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Der nächste Tag, was bedeutet, dass ich heute wieder in die Schule muss. Meine Mutter hat mich pünktlich um halb Sieben geweckt, sodass ich auch wirklich nicht verschlafe. Mit einer schlechten Laune richte ich mich für den heutigen Tag. Ich ziehe meine Schuluniform an, welche mir meine Mutter letzte Woche von der Schule abgeholt hat.

»Ich bin fertig.«, rufe ich während mein Weg die Treppe runterführt.

»Nein bist du nicht.«, singt die Stimme meiner Mutter. »Dein Frühstück wartet.«

Ich verschwinde also vom Flur aus in die Küche um Würstchen und Bacon auf einem Teller zu sehen. Angeekelt nehme ich mit dem Stuhl davor Platz und greife nach einem Messer, um diese zu zerkleinern.

»Das esse ich doch nicht zum Frühstück.«, meine ich. »Das könnte Mittag- oder Abendessen sein.«

Seufzend dreht sich meine Mutter von dem Kühlschrank um, damit sie sich gegenüber von mir an den Tisch setzten kann und mir widerspricht.

»Doch du wirst das Essen. So etwas gibt es jeden Tag in England.«

Genervt stoße ich Luft aus und esse schnell meine zerkleinerten Würstchen. In Irland hat es sowas nicht gegeben, denn in Irland hat es immer nur Spiegeleier mit Bohnen gegeben. Noch nie habe ich zum Frühstück Würstchen und Bacon gegessen.

»So Marisa, wir müssen los sonst kommen wir zu spät.«, höre ich die Stimme hinter mir.

Ich stehe also auf und nehme mir meine Tasche und eine dünne Jacke. Hauptsache weg von dem grauenhaften Essen.

»Tschüss Quinn, hab einen schönen Tag.« Mein Vater gibt meiner Mutter liebevoll einen Kuss auf die Lippen und jedes Mal sehne ich mich - in so einem Moment - auch nach einem Freund.

Als mein Vater, zusammen mit mir, zu seinem teuren Wagen geht, frage ich ihn ob er das Essen auch nicht mag.

»Marisa, ich weiß du willst wieder unbedingt nach Irland zurück und ich weiß auch, dass du dich hier nicht wohlfühlst, aber daran musst du dich jetzt gewöhnen.«, sagt mein Vater bestimmend. »Wenn du Lust hast können wir in zwei Wochen für ein paar Tage nach Irland, wenn es die Schule und Arbeit zulässt.«

In meinem Bauch explodiert ein Glücksgefühl.

»Das wäre wirklich toll. Dann kann ich wieder Blair, Bruce und Esme sehen.« Das waren oder sind meine einzigen Freunde in Irland und beim Abschied haben sie sehr viel geweint, aber natürlich habe ich ihnen versprochen, dass wir uns gegenseitig besuchen werden. In der Zeit, seitdem wir in London sind, habe ich dreimal mit Blair telefoniert, aber sie muss schließlich auch in die Schule und hatte deshalb kaum Zeit.

Mein Vater stoppt schließlich vor dem Eingang meiner neuen Schule. Gequält sehe ich auf diese hinauf und hoffe dass das alles nur ein Alptraum ist.

»Danke Dad.«, verabschiede ich mich und öffne die Autotür.

»Kein Kuss auf die Wange oder eine Umarmung?«, fragt er belustigt.

»Nein Dad. Dafür stehen hier zu viele.«, erkläre ich ihm und höre ein Lachen seinerseits.

Ich nehme mir also die Tasche von der Rückbank des Autos und drehe mich zu dem großen Gebäude um. In meinem Bauch staut sich schon ein großes mulmiges Gefühl und ich hoffe, dieses verschwindet gleich. Mit kleinen Schritten gehe ich auf den Eingang, welcher auch gleichzeitig der Ausgang ist, zu und versuche normal zu bleiben und nicht nervös zu wirken. Für eine schüchterne Person wie mich, sind neue Umgebungen gar nichts. Hier kenne ich mich nicht aus, was bedeutet ich könnte mich verlaufen. Hier kenne ich niemanden, was bedeutet dass mich jeder mit einem komischen Blick mustert und danach mit einer anderen Person irgendetwas flüstert.

Ich hole aus meiner Tasche einen Plan, welcher schon letzte Woche mit einer E-Mail gesendet wurde. Das ist ein Plan der Schule, damit ich mich irgendwie zurechtfinden kann. Als ich nach ein paar Minuten und zu vielen Umdrehungen endlich weiß, wo mein Klassenzimmer ist, mache ich mich auf den Weg dorthin. Viele der Schüler bemerken mich gar nicht und lassen sich deshalb auch nicht anmerken, was ich sehr gut finde. Immer hin sehe ich wie jedes dritte Mädchen aus und falle auch nicht wirklich auf, also wieso sollten die anderen Schüler eine Roter-Teppich-Show daraus machen.

Ich klopfe an der Tür von einem Klassenzimmer welches der Abschlussklasse gehört, und warte aufgeregt auf eine Stimme die mich herein bittet. Mit leicht zittrigen Händen öffne ich die Türe und gucke die Lehrerin mit einem fragenden Blick an.

»Es tut mir leid dass ich störe aber ich bin neu hier und denke dass das mein Klassenzimmer ist.«, sage ich und trete ganz in den Raum hinein. Während die Lehrerin, wessen Namen ich nicht weiß, auf mich zukommt, schaue ich mich in der Klasse um. Alle sehen mich an, wie das jede Klasse macht wenn jemand reinkommt, und ein paar reden auch wieder.

»Nein du bist in dem Klassenzimmer gegenüber.«, erklärt mir die Frau höflich und zeigt auf die Tür auf der anderen Seite des Ganges, da die Tür offen ist.

Schließlich bedanke ich mich bei ihr, lasse den Blick noch einmal schüchtern und entschuldigend durch die Klasse schweifen und verschwinde dann durch die Tür.

After The Sunset | h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt