Sixty Nine • DAS WAHRE SEIN

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Die nächsten Tage wurden ziemlich ruhig. Zwar schlief ich immer neben Harry ein und wachte neben ihm auf, doch mehr Zeit verbrachten wir kaum miteinander. Ich versuchte so gut es ging, einfach mein altes Leben weiter zu führen. Denn vor den Jungs hatte ich ja auch ein Leben gehabt und es ohne sie ausgehalten. Ich besuchte meine Familie, ging mit alten Freunden shoppen, kaufte ein und richtete den Keller des Hauses ein. Harry war es Recht, dass ich dort mein eigenes Reich errichtete. Während er also im Studio stand und die neuen Songs aufnahm, wie zum Beispiel den, den er mir im Auto gezeigt hatte, saß ich im Keller, baute Möbel auf, strich die Wände, hörte dabei laut Musik und ließ Coco und Josh ihre angebotene Hilfe ausüben. Die zwei halfen mir echt gut und langsam fing ich an, mich wieder wie im alten Leben zu fühlen. Abends fiel ich immer todmüde ins Bett und schlief schnell ein. Harry kam meistens später.

Nach drei Tagen war der Keller in freundlichen Farben gestrichen, die Möbel standen zwar noch kreuz und quer, waren aber immerhin schon aufgebaut. In dem großen Raum war es jetzt wärmer, weil Josh die Heizung repariert hatte.
"Danke, ihr zwei. Ohne euch hätte das Wochen gedauert." lachte ich und trank einen Schluck Wasser.
"Kein Ding." sagten beide und setzten sich zu mir. Coco grinste breit und sah mich schon die ganze Zeit so komisch an.
"Was ist? Hab ich Farbe im Gesicht, oder was?" lachte ich und grinste unsicher.
Coco schüttelte den Kopf und sah hinter mich. Ich drehte mich um und vor mir stand Harry. Quitschend sprang ich auf und fiel ihm um den Hals.
"Wieso hast du nicht gesagt, dass du jetzt schon wieder kommst?" fragte ich und küsste seine weichen Lippen. Harry seufzte und hob mich leicht hoch.
"Damit es eine Überraschung ist, genau wie das!" sagte er und hielt mir eine kleine Schachtel hin. Ich war erstaunt, weil ich damit nicht gerechnet hatte und wurde etwas nervös.
"Harry...." murmelte ich und nahm sie aus seiner Hand. Wir setzten uns zu den anderen, langsam öffnete ich die kleine Schleife und zog den Deckel auf.
Wie bei der ersten Schachtel die er mir geschenkt hatte, war dort ein kleiner Schlüssel drin, dieser war golden.
"Mein Herz gehört dir ja schon, also gibt es nicht mehr viel, wozu dieser kleine Schlüssel passen könnte." sagte Harry und tat mit seinen Fingern so, als ob er Klavier spielen würde. Natürlich, der Flügel! So schnell ich konnte lief ich die Treppe hoch ins Musikzimmer. Ich schmiss mich auf den Klavierhocker und versuchte mein Glück, doch er passte nicht.
Schmollend drehte ich mich um und entdeckte die anderen drei im Türrahmen stehen.
"Der passt ja gar nicht." Harry lachte und deutete mit dem Kopf nach rechts. Verwirrt und noch nervöser stand ich auf und folgte ihm an seiner Hand nach draußen. Vor der Tür stand ein riesiger Lastwagen.
"Geh schon, er ist offen." sagte Harry, doch ich zog ihn mit, weil ich ja keinen blassen Schimmer hatte, was mich erwartete.
Nervös lunzte ich in den großen Transporter und erschrak, weil er leer war.
"Harry, das ist nicht lustig, verdammt." motzte ich und verschränkte die Arme.
"Sorry, aber sie waren wohl schneller als ich dachte. Dann müssen wir wohl doch wieder nach unten gehen." Dieses Mal ging ich langsamer, obwohl ich vor Nervösität fast platzte und lief vor Harry die Treppen runter zurück in den Keller.
Und dort stand er. Nicht so groß wie der oben, aber tausend Mal schöner.
Ein kleiner, schwarzer Flügel.
Kreischend lief ich hin, öffnete die Schublade mit dem Schlüssel und fuhr mit den Fingerspitzen über die Tasten.
"Gefällt er dir?"
"Ob er mir gefällt? Ich LIEBE ihn!!!!" quikte ich und fing dabei fast an zu weinen. Harry setzte sich neben mich auf den Stuhl und fing leise an zu spielen.

Die ganze Nacht spielten wir. Mal alleine, mal zu zweit und dann gab es Minuten in denen wir nicht spielten, sondern uns einfach nur verliebt in die Augen starrten. Um kurz nach Mitternacht ging Harry schlafen. Coco und Josh waren schon vor ner Ewigkeit verschwunden, also saß ich im Keller alleine. Irgendwann früh morgens klappte ich die Schublade zum, verschloss sie und ging grinsend mit dem Schlüssel in der Hand nach oben. Ich kuschelte mich an Harry und schlief glücklich und zufrieden ein.

Der nächste Morgen ging mir zu schnell, weil Harry durch das Haus flitzte und sein Handy suchte. Noch viel zu müde für so etwas setzte ich mich in die Küche und rief ihn mit meinem Handy an. Plötzlich klingelte es hinter mir. Verwirrt drehte ich mich um, stieg von der Ablage und folgte dem Geräusch. Das konnte jetzt aber nicht sein Ernst sein!?
Ich öffnete den Kühlschrank und was sah ich da? Harrys Handy das direkt neben ein paar Tomaten lag. Grinsend legte ich auf, nahm es heraus und drehte mich zu Harry, der erleichtert in der Tür stand.
"Wie - ?" fragte ich nur und gab es ihm.
"Ich bin gestresst." sagte er mit einem halben Lächeln und verschwand wieder aus der Küche. Ich nahm mir erst einmal einen Kaffee, pflanzte mich aufs Sofa und schaltete den Fernseher an.
Harry kam in den Raum, küsste mich auf die Wange und zog sich im Gehen seine Jacke an.
"Bis später, Schatz." rief er noch und dann war er verschwunden.
Ich fand es zwar beneidenswert, wie viel die Jungs an dem neuen Album arbeiteten, aber jetzt grade nervte es einfach nur. Ohne richtigen Job und ohne beste Freundin wusste ich einfach nicht, was ich den ganzen Tag machen sollte. Mara hatte mir zwar geschrieben, aber ich wollte nicht antworten, nicht nach all dem, was sie mir an dern Kopf geworfen hatte. Auf solche Freunde konnte wirklich jeder verzichten - und ich sowieso.
Noch immer Schlafanzug tappste ich in die Küche um meine Tasse weg zu bringen, ging dann durch den Flur, Richtung Treppe, als es plötzlich klingelte.
Erst wollte ich mir schnell noch was überziehen, weil mein "Schlafanzug" nicht sehr viel Stoff war, doch dann klingelte es erneut und ich ging einfach so zur Tür.
"Guten Morgen." sagte Josh und umarmte mich.
"Oh, Morgen. Was machst du denn hier?" fragte ich und ließ ihn rein.
Ohne auch nur ein Teil auszuziehen lief er schnurstracks ins Wohnzimmer und setzte sich aufs Sofa.
Verwirrt und verwundert, was er hier machte, tat ich es ihm gleich.
"Ich wollte dich mal besuchen." Er war fröhlich und grinste die ganze Zeit über. Und das war selbst für Josh ziemlich eigenartig.
"Aber du warst doch gestern hier." lachte ich. Er nickte und rutschte etwas zur Seite, als ich mich neben ihn setzte.
"Ist Harry nicht da?" ich schüttelte traurig den Kopf. Josh nahm mich in den Arm um mich zu trösten und ich musste zugeben, dass es ein angenehmes Gefühl war. Fast wie in alten Zeiten.
Als er mich nach einer Weile los ließ, lächelte ich ihn dankbar an und wischte mir die einzelne kleine Träne aus dem Augenwinkel.
"Scheiße, wenn der Freund so beschäftigt ist, hm?" wieder nickte ich und putzte mir die Nase.
"Das ist es nicht mal. Jetzt wo ich mich so mit Mara gestritten habe, fühle ich mich dann oft so alleine." schüttete ich Josh mein Herz aus.
"Jetzt hast du ja mich." Sein Lächeln war so -
Plötzlich lagen seine Lippen auf meinen. Ich stämmte meine Hände gegen seine Brust und drückte ihn weg. Zumindest versuchte ich es. Er war bei Weitem stärker als ich, was er sich zu nutzen machte. Dann endlich schaffte ich es und sprang von ihm weg vom Sofa.
"Was soll das denn? Ich denke du bist schwul!?" schrie ich und wischte mir dem Mund ab.
Jetzt sprang auch Josh auf und starrte mich verwirrt an.
"Wieso das denn?"
"Weil DU es mir gesagt hast!!!" ich lief von ihm weg ins Schlafzimmer, wo ich mir schnell einen Pulli und eine Jogginhose anzog, damit ich mir nicht mehr so anckt vor kam.
Leise klopfte es an der Tür.
"Es tut mir leid Toni. Ich bin nicht schwul. Keine Ahnung, wieso ich dir das gesagt habe, aber ganz ehrlich, das hättest du auch merken können."
Ich drehte mich zu ihm um und blitzt ihn wütend an. Ich war wütend, ziemlich wütend. Jetzt gab er mir an alle dem hier auch noch die Schuld?!
"Ist das dein verdammter Ernst? Wenn mein bester Freund mir sagt, dass er schwul ist, dann akzeptiere ich dann und hinterfrage es nicht! Was denkst du eigentlich wer du bist? Weißt du, was Harry mit dir macht, wenn er das erfährt?" schrie ich und schubste ihn zur Seite. Wütend lief ich zurück ins Wohnzimmer und wartete dort auf ihn.
Josh kam direkt hinter mir in den Raum und blieb nicht ein oder zwei Meter von mir entfernt stehen, sondern höchstens 10 Zentimeter. Sturkopf wie ich nun mal war, blieb ich stehen und sah ihn nur weiter mit einem Blick an, bei dem er, wenn Blick hätten töten können, auf der Stelle tot umgefallen wäre.

Dieses Mal machte Josh es noch schneller, als eben.
Er überwand die kurze Distanz, presste seine Lippen auf meine und hielt mich mit seinen Armen so umschlungen, dass ich mich keinen Millimeter rühren konnte.
Ich presste meine Lippen aufeinander, damit er aufgeben würde, doch er zwang mich dazu sie zu öffnen, indem er meine Handgelenke so fest aneinander drückte, dass ich vor Schmerz aufquikte.
Ich drehte und wendete meinen Kopf von ihm weg, aber es half alles nichts.
Josh küsste mich immer wieder, wanderte meinen Hals entlang und hinterließ dort sogar einen Knutschfleck. Ich hatte keine Angst - mich erfasste die pure Panik!!!
Ich fühlte mich hilflos und langsam würde mir sogar übel, als er auch noch anfing mich auszuziehen.
"Jetzt zeige ich dir, wer ich wirklich bin!" flüsterte er in mein Ohr und lachte heiser.


Keep Calm and hate One Direction (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt