Kapitel 23 / Ryder

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Die tiefe, provokante und vor Sarkasmus triefende Stimme kam von einem mindestens zwei Meter großen, glatzköpfigen Muskelprotz.

Seine Arme und der Teil seiner Brust, den man unter dem Tanktop sehen konnte, waren bis auf den kleinsten Fleck mit Tattoos gesäumt und er hatte ein dreckiges Grinsen im Gesicht.

„Ryder." Presste Kailyn verächtlich hervor, seine Muskeln spannten sich an, seine Hand drückte meine noch fester. Bestimmt hinterließen meine Nägel bereits Striemen auf seinem Oberarm, so fest klammerte ich mich an ihn.

„Was verschafft mir die Ehre? Schwelgst du etwa in Erinnerungen?" lachte der Mann höhnisch. Bei diesem kalten, emotionslosen Lachen bekam ich Gänsehaut. Er war wohl damals dieser Drogenboss gewesen.

„Du wohnst immer noch in diesem Drecksloch?" fragte Kailyn, seine Stimme kälter denn je.

„Was soll ich sagen, hier findet mich keiner. Ich habe nicht wirklich viele Möglichkeiten." Erklärte der Muskelprotz und sein Blick schweifte auf mich. Er kam einen Schritt auf mich zu, ich wollte einen zurück machen, doch ich war wie gelähmt.

„Wer ist das denn?" fragte dieser Ryder mit einem schiefen Grinsen und legte einen Finger unter mein Kinn, sodass ich ihn ansehen musste. Seine Augen waren dunkelbraun, beinahe schwarz. Nie zuvor hatte ich in so ausdruckslose Augen gesehen.

„Finger weg!" brachte ich endlich hervor und schlug seine Hand weg. Kailyn neben mir zog scharf Luft ein und ließ meine Hand los.

Ryder beugte sich gespielt überrascht nach hinten und begutachtete mich. „Kratzbürstig, gefällt mir." Grinste er dreckig und erneut lief ein kalter Schauer über meinen Rücken.

Kailyn sagte kein Wort, wofür ich ihn hätte schlagen können. Er hätte mir helfen sollen, den Typ von mir wegbringen. Doch was tat er? Dumm schauen.

„Wollt ihr mit nach oben kommen? Du hast bestimmt viel zu erzählen, O'Neill." Erneut dieses dreckige Grinsen.

Ich sah Kailyn zwingend an, denn ich würde bestimmt nicht mit diesem Typ an einem Tisch sitzen. Kailyn ignorierte meinen Blick und nickte. „Klar." Seine Stimme war monoton und ernst. Ich konnte es nicht fassen, wollte er, dass der Typ uns beide umbrachte?!

Kailyn schnappte meinen Arm und zog mich mit ein paar Metern Abstand hinter Ryder her. Die Treppe, die in den ersten Stock führte, befand sich direkt neben der Tür und so riss ich mich los und lief zur Tür, um so schnell wie möglich zu verschwinden.

Doch kaum hatte ich den Türknopf erreicht, hatte Kailyn auch schon die Arme um meine Hüfte gelegt und mich von hinten hochgehoben.

„Lass mich gehen!" zischte ich. Ryder war schon im ersten Stock und konnte uns so nicht hören. Ich klammerte mich an der Tür fest, da ich wirklich Angst vor diesem Typen hatte, schließlich hatte er dafür gesorgt, dass jemand getötet wurde und sein Blick sagte mehr als tausend Worte.

Es dauerte eine Minute, bis Kailyn mich von der Tür weggerissen hatte und die Treppe nach oben trug. „Spinnst du?! Du lässt mich jetzt sofort runter, ich will nach Hause!" zischte ich ihm wütend zu. Keine Antwort.

„Kailyn, ich habe Angst! Ich will nicht in diesem gruseligen Haus sterben, lass mich sofort runter!" schoss ich nach und strampelte was das Zeug hielt. Mein Brüderchen ließ sich aber nicht aufhalten und trug mich weiter.

„Ich pass schon auf, keine Angst!" zischte er in mein Ohr. „Ich hasse dich!" fauchte ich, bevor er mich am Ende der Stufen absetzte.

Wir standen in einem Wohnzimmer; eine große Couch und ein Fernseher standen dort. Daneben noch ein paar Regale und überall lag Staub.

Verlass mich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt