Nineteen • DER SEE

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Das waren die schwersten 104 einhalb Minuten meines Lebens gewesen. Während ich mit meinem Dad redete und ihm alles erzählte, was mir so auf dem Herzen lag, lag er dort in seinem Bett und hörte mir mit geschlossenen Augen zu. Das hoffte ich zumindest. Er rührte sich nicht und auch als ich ihm vorsichtig mit einem Lappen über das Gesicht wischte, zeigte er keine Reaktion.

Die Schwester erzählte mir in allen Einzelheiten, was genau mein Dad hatte und wie schlecht es eigentlich um ihn stand. Er hatte zahlreiche innere Blutungen und durch den starken Blutverlust konnte sich sein Körper nur sehr langsam erholen. Dazu kam noch ein Schädelhirntrauma und die gebrochenen Knochen. All dies waren die Resultate daraus, dass es mit voller Wucht durch die Frontscheibe auf das andere Auto geschleudert worden war. Ich wollte es mir gar nicht vorstellen und verdrängte die Bilder in meinem Kopf gleich wieder.

Als ich mit echt beschissener Laune dann nach Hause fuhr, also zurück zu El. Sie wartete dort schon auf mich. Naja, eigentlich telefonierte sie grad mal wieder mit Louis, deswegen lief ich einfach an ihr vorbei in Harrys Zimmer, wo ich mich auf das Bett fallen ließ und die Augen schloss. die Tränen flossen trotzdem und obwohl ich schluchzte, konnte ich El vor meiner Tür hören.

"Ja, sie ist grad nach Hause gekommen. Nein, du kannst Harry sagen, dass er ihr das selber sagen kann. Ja, ich dich auch."

Dann klopfte es leise an meine Tür. Doch ich ignorierte es. Ich wollte jetzt niemanden sehen oder sprechen, oder irgendetwas anderes tun.

"Geh weg." nuschelte ich in das Kissen, doch El ignorierte mich. Sie setzte sich neben mich aufs Bett und strich mir sanft über den Rücken.

"Nein, du brauchst jemanden zum reden. Wie geht es deinem Dad?" sie hatte Recht. Ich musste mit jemandem darüber reden, aber ich wusste nicht wie.

Mein Leben drehte sich grade so verflixt schnell im Kreis und es geschah so viel auf einmal, dass ich es selber nicht verarbeiten konnte. Ich setzte mich auf und sah zu El.

"Ich weiß," gab ich zu und bemühte mir ein leichtes Lächeln ab.

"aber ich brauch erst mal etwas Ruhe. Ich erzähl dir später alles ja?" El lächelte zurück und nickte. Sie nahm mich noch einmal in die Arme und verließ dann den Raum. Ich musste erstmal nachdenken, aber das konnte ich hier nicht. Irgendwie schlichen sich immer andere Gedanken in meinen Kopf und ich hatte keine freie Minute. Ich musste hier raus. In Jogginghose mit nichts weiter als meinem Handy, einer Jacke und Harrys Autoschlüssel bewaffnet ging ich nach draußen und ließ mich auf den warmen Sitz des Audis fallen. Ich fuhr los, zu einem Ort, an dem ich lange nicht mehr gewesen war. Es wurde schon leicht dunkel, als ich dort ankam. Und genau zu der Zeit war es dort am schönsten.

Gemütlich ging ich am Ufer des Sees entlang und genoss die Stille und die frische Luft. Niemand störte mich hier, auch nicht die Pärchen, die händchenhaltend an mir vorbei schlenderten. Nachdem ich El Bescheid gesagt hatte, dass ich weg war steckte ich mein Handy wieder weg und suchte mir einen Platz, an dem ich allein sein konnte.

Auf einen Steg, der fast so aussah wie der, auf dem Harry und ich bei unserem Date gesessen hatten, setzte ich mich hin und ließ meine Füße im Wasser baumeln. Es war kalt und doch eine schöne Erfrischung im Vergleich zu der relativ warmen Luft.

Früher waren wir oft hergekommen, fast jeden Sommer. Dad hatte immer das große Haus direkt am See gemietet und dann hatten wir dort in den Ferien immer 4 Wochen verbracht. Mit meiner Familie und Josh oder Mara. Mara, meiner besten Freundin der ich seit Wochen auswich und Josh, meinem ehemaligen besten Freund, den ich nie wieder sehen wollte. Beiden antwortete ich nicht und auch wenn sie mir fehlten, war es besser so. Ich hatte ja noch El und die Jungs.

Keep Calm and hate One Direction (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt