Kapitel 56 / Du liebst sie immer noch

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Was, wenn Kailyn mich nicht liebte, sondern nur ein wenig verliebt war.

Vielleicht war ich das erste Mädchen gewesen, das ihn nach Abi berührt hatte, wenn auch nur ein bisschen.

Vielleicht hatte er sich sofort auf mich fixiert, als er auch nur ein bisschen was in meiner Nähe gefühlt hatte.

Vielleicht hatte ich ihn in manchen Momenten Abigail vergessen lassen und er hatte sich sofort auf das gestürzt, was ihn auch nur ansatzweise von ihr weggebracht hatte.

Ich fühlte mich einfach nur elend, die Tränen rannten mir über die Wangen.

Ich liebte ihn; ich liebte ihn wirklich, mit jedem dummen Grinsen noch ein Stück mehr.

Aber er liebte sie, immer noch. Das konnte er nicht verleugnen, sonst wäre er bei der Erwähnung ihres Namens nicht gleich so durchgedreht.

Nach ein paar Minuten hörte ich Schritte, schnelle Schritte, Kailyns Schritte. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen, damit er meine Tränen um keinen Preis sehen konnte.

„Hey." Er ging vor mir in die Hocke und zog mir vorsichtig die Hände vom Gesicht. „Was ist denn los?" seine Augen sowie auch seine Stimme waren voller Sorge.

"Du liebst sie immer noch, oder?" ich sah ihm direkt in die Augen.

Überfordert schloss er den Mund, öffnete ihn wieder, aber schloss ihn dann erneut. Ich seufzte auf und wich seinem Blick aus.

„Ich bin so dumm." Meinte ich an mich selber gerichtet, löste seinen Griff von meinen Handgelenken und stand auf.

Ohne auf ihn zu achten, machte ich mich auf den Weg zurück ins Haus. Ich lief wieder in die Küche, sperrte sie erneut zu und sackte am Boden zusammen.

Ich war für ihn eine willkommene Ablenkung gewesen, nicht mehr. Okay, vielleicht bedeutete ich ihm schon was, nach allem, was wir erlebt hatten und was er für mich getan hatte.

Aber er liebte Abigail immer noch, sonst würde es ihm nach so langer Zeit nicht noch immer so viel ausmachen.

Ich hörte ihn an die Tür hämmern, doch ich ignorierte es. Irgendwann hörte es auf, er war gegangen.

Und das wollte ich auch, ich wollte einfach nur alleine sein. Und mich verfluchen, weil ich mich in ihn verliebt hatte. Nein, nicht nur das. Ich verfluchte mich, weil ich ihn liebte.

Plötzlich hörte ich einen Schlüssel in der Tür, hatte er etwa Justins Eltern geholt?! Nein, die durften mich nicht so verheult sehen!

Schnell wischte ich mir die unter den Augen verronnene Mascara weg und stand auf.

Ich erblickte Justin, er alleine öffnete die Tür. Kailyn war nicht zu sehen, nur Justin.

Ohne ein Wort kam er auf mich zu, sah mich besorgt an und nahm mich dann einfach in den Arm.

Er zog mich an sich und seine Arme umschlossen meinen Kopf, sodass keiner meine Tränen sehen konnte, auch wenn niemand hier war.

„Willst du darüber reden?" fragte er leise. Ich schüttelte einfach nur den Kopf.

Sobald ich mich beruhigt hatte, ließ Justin mich los und warf einen Blick nach draußen. Es war niemand zu sehen, also führte er mich in den Vorgarten des Hauses.

Wir setzten uns auf eine Bank, wo die Gäste uns vom Garten aus nicht sehen konnten.

„Du und Kailyn, ihr habt was, oder?" er sah auf mich hinunter. Doch in seinem Blick lag kein Vorwurf, einfach nur ein kleines Schmunzeln.

Ich nickte langsam und biss mir auf die Lippe.

„Hör zu, was ich vorhin gesagt hab... Kailyn und ich verstehen uns nicht. Aber er ist ein guter Kerl, das mit Abi damals war... naja, er war hackedicht und es war ein Ausrutscher."

"Jedenfalls wollte ich mich entschuldigen. Er ist bestimmt gut zu dir und ihm liegt was an dir, so wie er sich verhält." Er schmunzelte ein bisschen, wurde dann aber gespielt ernst.

„Aber sollte er dir irgendwie wehtun, schlage ich ihm eigenhändig die Eier weg."

Ich lachte auf, nickte und spielte dann mit meinen Fingern. „Ist es wegen ihm?" fragte er dann.

„Wegen Abi. Ich denke, er liebt sie immer noch." Okay, ich wusste, dass Kailyn böse sein würde, weil ich seinem Cousin sowas anvertraute, aber ich brauchte in diesem Moment jemanden zum Reden.

„Was? Verdammte Scheiße Sky, nein." Lachte er auf. Verwirrt sah ich ihn an.

„Wir waren damals noch sowas wie Brüder. Er hat ihr nicht mal zwei Wochen nachgeheult, dann hatte er sie schon wieder vergessen."

"Glaub mir, er ist vorhin nur so ausgerastet, weil er dachte, meine Meldung würde dich vielleicht glauben lassen, dass er dich betrügt."

Justins Worte waren so ehrlich und machten irgendwie auch Sinn. Schließlich verstanden die beiden sich nicht und er würde wohl kaum etwas sagen, dass Kailyn vor mir gut dastehen ließ, wenn es nicht die Wahrheit wäre.

„Danke, Justin." Murmelte ich. „Und nur damit das klar ist, wenn der Hurensack dir nochmal wehtut, ruf mich an und ich kümmere mich um ihn. Ich meine es ernst." Lachte er, ich fiel mit ein.

Doch das Lachen verging mir schnell, denn ein über die Maßen wütender Kailyn tauchte vor uns auf.

Er kam gerade aus dem Haus und sah nun zwischen Justin und mir hin und her.

Verlass mich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt