Kapitel 48: Zuhause

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Am Sonntag durften Ginny und Harry den Krankenflügel endlich verlassen. Harry wollte Draco sehen, mit ihm sprechen und sich bei ihm bedanken. Sein Freund war der Grund dafür, dass Snape und Lupin sie gefunden hatten, bevor Harry sich ein Ticket ohne Wiederkehr nach Askaban gesichert hatte. Draco hatte sie jedoch nicht besucht, nur Astoria und Daphne waren kurz bei ihnen gewesen. Auch einige von Ginnys Brüdern waren im Krankenflügel vorbei gekommen, selbst wenn Ron sich nicht dazu herab gelassen hatte, sie ebenfalls zu besuchen. Zur Überraschung aller war es ihr egal. Ginny hatte sich durch den Vorfall verändert, sie war ernsthafter geworden. Die Stimmung zwischen Harry und Ginny war immer noch angespannt, allerdings drückte sie leicht seine Hand, als sie die Große Halle betraten. Sie gingen zum Frühstück am Slytherintisch, doch Draco war nicht dort.

Statt sich zum Essen zu setzen, beschloss Harry nach Draco zu suchen. Er fand ihn schließlich alleine am See, wo dieser ins Leere zu schauen schien. Er ging zu ihm und setzte sich neben ihn ins Gras. Leise fragte Harry: „Warum hast du uns nicht besucht?"
Draco blickte auf.
„Ich war nicht sicher... ob du mich nach der Sache mit der Peitschenden Weide noch als Freund siehst... So, wie du mich dort angesehen hast", sagte Draco ehrlich.
Harry starrte ihn ungläubig an. Sicher, sie hatten gestritten. Draco war nicht so mutig wie Harry und auch sonst unterschieden sie sich in vielen Punkten. Allerdings...
„Draco, nur weil wir streiten, heißt das nicht, dass ich nicht mehr mit dir befreundet sein will - und wer weiß, was passiert wäre, wenn du Snape und Lupin nicht geholt hättest. Ich hätte Black wahrscheinlich umgebracht... Ich muss mich bei dir bedanken."
Harry wusste genau, was passiert wäre. Er hätte Black gefoltert, bis er gestorben wäre; hätte niemals den wahren Mörder seiner Eltern gefunden. Außerdem wäre er selbst vermutlich für diese Tat im Gefängnis gelandet. Draco schüttelte den Kopf und sah ihn dabei nicht an.

„Was willst du hören Draco? Du hast mir verdammt noch mal den Hintern gerettet. Ohne dich würde ich vermutlich nicht hier, sondern in einer kuscheligen Zelle irgendwo in der Nordsee sitzen. Können wir jetzt aufhören, über die Sache zu reden und Frühstücken?", fragte Harry.
„Du kannst ganz schön unheimlich sein, das weißt du, oder?", murmelte Draco.
„Was meinst du?", fragte Harry.
„Dich beeinflusst schwarze Magie stärker als mich... oder die anderen... schon in den Ferien. Es macht etwas mit dir. Ich mein... ernsthaft, Harry. Du warst bereit mich ohne mit der Wimper zu zucken zu foltern. Ich habe es in deinen Augen gesehen. Dein Blick... er wird dann ganz kalt - genau diesen Blick hattest du auch, als du dem Hund hinterher bist", flüsterte Draco.
„Aber... ich dachte du bist mir deshalb nicht böse?", fragte Harry, der nicht damit gerechnet hatte, dass das, was in ihren Ferien passiert war, noch einmal aufkommen würde. Hatten ihm nicht alle Malfoys versichert, dass es nicht seine Schuld gewesen war?
„Anfangs... da war ich dir böse. Aber dann hat Mutter mit mir gesprochen. Seitdem kann ich dir nicht mehr böse sein - aber... ich mache mir wirklich Sorgen um dich, okay?!"
Harry wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Er wusste, dass ihn die dunklen Künste stärker beeinflussten, als Draco. Als er nicht antwortete, fuhr Draco fort.
„Weißt du... ich finde dunkle Magie ja auch interessant. Die Macht und die Dinge die man damit machen kann. Es ist unglaublich. Aber... du erinnerst dich an meinen Irrwicht?", fragte Draco.
Harry nickte. Der Irrwicht in Form von Dracos Tante war nichts, was man einfach vergessen konnte.
„Meine Tante Bellatrix. Meine Mutter ist mit ihr aufgewachsen. Sie hat mir erzählt, dass sie früher ihre Lieblingsschwester gewesen ist und die beiden alles gemeinsam gemacht haben. Aber ihre Begeisterung für dunkle Magie hat sie über die Jahre hinweg verändert." Draco seufzte.
„Mutter hat sie mit mir in Askaban besucht - nahe Verwandte haben das Recht, die Gefangenen einmal alle zehn Jahre zu besuchen. Ich habe Mutter damals angefleht mitgehen zu dürfen, weil Vater von ihr wie von einer Kriegsheldin gesprochen hat. Es war damals, bevor wir nach Hogwarts gekommen sind," Draco erschauderte, unterbrach sich kurz selbst und blickte sich um, um sicher zu sein, dass ihnen auch niemand zuhörte, „Sie ist verrückt Harry... und zwar nicht erst, seit die Dementoren mit ihrem Verstand spielen. Pass bitte auf, dass dir nicht das gleiche passiert."
„Ich werde vorsichtiger sein, versprochen", sagte Harry.
„Gut, Vater hat nämlich gesagt, dass er dich diese Ferien gern ein paar Tage bei uns hätte", sagte Draco, dann grinste er verschlagen. „Und ich möchte nicht, dass du den Verstand verlierst, wenn wir zusammen üben."
Einen Moment lang war Harry unsicher. Ginnys Worte hallten in seinen Gedanken wieder. Gleichzeitig spürte er jedoch ein Kribbeln in seinen Fingerspitzen. Es war nur ein klein wenig dunkle Magie - und Mr. Malfoy würde sie die ganze Zeit im Auge behalten. Ginny würde niemals davon erfahren... Voller Vorfreude auf den Sommer grinste Harry vor sich hin und sie saßen einfach nur da, um ihren Gedanken nachzuhängen. Der Riesenkrake kraulte an der Wasseroberfläche und wärmte sich an der Morgensonne.

Wege eines SlytherinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt