Kapitel 13 / Schwanger

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Der Tag verging ziemlich schnell, wir fuhren vier Stunden einfach nur an einer Landstraße entlang, bis wir zu einem Museum für Fossilien ankamen.

Dad und Elle wollten unbedingt da rein, Erica folgte ihnen, doch Kailyn und ich weigerten uns, wer wollte denn schon versteinerte Tiere von vor über zehntausend Jahre ansehen?

Kailyn setzte sich auf Elles Platz, sodass ein Sitz zwischen uns war und starrte mich an. Er dachte nach. Ich wich seinem stechenden Blick aus und drehte eine Strähne meiner mittlerweile trockenen Haare in den Fingern.

„Du warst also schwanger?" platzte es da auf ihm heraus. Ein unwohles Gefühl machte sich in meinem Bauch breit und ich hatte das Gefühl, gleich losheulen zu müssen. Seit zwei Jahren hatte ich nicht darüber geredet.

Aber ich wusste, wie hartnäckig Kailyn war und auch, wenn wir nicht miteinander klarkamen, konnte man bei solchen Dingen gut mit ihm reden.

„Ja. Aber es ist nicht, wie du denkst." Murmelte ich und wich seinem Blick weiterhin aus. Er atmete ein paar Mal durch, dann legte er seine Hand auf meinen Oberschenkel. „Wenn du reden willst..." er sah mich mit einem halben Lächeln an.

Sollte ich es ihm denn wirklich erzählen? Das, was niemand außer meinen Eltern wusste? Mir war klar, dass er es niemandem erzählen würde und mich verstehen würde, aber ich war mir nicht sicher, ob ich bereit war, darüber zu sprechen.

Ich schluckte ein paar Mal und schloss kurz meine Augen. Okay, es wurde Zeit. Ich konnte nicht immer schweigen, also los.

„Ich war damals mit einem Typen zusammen, Isaac. Es war vor zwei Jahren, ich war also fünfzehn. Wir waren drei Monate zusammen und... naja, ich war noch Jungfrau. Er wollte es unbedingt, aber ich war noch nicht bereit. Er hat damals Gras geraucht und so ist er eines Tages nach der Schule vollkommen zugedröhnt zu mir gefahren." Ich schluckte kurz und sah Kailyn an, der mir mit aufmerksamen Augen zuhörte.

„Er hat mich abgelenkt, während er mir was in mein Getränk geschüttet hat. Das letzte, was ich weiß, ist, dass er mich ins Auto getragen hat und irgendwo hingefahren ist. Am nächsten Morgen bin ich in einer kleinen Waldhütte aufgewacht, ans Bett gefesselt. Nackt. Ich konnte mich selber befreien und hab meinen Dad angerufen. Er hat mich abgeholt und wollte die Polizei verständigen, aber ich hab's nicht zugelassen." Erzählte ich weiter. Kailyns Blick war erschrocken geworden

„Was? Der Drecksack hat dich vergewaltigt, wieso hast du ihn nicht die Polizei anrufen lassen?" er sah mich ungläubig und irgendwie auch mitgenommen an.

„Ich weiß, es klingt dumm. Aber ich hab ihn geliebt. Und ich hab mir eingeredet, dass es nur wegen den Drogen passiert ist, er war nicht er selbst." Gab ich ehrlich zu.

Kailyn sah mich mitfühlend an. „Du bist zu gut für diese Typen." Murmelte er und sah auf seine Hände.

„Naja, jedenfalls habe ich Dad letztendlich überreden können, mich das selber klären zu lassen. Drei Monate später habe ich einen Test gemacht und siehe da, der Drecksack hatte nicht verhütet." Sagte ich mit einem gespielten Lachen.

Kailyn starrte mich mit offenem Mund an. „Was... hast du dann getan?" „Ich hab's ihm gesagt und er hat die Abtreibung gezahlt." Murmelte ich und wurde ein bisschen rot. Mein Stiefbruder zog scharf Luft ein.

„Ich war fünfzehn, was hätte ich denn mit einem Kind getan? Außerdem, mit einem Vater, der mit sechzehn schon drogenabhängig war? Das hätte ich dem Kind nie antun können."

Tränen bildeten sich erneut und Kailyn rutschte zu mir. Er legte den Arm um meine Schultern und zog mich an seine Brust. „Du hast das richtige getan." Flüsterte er und drückte mich an sich.

Ich ließ die Tränen zu und sie kullerten über meine Wangen, während Kailyn mich immer fester an sich drückte. Die Erinnerung an die Abtreibung, ich hatte ein Kind getötet.

Ich schluckte die Erinnerung runter, setzte mein falschestes Lachen auf und ließ nicht mehr zu, dass irgendetwas aus der Vergangenheit hochkam.

„Alles gut." Murmelte ich und setzte mich wieder auf. „Bist du sicher?" fragte Kailyn und sah mich prüfend an.

„Ja, ich bin stärker, als du denkst." Grinste ich gespielt. „Du musst aber nicht immer stark sein, Sky. Nicht nach allem, was du durchgemacht hast." Murmelte er und sah mir in die Augen.

Am liebsten hätte ich ihm alles gesagt, was damals passiert war. Denn ich wollte nicht, dass er dachte, nur durch die Vergewaltigung und Schwangerschaft war ich so geworden, wie ich jetzt war. Aber über diese andere Sache hatte ich mit keiner einzigen Person außer Elle jemals gesprochen und das würde ich auch niemals tun.

„Bin ich aber. Wie ist es gestern mit Nancy gelaufen?" wechselte ich also das Thema. Er spannte das Gebiss an und wurde auf einmal wütend. „Frag mich nie wieder über sie, klar?!"

Wow, was war denn mit dem los?! Ich nickte nur und unterdrückte mein Grinsen. Wusste ich doch, dass er es mit ihr nicht durchziehen würde, wenn sie nicht gleich beim ersten Date die Beine breitmachen würde.

Gott sei Dank kamen da auch schonwieder unsere Eltern und Elle. Sie beschwerten sich darüber, dass das Museum langweilig gewesen wäre und der Eintrittspreis viel zu hoch. „Kein Wunder, was erwartet ihr auch von versteinerten Viechern?" verdrehte ich die Augen.

Dad drehte sich zu mir um und musterte mich. „Hast du geweint?" fragte er und kniff die Augen zusammen, als würde er Polizist sein und einen Fall untersuchen.

„Nein." Ich sah eiskalt aus dem Fenster. Kailyn neben mir ließ einen ungewöhnlich tiefen Atmer aus und sah auf seine Hände. Dad gab sich mit meiner Antwort zufrieden und startete das Auto wieder.

Wir fuhren noch circa 4 Stunden, bis wir endlich unser Hotel erreichten. Zugegeben, die Landschaft war schön gewesen, aber mein Arsch tat mittlerweile unnormal weh.

Es war schon Abend und so entschieden Dad und Erica, dass wir Essen gehen würden. Meinem Einwand, dass ich mich zuerst noch umziehen musste, wurde stattgegeben und so bezogen wir die Zimmer.

Wie es das Schicksal wollte, hatte Kailyn das Zimmer direkt neben mir, die anderen beiden Zimmer lagen einen Stock unter uns. Ich verdrehte genervt die Augen, als wie nur Meter voneinander unsere Zimmer aufsperrten.

„Immerhin kann ich so nachts gut in dein Bett schleichen." Grinste er dreckig. „Du schleichst nirgends hin, außer in das Bett von irgendeinem Flittchen." Antwortete ich und verschwand auch schon in mein Zimmer.

Es war ziemlich groß, beinhaltete ein Doppelbett, ein Bad mit Badewanne und Dusche und einen großen Kasten. Außerdem hatte ich einen Fernseher an der Wand und eine Minibar.

Nachdem ich heute bereits meine tiefsten Gefühle offenbart und über Isaac gesprochen hatte, musste ich mich ablenken. Ich hatte Lust, zu spielen und da ich wusste, dass es mit Nancy und Kailyn nicht geklappt hatte, wollte ich ihn noch mehr ärgern.

Ich zog also ein rotes Cocktailkleid an, das hauteng war und einen V-Ausschnitt hatte. Ich hatte Gott sei Dank genug Oberweite, um das Kleid tragen zu können. Dazu zog ich meine schwarzen Pumps an und glättete meine Haare. Ich schminkte mich ein bisschen und parfümierte mich ein.

Verlass mich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt