Kapitel 3: Der sprechende Hut

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Professor McGonagall, eine streng aussehende Frau, die sich als Hauslehrerin von Gryffindor herausstellen sollte, brachte sie in die große Halle, wo die Auswahlzeremonie und das Eröffnungsfest stattfinden sollten. Von einem Ort wie diesem hatte Harry bisher noch nicht einmal geträumt. Tausende Kerzen schwebten über ihnen und über den vier Tafeln, an denen die älteren Schüler saßen. Die Tische waren mit schimmernden Goldtellern und Kelchen gedeckt. Am Ende der Halle stand noch ein langer Tisch, an dem die Lehrer saßen. Dorthin wurden sie von McGonagall geführt.

Hunderte von Gesichtern starrten sie an, Geister schwebten dunstig zwischen den Schülern. Harry bemerkte, dass einige ihren Blick auf ihn gerichtet hatten. Um den Blicken zu entgehen, starrte er an die Decke, die aussah, als würde sie direkt den Sternenhimmel zeigen. „Pistoletti hat mir erzählt, dass sie so verzaubert ist, dass sie den Himmel über Hogwarts zeigt", flüsterte Daphne, die plötzlich wieder neben ihm stand. Harry wandte den Blick nach vorne, als Professor McGonagall einen vierbeinigen Stuhl vor die Erstklässler stellte - auf den Stuhl legte sie einen verschlissenen, ziemlich schmutzigen Hut. Draco hatte ihm in den Booten erzählt, dass sie ihn aufsetzen mussten und so den Häusern zugeteilt werden würden. Sie hatten sich über Hermine Granger amüsiert, die im Nebenraum noch einmal nervös alle Zaubersprüche durchgegangen war, die sie bisher gelernt hatte.
Einen Herzschlag lang war vollkommene Ruhe in die Halle eingekehrt. Nicht einmal ein flüstern war zu hören, als der Spitzhut zu singen begann.

„Ihr denkt, ich bin eine alter Hut,
mein Aussehen ist auch gar nicht gut.
Dafür bin ich der Schlauste aller Hüte,
und ist's nicht wahr, so fress' ich mich, du meine Güte!

Alle Zylinder und schicke Kappen
sind gegen mich doch nur Jammerlappen!
Ich weiß in Hogwarts am besten Bescheid
und bin für jeden Schädel bereit.
Setzt mich nur auf, ich sag' euch genau,
wohin ihr gehört - denn ich bin schlau.
Vielleicht seid ihr in Gryffindor, sagt euer alter Hut,
denn dort regieren, wie man weiß, Tapferkeit und Mut.

In Hufflepuff hingegen ist man gerecht und treu,
man hilft dem andern, wo man kann, und hat vor Arbeit keine Scheu.

Bist du geschwind im Denken, gelehrsam auch und weise,
dann machst du dich nach Ravenclaw, so wett' ich, auf die Reise.

In Slytherin weiß man noch List und Tücke zu verbinden,
doch dafür wirst du hier noch echte Freunde finden.

Nun los, so setz mich auf, nur Mut,
habt nur Vertrauen zum Sprechenden Hut!"


Nachdem der Hut sein Lied geendet hatte, begann McGonagall mit dem verlesen der Namen.
„Abbott, Hannah"
Ein Mädchen mit rosa Gesicht und blonden Zöpfen stolperte aus der Reihe hervor, setzte sich den Hut auf, der ihr über die Augen rutschte und ließ sich auf dem Stuhl nieder. Einen Moment geschah nichts, dann rief der Hut: „Hufflepuff!"
Draco schnaubte. „Ich glaube, wenn ich nach Hufflepuff kommen würde, würde ich vor Scham im Erdboden versinken." Der Tisch zur Rechten johlte und klatschte, als sich Hannah zu ihnen setzte. Als nächsten wurde Susan Bones aufgerufen, die ebenfalls nach Hufflepuff kam. Der erste Ravenclaw in der Runde war „Boot, Terry", die nächste „Brocklehurst Mandy", was vom zweiten Tisch links mit klatschen und jubeln begrüßt wurde.
Die erste Gryffindor wurde „Brown, Lavender".
Draco verzog das Gesicht und meinte leise: „Gryffindors... fast so schlimm wie Hufflepuffs - haben zwar mehr Selbstvertrauen, aber nicht mehr Hirn." Als nächstes bekam Slytherin sein erstes Mitglied: „Millicent Bulstrode". Nun klatschte der zweite Tisch von rechts. Harry bemerkte Daphnes Bruder an diesem Tisch.
Harry stellte fest, dass es bei einigen sehr viel schneller ging, als bei anderen, bis der Hut eine Entscheidung getroffen hatte. So hatte es bei Vincent erheblich länger gedauert, bis der Hut „Slytherin!" rief, als bei Hermine Grangers „Gryffindor!".

Nun wurde Daphne aufgerufen. „Wir sehen uns in Slytherin", flüsterte sie ihm zu, als sie zum Hut ging. Der Hut schien bei ihr ewig zu brauchen und Daphne sah sehr angespannt aus. Als der Hut schließlich Slytherin rief überkam Harry ein schrecklicher Gedanke. Was ist, wenn er dort oben sitzen würde und nichts geschah? Was ist, wenn alles nur ein Irrtum war und er doch kein Zauberer war? Zum ersten Mal im Leben hatte er Menschen getroffen, die nett zu ihm waren. Er wollte nicht zurück zu den Dursleys.

Dann wurde Draco neben ihm aufgerufen. Kaum hatte der Hut seinen Kopf berührt, rief er auch schon „Slytherin". Draco setzte sich glücklich zu Vincent und Gregory. Nun waren nicht mehr viele übrig. „Moon"..., „Nott"..., „Parkinson"... dann die Zwillingsmädchen „Patil" und „Patil", dann „Perks" und schließlich

„Potter, Harry!"

Überall in der Halle entflammten nun Unterhaltungen und Geflüster. „Potter?" „Der Harry Potter?" Harry war froh, als ihm der Hut über die Augen sank, als er sah, wie alle ihre Hälse verrenkten, nur um einen Blick auf ihn zu erhaschen.

„Hmm", sagte eine piepsige Stimme in seinem Ohr. „Schwierig. Sehr schwierig. Viel Mut, wie ich sehe. Kein schlechter Kopf, außerdem. Da ist Begabung. du meine Güte, ja - und ein kräftiger Durst, sich zu beweisen, nun, das ist interessant... Nun wo wollen wir dich hinstecken?"
Harry umklammerte die Stuhllehnen und dachte: „Bitte Slytherin, bitte bitte Slytherin!"
„Bist du sicher? Du hast alles in deinem Kopf und Slytherin wird dir auf dem Weg zur Größe helfen. Doch auch dein Mut ist nicht zu unterschätzen. Sicher - ja? Nun wenn du dir so sicher bist - dann SLYTHERIN!"

Harry hörte, wie der Hut das letzte Wort laut in die Halle rief. Er nahm den Hut ab und ging mit zittrigen Knien zum Tisch der Slytherins. Er bemerkte kaum, das es Mucksmäuschenstill in der Halle geworden war und er als einziger nur von fünf Leuten, Daphne, ihrem Bruder, Vincent, Gregory und Draco applaudiert bekam. Erst als er neben Daphne Platz genommen hatte, begann auch der Rest des Tisches zu klatschen.

Er hatte jetzt eine gute Aussicht auf den Tisch der Lehrer. Am Ende, das am weitesten von Harry weg war, saß Hagrid, der seinen Blick erwiderte doch irgendwie schockiert aussah. Jetzt waren nur noch drei Schüler übrig. „Lisa Turpin" wurde eine Ravenclaw, „Ron Weasley" wurde ein Gryffindor und von einigen Schülern empfangen, die wohl seine Brüder waren. Als letzte wurde „Zabini, Blaise", ein Mädchen mit olivfarbener Haut und dunkler Mähne, ebenfalls Slytherin zugeteilt und Harry klatschte nun ebenfalls Beifall. Professor McGonagall rollte ihr Pergament zusammen und trug den Hut weg.
Dann erhob sich Albus Dumbledore und blickte mit einem strahlenden Lächeln in die Runde. „Willkommen!", rief er. „Willkommen zu einem neuen Jahr in Hogwarts! Bevor wir mit unserem Bankett beginnen, möchte ich ein paar Worte sagen. Und hier sind sie: Schwachkopf! Schwabbelspeck! Krimskrams! Quiek! Danke sehr!"
Er nahm wieder Platz. Alle klatschten und jubelten. Harry wusste nicht recht ob er lachen sollte.
„Ist er verrückt?", fragte Harry Pistoletti.
„Verrückt?", fragte Pistoletti. „Ja, definitiv. Ein Genie und einer der größten Zauberer unserer Zeit, aber ganz sicher verrückt." Dann begann er zu essen und so bemerkte Harry, das sich die Platten vor ihm mit allem möglichen leckerem Essen gefüllt hatten. Außerdem musste Harry feststellen, dass sich die meisten anderen aus seinem Jahrgang bereits zu kennen schienen. Harry erfuhr, dass die meisten von ihnen aus alten Zaubererfamilien stammten, die natürlich in Kontakt miteinander standen. Viele ihrer Eltern arbeiteten im Ministerium oder hatten, wie Blaise, eine reiche Familie mit guten Kontakten. Harry selbst kam sich nun fast wie ein Außenseiter vor, als Daphne Blaise und Tracy, einem anderen Mädchen das ebenfalls gerade nach Slytherin gekommen war, von ihrem Sommer berichtete.

Langsam wurde er schläfrig vom vielen Essen und blickte erneut zum hohen Tisch hinüber. Professor McGonagall sprach angeregt mit Dumbledore und doch hatte er das Gefühl, dass sie ihm immer wieder aus den Augenwinkeln einen Blick zuwarf. Professor Quirrell, den er in der Winkelgasse getroffen hatte, unterhielt sich mit einem Lehrer mit fettigem, schwarzen Haar und Hakennase. Dann geschah es urplötzlich. Der hakennasige Lehrer blickte an Quirrells Turban vorbei direkt in Harrys Augen und ein scharfer, heißer Schmerz schoss durch Harrys Narbe.
„Autsch!", Harry griff nach seiner Stirn.
„Was ist los?", fragte Draco, der gerade an einem Pfefferminz lutschte.
„Ach nichts!", antwortete Harry, denn der Schmerz war genauso schnell verschwunden wie er gekommen war. Schwerer abzuschütteln war jedoch der Blick, den der Lehrer im zugeworfen hat. „Wer ist der Lehrer da neben Professor Quirrell?" fragte er Pistoletti.
„Das ist Professor Snape, unser Hauslehrer. Unterrichtet Zaubertränke. Aber eigentlich würde er lieber Verteidigung gegen die dunklen Künste unterrichten. Das wäre toll. Er weiß eine Unmenge über die dunklen Künste!", schwärmte Draco.
Harry beobachtete Snape noch eine Weile und auch Snape warf ihm immer wieder stechende Blicke zu. Der Schmerz kehrte jedoch nicht wieder.
Schließlich verschwand auch der Nachtisch und noch einmal erhob sich Dumbledore. Harry, müde vom ganzen Tag, hörte ihm kaum zu. Er nahm nur wahr, dass es wohl verboten war, den Wald und den Korridor im dritten Stock der in den rechten Flügel führt, zu betreten. „Meint er das ernst?", hörte er Daphne fragen. „Seltsam. Normalerweise sagt er uns, warum wir etwas nicht dürfen..." stellte ihr Bruder fest.

Schließlich sangen sie die Schulhymne und alle Schüler wurden ins Bett geschickt. Pistoletti und drei weitere Vertrauensschüler halfen, die Erstklässler in den Slytherin Gemeinschaftsraum zu bringen. Sie hielten vor einer Wand im Kerker. „Das Passwort ist Schlangenzahn. Es wird alle drei Wochen geändert. Die Änderungen findet ihr am schwarzen Brett. Vergesst das Passwort nicht, denn euch wird niemand hereinlassen, wenn ihr dumm genug seid, es zu vergessen", kündigte Pistoletti an.
Dann kletterten sie durch einen niedrigen Eingang, der sie in einen in grünes Licht getauchten Raum mit hohen, schwarzen Stühlen, einigen Tischen an den Wänden und einem Steinkamin führte. „Willkommen im Hause Slytherin. Zu den Mädchenschlafsälen geht es nach links, zu den Jungenschlafsälen nach rechts. Ihr werdet morgen von einem Vertrauensschüler zu eurer ersten Unterrichtsstunde gebracht. Unpünktlichkeit und schlechtes Verhalten wird hier nicht toleriert. Streitigkeiten zwischen Schülern unseres Hauses werden nicht draußen ausgetragen. Wenn ihr euch mit anderen Schülern anlegt, sorgt dafür, dass ihr nicht erwischt werdet. Wenn ihr seht, dass einer eurer Hauskameraden Schwierigkeiten hat, helft ihm, soweit ihr könnt. Und nun, gute Nacht!"

Draco, Vincent, Gregory, Harry und der fünfte Junge aus Slytherin - Theo Nott - machten sich auf den Weg in ihren Schlafsaal. Sie kletterten eine Treppe hinunter, sie mussten sich nun unter dem See befinden, bis sie schließlich ihre Betten fanden. In dem Schlafsaal standen fünf Himmelbetten, die mit smaragdgrünen Vorhängen verkleidet waren. In der Mitte der fünf grünen Lichter, die das Zimmer erleuchteten, befand sich eine Kuppel, gegen die sich ein seltsames Wesen presste. Es hatte grüne Haut und grüne Haare. Am Hals hatte es etwas, dass aussah wie Kiemen. Als Harry es ansah, gab es ein schreckliches Kreischen von sich und schwamm davon.
„Vater hat mir nie erzählt, dass sich die Wassermenschen so nahe an Hogwarts heranwagen", meinte Nott beiläufig. „Liegt wohl daran, dass Ferien waren und niemand sie hier störte." Vor jedem Bett stand bereits einer ihrer Koffer, auf Harrys noch zusätzlich das Terrarium mit Kundalini. Viel zu müde sich noch lange zu unterhalten, zogen sie ihre Pyjamas an und gingen ins Bett. Bevor Harry die Vorhänge zuzog, griff er noch in das Terrarium und ließ Kundalini auf seine Hand klettern. Sie rollte sich auf Harrys Kissen zusammen und flüsterte: „Ssschlaf gut, Harry."

In dieser Nacht hatte Harry einen seltsamen Traum. Er träumte von Quirrells Turban, der mit einer seltsam zischenden Stimme zu ihm Sprach: „Komm zu mir! Komm zu mir, Harry Potter!" Plötzlich hatte er selbst den Turban auf und er schien sich immer enger um seinen Kopf zu legen. Dann flammte ein grünes Licht auf und er schreckte Schweißgebadet aus seinem Albtraum hoch. „Harry, allesss in Ordnung? Du ssssprichst im Sssschlaf!", stellte Kundalini fest. „Ja, alles in Ordnung. Ich habe wohl einfach zu viel gegessen", antwortete er, drehte sich wieder um und schlief weiter bis zum Morgengrauen.

Wege eines SlytherinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt