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Als sich die Tür des Fahrstuhls öffnet, staune ich nicht schlecht. Ein minimaler Gang, der das Büro meines Vaters und den Fahrstuhl voneinander trennt, zeichnet sich vor mir ab und dahinter befindet sich eine Reihe von Glasfenstern, in mitten eine Tür zu dem Büro meines Vaters. Auch dieses hat viele Glasfenster, wobei ich mir sicher bin, dass er in hellen Sommernächten kein Licht braucht. Dahinter befindet sich ein großer Teil - fast schon eine Skyline - von London. Der Schreibtisch steht tatsächlich dort, wo meine Mum und ich es am besten fanden, und auch das Regal hat seinen Platz gefunden. An einer großen, freien Wand hängt ein riesiges und selbstgemaltes Gemälde, das mein Dad noch von Irland mitgebracht hat. Die Wände sind weiß gehalten und einzig die Möbel machen den Raum farbig. Es ist schlicht, aber nobel und modern.

Ich gehe zu der Glastür und öffne diese, damit ich ins Innere des Büros kann. Eigentlich dachte ich immer, das man eine Sekretärin vor dem Büro hat, damit sie den Papierkram - in diesem Fall von meinem Dad - erledigt. Am liebsten würde ich ihm den ganzen Tag helfen wollen, ohne dass ich an die Schule denken muss. Wenn ich achtzehn wäre und hier schon arbeiten könnte, als Rechtsanwaltgehilfin, so könnte ich ihm eine Menge Arbeit abnehmen und würde neue Mitarbeiter und Mandanten suchen.

»Da bist du ja.«, höre ich die Stimme meines Dads und drehe mich um. Er kommt gerade zur Tür herein, nicht zu übersehen mit einen rießen Stabel Papier.

»Hallo Dad.« Lächelnd sehe ich ihn an. »Ich bin ab jetzt deine nicht volljährige Rechtanwaltgehilfin und stehe dir zu Diensten.« Meine Stimme gleicht die eines Soldaten und ich stelle mich kerzengerade hin, das alles natürlich nur aus Spaß. Als er lacht und sich auf seinen Bürostuhl setzt, lasse ich mich auf dem Sessel vor seinem Schreibtisch nieder. Mein Dad trägt einen schwarzen teuren Anzug und eine schlichte Krawatte. Seine Haare sind wie immer und seine Brille auf der Nase - welche er meistens nur zum Arbeiten benutzt - legt er neben sich in die Brillenschachtel, damit er diese gleich schließen kann.

»Sag schon Dad. Was kann ich tun?«, frage ich und sehe ihn abwartend, aber freundlich, an.

»Ich habe heute noch zwei Bewerbungsgespräche und hier einigen Papierkram..« Er zeigt mit einem Nicken auf den Stabel vor sich. »Du könntest dich an den Tisch vor meinem Büro hinsetzen und den Papierkram machen. Ich gebe unten Bescheid dass du dort sitzt und wenn die Bewerber kommen, kann sie diese zu dir hochschicken. Du sagst mir dann Bescheid und dann kannst du mit deiner Arbeit weitermachen.«

»Vor dem Büro ist aber kein Tisch« Meine Aussage klang eher wie eine Frage und mein Dad setzt ein Grinsen auf, gleichzeitig drückt er einen Knopf auf irgendeiner schwarzen Fernbedienung. Sofort höre ich ein leises Summen und drehe mich staunend zu dem Flur um. Langsam wird ein kleiner Tisch aus der Wand gefahren und mein Vater sieht mich grinsend an. Ohne etwas zu sagen, stehe ich auf und öffne die Glastür, damit ich mit leicht geöffnetem Mund auf den - jetzt sehbaren - Tisch gucken kann. Etwas unrealistisch, aber das ist gerade tatsächlich passiert.

»Wow.«, ist das einzige was ich gerade sagen kann und starre in das lachende Gesicht meines Dads. Dieser drückt mir aber einen Moment später den Papierstapel in die Arme und weist mich nach draußen.

»Gestalte dir deinen Arbeitsplatz so wie du möchtest. Fühl dich wie zu Hause!«

Ich bedanke mich bei Dad und setze mich an den Tisch, der mit dunkelbraunen Holz aufleuchtet. Den Stabel Papier lege ich direkt vor mir ab und sehe mich erstmal um. In den Schubladen ist nichts; kein Tacker, kein Stift oder irgendein Block - auf dem ich mir wichtige Dinge aufschreiben kann. Deshalb stehe ich wieder auf und mache mich auf schnellen Weg zu einem Schreibwarengeschäft, damit ich mir dort einige Dinge - die ich brauche - besorgen kann. Als ich fündig wurde, betrete ich das Geschäft zügig, damit niemand merkt dass ich weg bin, und lege das nötigste in den Korb. Nachdem ich bezahlt habe und bereits wieder bei meinen Arbeitsplatz angekommen bin, sortiere ich alles in meine Schubladen und Schränke ein. Ein wenig Dekoration habe ich natürlich auch gefunden und sofort mitgebracht. Als ich zehn Minuten später alles sicher verstaut habe, mache ich mich an den Papierkram. Es ist ein mindestens zehn Zentimeter hoher Stabel, welcher mit Rechnungen, Post die geöffnet werden muss, und mit ausgedruckten E-Mails enthalten ist.

Stunden verbringe ich damit die verschieden Rechnungen und E-Mails zu sortieren und abzuarbeiten. Durch die frühere Arbeit mit Dad habe ich schon einige Übung damit und kenne mich einigermaßen aus. Öfters hatte ich auch Hilfe meiner Mutter, denn sie ist ab und zu in das Büro meines Dads spaziert und dann hatte ich die Gelegenheit sie eben zu fragen.

Die Anlage, mit der ich zu der Assistentin unten in der Lobby sprechen kann, piept und blinkt rot auf. Das heißt soviel wie »Ich bekomme einen Anruf«, deswegen lasse ich meinen Finger gedrückt auf einen der Knöpfe und höre was sie zu sagen hat.

»Ein Bewerber ist gerade auf den Weg nach oben.«, sagt sie und danach höre ich nichts mehr. Sie hat sicherlich noch andere Dinge zu tun, als mit mir über diese Anlage zu sprechen. Meine Augen wandern zu dem Fahrstuhl, bei welchem angezeigt wird, in welchem Stock er ist. Kaum macht es dieses Geräusch, dass der Fahrstuhl angekommen ist, wandern meine Augen wieder dorthin und sofort erstarre ich.

After The Sunset | h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt