Marisa
Vier Tage später
Ich trage ein schwarzes Kleid mit schwarzen Sandalen und meine Haare sind in einen Dutt verwickelt. Meine Augen werden umrandet von dunklen Ringen. Da bringt nicht mal mehr das Make-Up etwas. Anne ist gestorben. Sie hat auf einmal keine Luft mehr bekommen, da ihre neue Lunge Probleme gemacht haben und die Ärzte waren daran Schuld. So wie Harry es sagt. Die Werte haben nicht ganz zu Anne gepasst und das war der Grund, wieso sie erstickt ist. Wenn ich daran denke, dass die Mutter meines Freundes erstickt ist, bekomme ich eine Gänsehaut am ganzen Körper. Mum und Dad sind genauso schwarz gekleidet. Dad hat einen Anzug an und Mum ebenfalls ein schwarzes Kleid.
»Bist du fertig?«, ertönt die Stimme meines Dads hinter mir. Ich sehe ihn durch den Spiegel an und nicke langsam. Wir fahren zum Friedhof in der Nähe, dort wird die Beerdigung stattfinden. Harry ist bereits vor Ort. Er und sein Vater tragen beide einen schwarzen Anzug. Gemma hat sich an ihren Vater geklammert und ich höre sie von weitem laut weinen. Ich nehme Harry in den Arm und er gibt mir einen Kuss auf die Stirn, als ich nach oben sehe.
»Ich bin nicht bereit sie loszulassen.«, flüstert Harry, greift nach meiner Hand und führt mich in die Kirche. Harry hat sich eine Rede vorbereitet, die er vortragen wird.
»Du schaffst das.«, sage ich, drücke seine Hand.
»Wir.«, verbessert er mich.
Der Gottesdienst beginnt wie immer, dann erwähnt der Pfarrer Harry und die Rede. Mit langsamen Schritten geht er zum Altar und sieht für einen Moment auf seinen Zettel, den er dann jedoch wieder in seine Hosentasche steckt und beginnt zu reden.
»Mum hat mich in allem unterstützt. Sie war immer da für mich; wenn ich mir die Knie aufgeschürft habe oder vom Fahrrad gefallen bin, war sie immer gleich bei mir und hat mich versorgt. Als Dank dafür habe ich versucht sie ebenso zu versorgen, wie sie mich. Doch es hat nicht funktioniert und kurz danach habe ich fremde Menschen an sie heran gelassen. Ärzte die alles versucht haben um den Krebs zu bekämpfen. Doch letztendlich hat sie den Kampf verloren. Ich weiß nicht, ob sie es freiwillig tat oder ob sie für das Leben gekämpft hat. Ich kann es nicht sagen, aber was ich sagen kann ist, dass sie stark war. Mum war die stärkste Frau, welche ich in meinem Leben je kennengelernt habe und sie war gleichzeitig meine Heldin.« Er wischt sich vereinzelte Tränen aus dem Gesicht. »Mum hat es immer geschafft die Wunden von meinen Fahrradunfällen zu heilen, doch ich habe versagt. Ich konnte keine Wunde von ihr heilen. Keine Einzige.«
Harry kommt wieder zurück auf seinen Platz und greift unwillkürlich nach meiner Hand, die er fest drückt.
Alle Gäste, die an der Beerdigung teilgenommen haben, versammeln sich wenige Minuten später am Grab von Anne. In wenigen Minuten verschwindet ihr Sarg unter der Erde und sie wird ihren Frieden finden. Dad legt seine Hand auf meine Schulter, damit ich weiß dass er hier ist.
Ruhe in Frieden
in Liebe Gemma, Harry und Des.
Lese ich die Worte auf dem Grabstein. Ihr Sarg wird unter die Erde gehoben.
»Möge Anne Styles in Ruhe Frieden.«, sind sie letzten Worte des Pfarrers, als Anne unter der Erde liegt.
Am Abend der Beerdigung liegen Harry und ich in seinem Bett. Er hat den Kopf auf meinem Bauch und ich lehne gegen die Kopflehne des Bettes. Harry weint, das merke ich weil mein T-Shirt bereits einen nassen Fleck hat. Doch ich lasse ihn weinen, vielleicht geht es ihm danach besser. Mit meiner Hand streichle ich immer wieder über seinen Kopf. Wir haben schon seit dem wir vom Friedhof gelaufen sind, nicht mehr miteinander geredet. Er will es anscheinend auch nicht tun, aber damit komme ich klar. Wenn er reden will, wird er es mir schon zeigen.
Kommst du bis Montag wieder zurück?
Logan hat mir die Nachricht schon vor zwei Stunden geschickt, aber ich kam bisher noch nicht dazu darauf zu antworten. Ob ich am Montag wirklich ins College möchte, weiß ich nicht. Vielleicht will mich Harry auch länger bei sich haben. Vielleicht stößt er mich aber auch weg und lässt mich nach Hause fahren. Zum wiederholten Mal sehe ich auf mein Handy und überlege was ich ihm schreiben soll.
»Antworte ihm schon.«, sagt Harry leise.
»Was meinst du?«, frage ich und lasse mein Handy sinken. Harry setzt sich auf und reibt sich über die Augen. Sein Haar liegt flach auf seinem Kopf und seine Augen sind eng zusammengekniffen.
»Logan. Er hat dir schon seit Stunden geschrieben und ich habe nichts dagegen wenn du am Montag ins College gehst.« Seine Stimme ist rau und bricht zwischendurch, sodass er sich räuspern muss.
»Ist das wirklich okay für dich?«, frage ich dennoch nach. Harry nickt nur als Antwort und lässt seinen Kopf auf meine Schulter sinken.
So bleiben wir wieder eine Weile liegen. Ich antworte Logan also dass ich am Sonntag wieder zu Hause bin und widme mich dann wieder Harry zu.
»Ich bin froh dich bei mir zu haben, Marisa.«, flüstert er und verschränkt unsere Hände miteinander.
»Ich werde immer für dich da sein!« Dann küsse ich ihn auf die Stirn und muss leicht lächeln.
Harry ist meine Definition von Liebe.
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After The Sunset | h.s
Фанфик#WinterAwards2018 Er hat mich benutzt, damit er über seine Probleme reden kann, während ich mich immer wieder neu in ihn verliebt habe. Harmonisch ist es nicht zwischen Marisa und Harry - zumindest nicht von Anfang an. Denn er hat ein Geheimnis, da...