Ninety Six • DAS ALTE

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Meine Augenlider flatterten, als ich sie vorsichtig öffnete und in das helle Licht sah. Das erste was ich erkannte, war die Lampe, die mir mitten ins Gesicht schien. Dann sah ich, dass es immer noch dunkel draußen war und als ich mich dann aufsetzte, erkannte ich, was hier eigentlich los war.
Ich wischte mir den Schlaf aus den Augen und schlich auf Zehenspitzen aus dem Schlafzimmer. Ich öffnete und schloss die Tür so leise es ging und tapste die Treppe runter. Barfuß konnte nicht mal ich selber mich hören, also würde ich mit Sicherheit unentdeckt bleiben. Wie ein Indianer auf geheimer Mission versteckte ich mich hinter einer Ecke und spähte in die Küche. Es war dunkel. Nur das Licht des Kühlschrankes ließ den Raum und die Person, die vor ihm stand, erleuchten. 
Ganz vorsichtig betrat ich den Raum und stellte mich hinter ihn. Seine dunklen Boxershorts waren das einzige, was mich nicht blendete. Ich hob meine Hände und als er den Kühlschrank schloss und sich anschließend umdrehte, erschrak ich ihn fast zu Tode.
"Buh!" kicherte ich und hielt mir vor lachen die Hand vor den Bauch. Niall ließ vor Schreck seinen Joghurt fallen und sprang einen guten Meter zurück.
"Verdammt El, du kannst mich doch nicht mitten in der Nacht so erschrecken! Scheiße!" fluchte Niall und nahm sich die Küchenrolle von der Arbeitsfläche, um sein Essen weg zu wischen.
"Sorry." murmelte ich, immer noch lachend und half ihm dann den Dreck weg zu machen. 
Während wir versuchten, das gröbste aufzuwischen, hörte ich Niall ein leises Biest fluchen und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. 
"Jetzt, wo du mein Essen ruiniert hast, muss ich wohl was anderes zum Mitternachtssnack vernaschen..." flüsterte er und lachte rau. Ich bekam sofort eine Gänsehaut und als ich realisierte, was er eben gesagt hatte, sah ich ihn panisch an und lief dann weg. Er rannte mir sofort hinterher und packte mich schon wenige Meter vor der Küche an der Hüfte. 
"Ey, Niall." Niall lachte nur und küsste mich sanft. Ich spürte ihn lächeln und konnte nicht anders, als meine Finger in seinem Haar zu vergraben. Obwohl es eine aufgeheizte Situation war, war er wie immer sanft und schien es zu genießen. So wie ich.

"Oh, sorry Leute." ich drehte meinen Kopf nach rechts und sah grade noch, wie Louis um die Ecke verschwand. Den hatte ich glatt vergessen. Nach dem witzigen Abend bei Liam hatten wir nämlich Louis und Zerrie mit zu uns genommen, weil sie nicht mehr nach Hause fahren konnten. Jetzt schliefen sie im Gästezimmer, zu dritt. Aber anscheinend hatte Louis auf dem Sofa geschlafen und wir hatten ihn geweckt. Mist. Zwar hatte er gesagt, dass es ihm Recht war und dass er es uns gönnte, aber ich hatte das ungute Gefühl, dass dem nicht ganz so war...
"Lass uns ins Bett gehen." raunte Niall und küsste meinen Hals erneut. Doch ich konnte mich nicht auf seine Berührungen konzentrieren. Denn irgendwie hatte ich mit Louis noch nicht ganz abgeschlossen.
"Geh schon mal vor, ich hol mir noch schnell ein Glas Wasser." Niall zögerte und ging dann doch vor. Er wusste, dass ich log. Trotzdem ging er.
Langsam ging ich in Richtung Wohnzimmer und suchte es nach Louis ab, doch ich fand ich nicht dort, sondern musste der Musik folgen, die leise durch das Appartement floss.
Louis saß am Klavier, das durch die Fensterwand vom Mondlicht angestrahlt wurde und spielte leise. Ich setzte mich auf den Sessel, der an der Wand stand und sah ihm einfach zu. Er blickte nicht auf, spielte einfach weiter und ignorierte, dass ich anfing mitzusummen. 
"Wie heißt das Lied?" fragte ich, als er die Finger von den Tasten nahm und den Kopf hob. Louis lächelte, doch sah dabei nicht fröhlich aus, weil es nicht seine Augen erreichte.
"Fix You, ist von Coldplay. Magst du es?" fragte er leise und legte eine Hand wieder auf die Tasten. Ich nickte und schwieg, als er es erneut spielte und dieses Mal etwas lauter mit sang. Schon beim zweiten Refrain sang ich leise mit und auch wenn ich nicht so gut singen konnte (eigentlich gar nicht), ließ Louis es zu und sah zwischendurch immer wieder zu mir rüber.
Das komische war, dass es in diesem Moment wieder wie früher war. Wir hatten es öfter gemacht, dass er am Klavier gesessen hatte und mir etwas vorgespielt hatte und irgendwie fehlte es mir etwas.

Das einzige komische an der Situation war, dass ich mir, auch wenn ich wusste, dass ich mit Louis noch nicht ganz abgeschlossen hatte, die ganze Zeit über vorstellte, wie er mich auf seinen Schoß ziehen und einfach küssen würde. So, wie er es damals getan hatte. Und das alles, obwohl ich jetzt irgendwie mit Niall zusammen und mehr als glücklich war.
"Woran denkst du?" fragte Louis leise und schloss den Klavierdeckel. Irgendwie stimmte es mich traurig, dass er aufhörte zu spielen. Aber es war auch gut, weil ich dann nicht auf andere komische Gedanken kommen konnte.
"Hm?"
"Du hattest wieder diesen Blick drauf, den du immer hast, wenn du an etwas denkst, was man lieber niemandem anders erzählt." ich spürte, wie ich rot wurde und Louis' Lachen machte es nicht besser. Trotz dieser peinlichen Situation stand ich auf, ging zu ihm und setzte mich neben ihn auf dem Klavierhocker. Erst schwiegen wir, doch dann fand ich den Mut, es ihm zu sagen.
"Ich bin glücklich Lou. Mit Niall als festen und dir als normalen Freund. Auch, wenn es mir immer noch schwer fällt." sagte ich leise und sah auf meine Hände. Nach einer so langen Beziehung konnte man eben nicht mal so von Liebe zu Freundschaft umschalten, ohne, dass es komisch wurde. 
"Weiß ich doch. Ich sehe es dir an." er legte seine Hand auf meine und als ich auf sah, lächelte er mich an. Dieses Mal war es ein aufrichtiges Lächeln. So eins, was mir irgendwie gefehlt hatte.
"Schön, dass du wieder glücklich bist." flüsterte Louis und sah geradeaus aus dem Fenster.
"Was für eine schöne Nacht." seufzte ich und lehnte meinen Kopf an Louis' Schulter. Er lehnte seinen Kopf an meinen und seufzte ebenfalls.
Es war ruhig und ich konnte Niall schnarchen hören.  Deswegen kicherte ich leise und hab den Kopf.
"Was ist?" fragte Lou und lachte ebenfalls, als ich mit dem Kopf in Richtung Schlafzimmer deutete, weil er verstand, was ich meinte.
"Ich war so dumm." ich sah zum ihm auf und blickte ihn verständnislos an. Wieso? Wie kam er jetzt darauf? Und was genau meinte er?
Louis nahm meine Hand in seine und fuhr sanft mit seinem Daumen über meinen Handrücken.
"Wie konnte ich nur so dumm sein und dich gehen lassen." ich schluckte. Wieso ausgerechnet JETZT? Wieso in einem Moment, in dem ich so instabil und kurz davor war, etwas sehr, sehr dummes zu tun?
 Ich sagte nichts. Denn was sollte ich denn bitte auch schon in so einer Situation sagen?
Ja?
"Und jetzt ist es zu spät. Dein Herz gehört jemand anderem und ich bin zurecht dazu verdammt, euch bei eurem Glück zu zu sehen." es klang traurig, wenn er es so sagte und ich bekam ein schlechtes Gewissen.
"Lou, es tut -"
"Es muss dir nicht Leid tun. Ich bin ja selber Schuld." sagte er und lächelte mich an. Und schon wieder reichte es nicht bis zu seinen Augen. 
Ich sah von ihnen weg. Fehler.
Anscheinend dachte Lou, dass ich auf seine Lippen geguckt hatte, denn nur wenigen Sekunden später, presste er sie auf meine. Geschockt von dieser Reaktion seinerseits lehnte ich mich zurück und versuchte ihn  von mir zu drücken, doch er war stärker. Und nur wenige Millisekunden später gab ich nach.
Lou stöhnte kurz auf, als ich den Kuss erwiderte und sogar noch vertiefte. Er zog mich langsam auf seinen Schoß und presste mich an sich.
Doch dann ließ er mich los und sah mich schwer atmend an. 
"Das war der schönste letzte Kuss den ich je hatte."


Keep Calm and hate One Direction (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt