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Kapitel 4
Harry

Müde mache ich mich mit dem Auto auf den Weg zur Schule. Es ist das einzige was mir mein Vater jemals geschenkt hat: ein Auto. Es ist ein schwarzer Range Rover mit Sportausstattung und als er mir die Schlüssel übergeben hat, meine er das Auto wäre für meine Besuche für ihn oder wenn ich einfach mal alleine irgendwo hinfahren möchte. Die ganze Nacht saß ich im Krankenhaus und meine Augen sind noch leicht angeschwollen, von dem ständigen Weinen. Es zerstört mich immer noch innerlich was der Arzt gesagt hat, es ist wie ein Schlag in die Magengrube und tut unendlich lange weh.

Die Schule ist jetzt eigentlich der letzte Ort an dem ich sein möchte und als ich die Autotür des schwarzen Autos zuwerfe, sehe ich genervt auf die Schule auf. Ich gehe jetzt schon so lange hier her, kenne jeden Winkel, jeden Lehrer und jetzt bin ich immer noch hier. Ich bin damals in der achten Klasse leider durchgefallen, da ich zu viel an das private Leben gedacht habe. An das Leben meiner Mutter.

»Harry.«, höre ich eine leise Stimme, als ich meinen Spind öffne und meine Bücher hervorziehe. Ich schließe das kalte Blech, hinter welchen wir unsere Bücher und sonstigen Kram verstauen und drehe mich zu dem Mädchen, mit den schönen strubbeligen Haaren. Marisa Carpenter. Als ich an ihre Schüchterheit und an unser letztes Zusammentreffen denken muss, entflieht mir ein schmunzeln und ich ziehe leicht meinen linken Mundwinkel nach oben.

»Ich habe Victoria gestern bei den Vorbereitungen der Sommerparty geholfen. Sie meinte dass sie unbedingt Hilfe gebraucht hat und da ich neben ihr wohne, habe ich ihr geholfen.« Sie holt Luft. »Ich möchte dir die Änderungen gerne zeigen, ich kann sie dir gerne geben und du wirfst heute Nachmittag einen Blick darauf.«

Marisa wollte gerade ihre Tasche öffnen und die Unterlagen hervorholen, als ich ihre Hand nehme und von der Taschenöffnung wegziehe.

»Ich kann sie heute Nachmittag mit dir besprechen.« Meine Stimme ist rau, wahrscheinlich weil ich seit der Diagnose nichts mehr gesagt, sondern nur noch geweint habe. Ich huste einmal kurz. »Ich kann dich heute nach Hause fahren und mit dir die Änderungen besprechen.«

Es wäre zwar freundlicher gewesen sie zu mir einzuladen, anstatt dass ich mich bei ihr einlade aber zu Hause bei mir und meiner Schwester sieht es nicht gerade Besucherfreundlich aus.

»Gut, ich -« Ich unterbreche sie.

»Ich warte am Ausgang auf dich, nach der Schule.«, sind meine Worte und verwirrt sieht sie mich an. Vielleicht war ich etwas zu grob. »Bis nachher.«

Ich versuche mein bestes und zugleich sanftestes Lächeln aufzusetzen und als Marisa mir ebenfalls ein leichtes Lächeln schenkt, gehe ich an ihr vorbei in mein Klassenzimmer um mich dort in die hinterste Ecke zu setzten und auf den Lehrer zu warten.

Während des Unterrichts passe ich nur selten auf, notiere mir aber wichtige Sachen. Mein Blick fällt auf Victoria, sie hat heute ihre Haare zu einem festen Dutt zusammengesteckt und hat eine fast durchsichtige Bluse an. Sie war schon immer mein Liebling in der Klasse, denn sie war hilfsbereit, nett und nicht arrogant wie die meisten hier. Es ist als ob sie die einzige ist, die noch etwas im Kopf hat.


Der Schultag ist vorbei und ich trödle als letzter Schüler aus dem Klassenzimmer, fange aber Victoria kurz vor dem Klassenzimmer von Marisa ab.

»Tut mir leid dass ich gestern nicht da sein konnte um dir zu helfen.«, seufze ich. »Ich musste einfach so schnell es ging ins Krankenhaus.«

»Verrätst du mir auch mal wieso du mich sitzengelassen hast?«, fragt sie, dennoch nicht unfreundlich.

»Marisa, hier.«, sagt Victoria lauter zu Marisa und ihr Kopf schwenkt in unsere Richtung. Während sie auf uns zukommt, verliert sie mich nicht aus den Augen und als sie vor uns steht, blicke ich hinunter in ihr blasses dennoch zartes Gesicht. Schneewittchen. Dass ist das einzige Wort, was ihr Gesicht beschreibt. Zart und blass, genauso wie das von Schneewittchen. Eine pure Schönheit.

Eigentlich warten die Jungs am Ende des Flures auf mich, doch ich muss Marisa nach Hause fahren. Nachdem Marisa Victoria erklärt hat dass ich sie nach Hause fahre und mit ihr die Änderungen bespreche, verabschieden wir uns von Victoria und zusammen gehen sie und ich nach draußen. Es regnet immer noch und auf dem Boden des kleinen Schulhofes zieren sich große Wasserlachen.

»Mein Auto steht da drüben.«, sage ich und zeige mit dem Zeigefinger darauf. Als ich mich kurz zu Marisa umdrehe, bemerke ich dass sie versucht nicht sonderlich nass zu werden und warte darauf, dass sie neben mir steht. Ich ziehe meine Jacke etwas auf und nehme Marisa beschützend unter meine Jacke, damit sie nicht nass wird. Sie ist schon süß, wenn sie versucht hat den Tropfen auszuweichen.

After The Sunset | h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt