Kapitel 17 / Rückfahrt

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Als am nächsten Morgen um neun Uhr jemand an meine Tür hämmerte, hätte ich am liebsten laut aufgeschrien, wie schwer mein Leben doch war.

Jedoch rappelte ich mich dann auf, warf mir meinen Bademantel über und öffnete die Tür nur einen Spalt. „Du sollst frühstücken kommen." Murmelte Kailyn verschlafen und sah mich nicht mal an.

Toll, wir waren also wieder zurück auf unserem Einander-hassen-Trip? Das konnte er gerne haben. „Sagt wer?" murmelte ich angepisst. „Unsere Eltern." Er seufzte und schlurfte zurück zu seinem Zimmer.

Wütend knallte ich die Tür zu. Gestern Abend war er so ehrlich gewesen und heute schnauzte er mich gleich wieder so an und würdigte mich keines Blickes? Hätte ich mir denken können.

Ich ging duschen, warf mit einen grauen Hoodie kombiniert mit einer schwarzen Leggins über – da wir je sowieso nur herumfahren würden – und band meine Haare zu einem hohen Pferdeschwanz.

Ich verzichtete auf jegliches Makeup und putzte mir nur schnell die Zähne. Dann machte ich mich auch schon auf den Weg in die Lobby, wo wir uns treffen würden.

„Sky, geht es dir gut?" fragte Dad mich besorgt, sobald wir alle angekommen waren. „Sie ist nur ungeschminkt." Grinste Kailyn und bekam von mir einen Killerblick zugeschickt.

„Ja, mir geht es gut. Hab nur nicht so gut geschlafen." Meinte ich mürrisch und ignorierte Kailyns Lachen.

Wir schlürften zum Auto, quetschten uns hinein und fuhren los in Richtung eines kleinen Parks. Elle quatschte über eine Vernissage, die eine Galerie für sie auf die Beine stellen wollte und lud uns allesamt ein.

Ich versprach, ihr beim Aufbauen zu helfen und nach langer Diskussion und vielen bösen Blicken von Erica stimmte Kailyn zu, uns ebenfalls zu helfen. Dad und Erica versicherten, für die Verpflegung zu sorgen, sodass Elle kein Catering buchen müsse.

Der Tag verging schnell, wir gingen in dem großen Park spazieren, wo Erica und Dad die ganze Zeit über verliebt Händchen hielten und Kailyn so glatt neben mir ging, dass sich unsere Arme immer wieder berührten.

Ich kann nicht sagen, dass es mich gestört hätte, die Wärme, die von ihm ausging, zu fühlen und seinen Geruch zu riechen, also tat ich nichts dagegen.

Danach gingen wir in ein Restaurant, wo man sich selbst einen Burger zusammenstellen konnte, unser Kellner sah unheimlich gut aus und mir entgingen nicht seine Blicke auf meinen Arsch.

Nach dem Essen fuhren wir noch rund um einen kleinen See und besuchten dann ein Museum für Meereskultur, wozu mich und Kailyn unsere Eltern zwangen. Warum es in Illinois ein Meeresmuseum gab, war mir rätselhaft.

Am Abend gingen wir in eine Pizzeria essen und schon lag ich wieder in meinem Bett. Ich telefonierte noch eine Weile mit Liz auf Skype und rief dann noch Jordan an, wie es ihm ging.

Beiden erzählte ich nichts von dem Gespräch mit Kailyn gestern, auch wenn ich keinen Grund hatte, korrekt ihm gegenüber zu sein. Ich fand, das hatte einfach was mit Anstand zu tun.

Liz erzählte mir von einem erneuten Streit mit Ronny, da er einem Mädchen auf den Arsch geschaut hatte, und ich riet ihr, ihn einfach mal links liegen zu lassen. Schließlich wusste er, dass sie eine der eifersüchtigsten Personen überhaupt war.

Jordan erzählte, dass Isabel, ein Mädchen aus seinem Französischkurs, ihn um ein Date gebeten hatte, sie hatte ihn im Krankenhaus besucht. Ich meinte, dass sie wohl ein ganz schönes Weichei war, denn normalerweise sollte der Junge fragen und nicht das Mädchen. Er meinte, er hätte da schon eine andere im Visier, wollte mir jedoch nicht sagen, wen.

Es war auch schon wieder Montag und somit der Tag unserer Abreise. Kailyn war gestern Nacht nochmal raus, ich hatte seine Schritte am Hotelflur gehört und ja, ich erkannte seine Schritte aus hundert verschiedenen heraus. Sie waren schnell, fest und bestimmend. Nur Kailyn ging jedes Mal so, als würde er in eine Schlacht aufbrechen.

Als er am Morgen am Frühstückstisch ankam, verriet mir ein Knutschfleck an seinem Schlüsselbein, dass er wohl ein Mädchen bei sich gehabt hatte. Wo er die jedoch so spät in diesem Kaff aufgegabelt hatte, war mir ein Rätsel.

Wir frühstückten und besprachen noch die Details für Elles Vernissage am kommenden Mittwoch, dann brachen wir zur Heimreise auf.

Die Fahrt dauerte fünf Stunden über den Freeway und da Kailyn wegen der Hitze schwitzte, war sie für mich ziemlich unangenehm... besser gesagt feucht.

Als wir gegen frühen Nachmittag endlich zu Hause ankamen, rief ich sofort Liz an, damit wir Jordan im Krankenhaus besuchen konnten.

Kailyn bot komischerweise an, mich zu fahren, doch ich lehnte mit einem „Bevor ich mit dir freiwillig ins Auto steige, rolle ich die paar Kilometer." ab. Ich wollte mir ein Taxi rufen, doch da Dad nochmal schnell ins Büro wollte, konnte er mich beim Krankenhaus absetzen.

„Wie hat dir der Trip gefallen?" fragte er, sobald wir losgefahren waren. „Naja, Museen und Parks sind jetzt nicht so mein Ding." Grinste ich. Dad warf einen Blick zu mir, dann knickste er seine Finger und dachte anscheinend nach.

„Es tut mir leid, dass ich die Geschichte mit Isaac am Samstag erwähnt habe. Das war nicht beabsichtigt." Meinte er mit leiser Stimme.

Ich erklärte ihm, dass alles gut sei und ich es ihm nicht übelnahm, dann wechselte ich das Thema und sprach ihn darauf an, wie sehr es mich freute, ihn glücklich zu sehen.

„Weißt du, manchmal denke ich, dass deine Mum es so nicht gewollt hätte. Sie hätte vielleicht nicht gewollt, dass ich eine neue Frau habe..." er biss auf seiner Lippe rum, wie er es immer tat, wenn er nervös war.

„Dad, sie ist tot. Sie hätte gewollt, dass du wieder glücklich wirst. Und sie hätte gewollt, dass du das tust, was dir richtig erscheint." Es tat weh, ihn anzulügen. Aber ich konnte eben nicht anders.

Dad bedankte sich für meine Unterstützung und setzte mich beim Krankenhaus ab. „Na endlich!" Liz verdrehte gespielt die Augen und ich hakte mich bei ihr unter, um ihr zu Jordans Krankenzimmer zu folgen.

Unser Besuch dauerte nicht lange, da Jordan schon nach einer halben Stunde von einer Schwester zu einer Untersuchung gebracht wurde.

Anscheinend war sein Schlüsselbein gebrochen und sie würden es eventuell operieren müssen. Liz und ich machten uns also auf den Weg zu mir.

Sie erzählte mir eine neue Streitgeschichte mit Ronny und ich seufzte auf. „Lass gut sein, ich weiß, dass diese Beziehung unnötig ist. Aber man kann nicht verleugnen, dass der Versöhnungssex es nicht wert wäre." Grinste sie dreckig.

Während sie es sich mit einer Schachtel Bonbons auf meinem Bett bequem machte, suchte ich mir eine Bluse raus, die ich bei der Vernissage anziehen könnte.

In Wirklichkeit aber, grübelte ich nur über Jordan und Luke. Luke hatte ihn ernsthaft verletzt, aber Jordan würde niemals Anzeige erheben, dazu war er ein zu guter Mensch.

Verlass mich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt