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Kapitel 2

Marisa

Es ist bereits der nächste Morgen und ich bin auch schon in der Schule eingetroffen. Meine Aufregung - wegen dem Abendessen bei unseren Nachbarn - steigt mit jeder Stunde, welche vergeht, mehr. In meinem Bauch ist es wie in einem Vulkan; er ist bereits am brodeln und wird extrem aufgeregt, bevor dann die riesen Explosion kommt und alles über läuft. Das Überlaufen wäre in dem Fall mein Magen, wenn ich mich übergebe. Es kann durchaus passieren, wenn ich wirklich sehr aufgeregt bin, dass ich mich vor der Darbietung übergeben muss.

Obwohl ich schon auf einen der hintersten Plätze im Klassenzimmer sitze, drücke ich mein Buch, für die jetzige Stunde, an meine Brust, als wäre mein Leben daran gebunden.

Es muss komisch sein für Mitmenschen, mich so zu sehen. Doch die meisten beachten mich wieder nicht. Mein Rücken ist gerade, ich berühre fast die Stuhllehne und mein Blick ist stur auf den Tisch vor mir gerichtet, während in meinem Kopf der komplette Prozess von heute Abend durch meinen Kopf schreitet. Jede Situation, egal ob negativ oder positiv, zeichnet sich Schrittweise vor meinem inneren Auge ab und erst als der Lehrer durch die Tür stöckelt, komme ich wieder zurück in die Gegebenheit.

Das Klingeln der Schulglocke versetzt mich in ein kurzes Zucken, da ich sehr vertieft in meine Matheaufgabe war. Die Klasse springt auf und ich suche den Jungen mit den grünen Augen, welcher mir die Schule genauer zeigen wollte. Ich habe ihn schon zu Beginn der Stunde gesucht, doch ich hätte in eine riesen Menschenmenge gehen müssen und dazu war ich natürlich zu schüchtern. Während die Pause stattgefunden hat, saß er mit ein paar Jungs an einem Tisch und unterhielt sich prächtig über etwas, denn er lachte die ganze Zeit. Im Unterbewusstsein habe ich ihn beobachtet und da mein schlechtes Gewissen, ebenso wie meine Aufregung, welche von Stunde zu Stunde wächst, will ich mich endlich bei ihm entschuldigen. Zu schnell packe ich mein Material zusammen, denn als ich aufstehe fällt fast alles wieder zu Boden und verstreut sich. In meinem Kopf steigt die Hitze und als ich dann endlich alles in meine Tasche verfrachtet habe, verschwinde ich mit gesenktem Kopf aus dem Klassenzimmer. Bei meinem Spint angekommen atme ich aus und hoffe dass mich wieder niemand beachtet hat, denn sonst wäre das ziemlich unangenehm.

Als ich meine Spind-Tür schließe sehe ich ihn mit dem vorher genannten Jungs am Ende des Ganges stehen und wie sie sich gegenseitig voneinander verabschieden. Der typische Handschlag bildet sich und der unbekannte läuft die Treppe hinunter, welche zum Ausgang führt. Ich gehe ihm hinterher und beobachte ihn unauffällig. Die Art, wie er geht oder wie oft er sich durch die Haare streift und seine Nase rümpft ist erstaunlich.

Vor dem Eingang läuft er rechts die Straße entlang und wieder beobachte ich seine Muskeln, welche sich unter der kurzen Hose abzeichnen, während er läuft.

Ich versuche schneller zu laufen, was mir meine kürzen Füße schwer ermöglichen aber ich schaffe es und lege meine Hand auf seine Schulter. Er dreht sich um und sucht einige Zentimeter unter seinem Kopf meine Augen und als er diese dann gefunden hat leuchten seine grünen Augen auf.

»Bist du nicht das Mädchen welches mir sozusagen einen Korb gegeben hat?«, fragt er und zeigt mit dem Zeigefinger auf mich. Schämend und mit unangenehmen Gefühl im Bauch sehe ich ihn an und hoffe dass er es mir irgendwie verzeiht.

»Ich will mich bei dir entschuldigen. Als ich danach in mein Klassenzimmer getreten bin und Platz genommen habe, bekam ich ein schlechtes Gewissen.« Ich hole Luft. »Immer hin kenne ich dich nicht und andersrum genauso. Es tut mir leid dass ich dich so angefahren habe.«

Er möchte etwas sagen, doch daher dass ich noch nicht fertig bin mit meiner Entschuldigung, winke ich ab und fahre fort.

»Ich bin grundsätzlich jemand, die nur ihren engsten und besten Freunden, so wie Familie, vertraut und mit vielen anderen keinen Kontakt möchte, da ich schüchtern bin.«, gequält sehe ich auf meine Schuhe und dann wieder in das Gesicht des Fremden, wessen Namen ich immer noch nicht weiß.

»Möchtest du denn überhaupt jemanden kennenlernen?«, fragt der Grünäugige und fährt sich mal wieder durch die Haare.

Macht er das im Unterbewusstsein oder weiß er wie gut er währenddessen aussieht. Wenn er Nase rümpfend seine Haare nach hinten streicht und danach lächelt.

»Ja natürlich, aber ich bin viel zu befangen um fremde Personen anzusprechen.«

Ich höre ein Lachen von seiner Seite und schaue ihn verwirrend an. Habe ich etwas falsch gesagt, etwas im Gesicht oder hat er einfach eine lustige Vorstellung vor dem inneren Auge?

»Wieso lachst du?«, frage ich weiter verwirrt.

»Du bist zu schüchtern um mit jemanden eine Freundschaft zu schließen aber gehst mir hinterher damit du dich bei mir entschuldigen kannst, ohne mich wirklich zu kennen?«, grinsend betrachtet er mich, bevor er weiter redet. »Und der ganze Aufwand nur, weil du nicht wolltest dass ich dir die Schule zeige.«

Als er weiter in sein Lachen verfällt, zeichnet sich auf meinem Gesicht ebenfalls ein Grinsen ab und ich lache mit.

After The Sunset | h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt