Es waren zwei Wochen vergangen, stille Wochen, traurige Wochen.
Die ersten paar Tage hatte Kailyn kein Wort mit den anderen gesprochen, nur mir hatte er immer wieder erzählt, wie sehr sie ihm fehlte.
Was er ihr alles noch hätte sagen sollen, aber nicht die Chance dazu bekommen hatte.
Es ging ihm dreckig, er schlief drei Tage lang nicht, starrte nur an die Wand und war in seinen Gedanken versunken, ab und zu lief ihm eine Träne über die Wange.
Nachts, wenn ich schlief, hielt er sich an mir fest, als wäre ich ein Anker. Er krallte seine Finger in meine Hüften, als könnte ich jeden Moment weglaufen.
Dad sprach die ersten paar Tage ebenso nichts, verschanzte sich in dem Zimmer, das die Rogers ihm zugeteilt hatten.
Nur einmal ließ er mich rein, schüttete mir sein Herz aus. Er weinte. Beide Frauen, die er geliebt hatte, waren ihm genommen worden. Er wusste nicht, was er noch ohne Erica war. Er wünschte sich, er wäre statt ihr in dieser Küche gewesen, als der Baum reingekracht war.
Elle konnte am besten damit umgehen, sie versteckte ihren Schmerz hinter einer leicht lächelnden Fassade, die sie den ganzen Tag zeigte.
Sie kochte – ohne darum gebeten zu werden – für alle, organisierte mit mir die Beerdigung und informierte alle Angehörigen. Sie funktionierte.
Ich wollte ihr alles abnehmen, doch sie brauchte es. Sie musste sich ablenken. Zumindest tagsüber, nachts hörte man ihr Schluchzen durch die dicken Wände des Vorstadthauses.
Ich selbst verdrängte jegliche Gedanken an Erica. Es tat mir weh, sie fehlte mir und es war, als wäre sie mir aus den Händen gerissen worden.
Aber ich stand ihr von uns vieren noch am wenigsten nahe, weshalb ich den kühlen Kopf bewahren musste.
Ich sprach viel mit Justins Eltern, die unglaublich gutmütig waren und uns so lang wie nötig bei ihnen wohnen ließen.
Wenn ich nicht gerade versuchte, Elle die Organisation der Beerdigung oder ein schwieriges Telefonat mit Verwandten abzunehmen, da ich ihren Schmerz sah, war ich bei Kailyn.
Wir redeten nicht viel, ich hielt ihn nur die ganze Zeit. Er brauchte die Worte nicht, er brauchte Nähe und das Gefühl, nicht allein zu sein.
Nach der ersten Woche wurde es ein wenig besser. Die Beerdigung war fertig organisiert, unser Haus wurde von Handwerken wieder komplett hergerichtet und Dad sprach wieder öfter mit uns.
Kailyn jedoch hielt sich weiterhin den ganzen Tag nur in seinem Zimmer auf, das Essen brachte ich ihm, seine Freunde – die sich um ihn kümmern wollten – wollte er nicht sehen.
Aber immerhin fing er an, wieder zu schlafen. Auch, wenn ihm Albträume jede Nacht wieder den Schlaf raubten.
Elle war oft mit James unterwegs, ich denke, er ließ sie ihren Schmerz ein wenig vergessen.
Und ich? Ich war gemeinsam mit Justins Mum dabei, einen Makler zu finden. Denn nach dem, was passiert war, wollte niemand von uns unser Haus je wieder betreten.
In der zweiten Woche verbesserte sich alles ein wenig. Dad ging mit Justins Vater zu einem Footballspiel und schaute in der Arbeit vorbei, ließ sich ablenken.
Elle und James fuhren auf einen zweitägigen Entspannungstrip nach Kalifornien und Justins Mum und ich fanden endlich einen Makler, der unser Haus unter die Lupe nahm und es um eine riesen Summe inserierte.
Einzig Kailyn litt immer noch pausenlos, was ich aber mehr als nur verstand. Er schaute zwar manchmal fern, verließ unser Zimmer aber nur wenn es wirklich nötig war.
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Verlass mich nicht
Teen Fiction-- „Wieso, Kailyn? Wieso?! Wieso verabschiedest du dich von mir, obwohl du weißt, dass wir uns wiedersehen werden?! Wieso sagst du mir, ich soll dich vergessen? Wieso lässt du mich alleine, nur weil ich in Gefahr sein könnte?!" ich hatte Tränen in d...