Krankenhaus und Kailyn brauchte bei seinen Vorstrafen auch keine Anzeige mehr.

Als sie sich weiter angifteten, schnappte ich Kailyns Arm und zog ihn mit aller Kraft zu mir, was mir sogar gelang.

Ronny hatte in diesem Moment Jordan an den Schultern gepackt und ich hatte Kailyn am Arm ein paar Meter weit weggezogen. Kailyns Muskeln waren angespannt, sein Kiefer ebenfalls und das Grau seiner Augen sprach Bände.

„Ich werde dich anzeigen und Luke ebenfalls!" drohte Jordan und Kailyn war bereit, auf ihn loszugehen, aber ich klammerte mich noch enger an seinen Arm, sodass er nicht loskonnte.

„Beruhig dich." Flüsterte ich ihm zu, als sein Atem sich auch noch verschnellerte. Er sah auf mich herunter, entspannte sein Gebiss und meinte: „Der ist es nicht wert."

Ich ließ seinen Arm los, da uns mittlerweile einige Leute ansahen. „Danke." Murmelte Kailyn. Ich sah ihn fragend an.

„Ich kann nicht noch eine Anzeige kassieren. Also danke, dass du mich abgehalten hast." Er setzte ein schiefes Grinsen auf.

Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss. Verdammt Sky, du wurdest doch nie rot, reiß dich mal zusammen! Schrie ich mein inneres Ich an.

Ich lächelte Kailyn nur an und zuckte die Schultern, dann drehte ich mich zu Liz, die mit offenem Mund dastand.

„Okay, was ist passiert? Ich will alle Details!" forderte sie. Kurz überlegte ich, dann beschloss ich, ihr das von gestern Nacht zu erzählen.

Sie war meine beste Freundin und ich konnte ihr immer vertrauen, außerdem wollte ich die Meinung einer Außenstehenden. Also zog ich sie mit mir in eine leere Klasse.

„Ach du Scheiße." War alles, was sie sagte. Doch dann schlich sich ein breites Grinsen auf ihre Lippen. „War er gut?" fragte sie nach und ihre Augen glänzten. „Göttlich." Grinste ich. Ein helles Quieken verließ ihren Mund und sie grinste noch breiter.

„Du solltest mit ihm darüber reden. Was es ihm bedeutet hat und wie es jetzt weitergehen soll." „Liz, das ist Kailyn. Für ihn ist Sex nichts Besonderes, er hat öfter Sex, als er isst." Grinste ich.

„Aber die Frage ist, er könnte jede haben, also warum genau dich? Warum genau die, mit der er sich normalerweise nur an guten Tagen versteht? Warum genau die, die seine Stiefschwester ist?" Liz sah mich mit einem verschwörerischen Blick an.

„Weil er dich heiß findet und weil du für ihn was Besonderes bist." Beantwortete sie ihre eigene Frage selbstsicher. Ich verdrehte die Augen, das konnte nur ein schlechter Scherz sein.

„Vielleicht war ich für ihn sowas wie eine Trophäe." Überlegte ich laut. „Das glaubst du ja wohl selber nicht. Er kennt dich, er würde sich nie mit dir anlegen." Grinste meine Freundin.

Verlass mich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt