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Meine Eltern sind beide zu Hause als ich ins Haus trete. Mein Vater sitzt noch in seinem Arbeitszimmer und ich bin auch nicht zu ihm gegangen, damit ich ihn begrüßen kann. Meine Mutter kocht gerade noch für uns.

»Die Prüfung lief ganz gut.«, sage ich, lasse mich an einem Barhocker am Tresen in der Küche nieder.

»Freut mich!«, antwortet Mum und lächelt mich schnell, aber kurz, an. Sie sieht gestresst aus und ich bin mir sicher, dass sie heute wieder im Büro war. Nachdem wir also wieder aßen, gehe ich in mein Zimmer und schreibe Blair eine Nachricht.

Prüfung lief gut. Essen mit Dad wird anstrengend.

Seitdem wir telefoniert haben, versuche ich mich regelmäßig bei ihr und den anderen zu melden. Nicht dass es schwer wäre, es tut gut wieder mehr Kontakt mit ihnen zu haben. Bruce habe ich schon versucht anzurufen, aber er nahm den Anruf nicht an. Bisher weiß ich noch nicht, was mit ihm los ist. Die Befürchtung dass er sich von uns abweist und wir uns alle auseinander leben, wird immer größer. Wenn meine Eltern es erlauben, möchte ich in nächster Zeit - nach den Prüfungen -, nach Irland fliegen, oder meine besten Freunde kommen zu mir. Eins von beiden muss funktionieren, denn ich muss sie sehen. Alle drei zusammen - Blair, Esme und Bruce.

Ich bin bereits fertig, als wir um halb acht ins Auto steigen und zu dem Geschäftsessen fahren. Eine weiße Bluse und ein schwarzer Rock schmückt meinen Körper. Meine Mutter sagte, so sehe es vornehmer aus, als eine blaue Jeans mit einem normalen Oberteil. Stimmt zwar, ist aber total unbequem. Obwohl ich immer noch Rechtsanwaltsfachangestellte werden möchte, kann ich mir das nicht vorstellen. Jeden Tag in teuren, unbequemen Klamotten und irgendwelchen Schuhen, mit Absätzen. Dads Kollegen kommen zur selben Zeit bei dem Restaurant an, wie wir.

»Schönen Abend.«, wünschen sie sich gegenseitig und betreten mit uns das Gebäude. Mit Dad sind es noch vier weitere Männer, in schwarzen Anzügen. Alle haben eine Frau dabei - welche ebenfalls wie meine Mutter -, ein hautenges, schlichtes Kleid tragen. Eine Bedienung führt uns zu dem reservierten Tisch. Das Restaurant sieht sehr nobel aus - von innen wie von außen. Es gibt eine Absperrung hinter dem Eingang, denn anscheinend kommen hier nur Leute mit einer Reservierung herein. Und bestimmter Kleidung, denn das Restaurant ist so teuer, dass man nur mit einem bestimmten Dresscode hinein darf. unser Tisch steht in einem einzelnen Raum, abgesperrt von allen anderen. Nach dem Dinner, bestellt einer der Männer - Mr Stevens -, Sekt für alle, inklusive mir. Mum sagt, Dad will nun etwas verkünden. Etwas was bisher nur Dad weiß, nicht einmal Mum weiß von seiner Ankündigung. Dad steht für seine Ankündigung auf und sieht mir direkt in die Augen.

»Liebe Damen und Herren, meine liebe Tochter Marisa Carpenter. Auf welche ich sehr stolz bin, was sie bisher alles gemeistert hat...« Er zögert bevor er weiter redet. »Wird meine Firma übernehmen und in meine Fußstapfen treten. Sie wird das neue Gesicht meiner Firma.« Dad erhebt sein Glas, damit er mit den anderen Männern anstoßen kann. Ich starre meinen Vater aus kalten Augen an. In diesem Moment ist es mir egal, ob einer seiner Kollegen meinen geschockten und kalten Blick sieht. Dad bestimmt einfach über mein Leben. Die Sprache bleibt mir in meinem Rächen hängen und hilflos sehe ich zu Mum. Sie sieht genauso geschockt aus, dennoch stößt sie mit den anderen an.

Nachdem sich alle wieder beruhigt haben und Dad sich wieder neben mich nieder ließ, flüsterte ich ihm zu, was das sollte.

»Das war schon seit Gründung dieser Firma bekannt, sogar deiner Mutter. Sie wusste nur nicht, dass ich es heute verkünden würde. Es war schon immer so, dass immer das älteste Kind die Firma übernehmen würde.«

After The Sunset | h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt