Der Dunkle Lord hob seine Hand. Die Todesser schlossen den Kreis nun enger um sie und auch Mr. Malfoy kroch an seinen Platz zurück. Harry sah ihn flehend an, doch Mr. Malfoy wandte seinen Blick ab. Harry sah sich um, ob es einen Weg gab, wie er entkommen konnte. Hinter ihnen lag schimmernd der Pokal neben dem bewusstlosen Diggory.
„Man hat dir das Duellieren beigebracht", es war eine Feststellung keine Frage. Die Augen des Dunklen Lords schimmerten rot in der Dunkelheit. Die Erinnerung an den Duellierklub kam Harry wie aus einem anderen Leben vor. Nutzlos - er hatte lediglich einen Entwaffnungszauber gelernt. In all den Stunden mit den Slytherins, in seinen Ferien bei den Malfoys, hatte er mehr gelernt. Doch was würde es ihm bringen, den Dunklen Lord anzugreifen - er war von Todessern umringt und dreißigfach unterlegen. Der Dunkle Lord hatte recht, es war eine Reihe von glücklichen Zufällen, dass er noch am Leben war. Nun schien sein Glück zu Ende zu gehen.
„Wir verneigen uns voreinander Harry", sagte der Dunkle Lord.
Harry rührte sich keinen Millimeter. Er wusste, dass er sterben würde. Doch er würde nicht kampflos gehen und nicht mit eingezogenem Schwanz. Er war ein Slytherin und hatte einen gewissen Stolz!
„Komm, die Gepflogenheiten müssen beachtet werden ... du willst deinen Lehrmeister doch nicht blamieren", sagte der Dunkle Lord. Harry sah aus den Augenwinkeln wie Mr. Malfoy zusammenzuckte. Einige Todesser lachten und Harry verneigte sich, wie es vor einem Duell üblich war.
„Sehr gut", flüsterte Voldemort und hob den Zauberstab. „Und nun tritt mir entgegen, wie ein Mann ... duellieren wir uns!"
Bevor Harry etwas tun konnte, um sich zu verteidigen, bevor er sich auch nur seinen Zauberstab ziehen konnte hatte der Cruciatus-Fluch ihn niedergeworfen. Dracos Versuche eines Folterfluches waren nicht mehr als ein angenehmes Streicheln gewesen, gegen das, was er nun spürte. Der Schmerz war so stark, so allumfassend, dass er vergaß, wo er war... weiß glühende Messer durchbohrten jeden Zentimeter seiner Haut, sein Kopf würde vor Schmerz gleich platzen; er schrie lauter, als er je im Leben geschrien hatte.
Der Schmerz endete ebenso plötzlich, wie er angefangen hatte. Harry drehte sich zur Seite und rappelte sich auf. Sein ganzer Körper bebte vor Schmerzen. Er stolperte zur Seite, hinein in die Mauer der lauernden Todesser. Sie stießen ihn weg, zurück zu ihrem Meister.
„Wehre dich, Harry Potter. Zeige mir, dass es kein Schwächling war, der mich zu Fall gebracht hat!", forderte der Dunkle Lord. Harry hob nun seinerseits den Zauberstab.
„Incubio!", rief Harry. Dunkelheit trat aus Harrys Zauberstab. Eine Handbewegung von Voldemort genügte, um den Zauber wegzuwischen.
„Ein guter Versuch, doch du bist immer noch schwach. Immer noch zu ängstlich zu tun, was nötig ist. So bist du nicht zu gebrauchen!", fauchte der Dunkle Lord.
Er erhob erneut seinen Stab. Dieses Mal war Harry schneller. Reflexartig, wie er es sich beim Quidditch antrainiert hatte, warf er sich seitlich zu Boden und rollte hinter den Grabstein von Tom Riddle Senior. Im selben Augenblick krachte der Zauber gegen den Stein, sodass der in der Mitte zerbrach. Harry hatte nun freie Schussbahn auf seinen Gegner.
„Dolorium!", schrie Harry und der dunkelviolette Blitz zischte durch die Luft. Wieder war der Dunkle Lord zu schnell. Er lachte, als er den Zauber abblockte. Und plötzlich wurde Harry klar - er spielte nur mit ihm. Bisher hatte der Dunkle Lord keinen ernsthaften Versuch unternommen, ihn zu töten.
„Du bist zu langsam - deine Zauberstabarbeit ist jämmerlich, Harry", spottete sein Gegner. „Lass mich dir zeigen, wie ordentliche Zauberstabarbeit aussieht. Fiendfyre!"
Das Dämonsfeuer stieg aus Voldemorts Zauberstab hervor, es hatte die Gestalt einer gierigen Schlange angenommen. Ängstlich wichen die Todesser zurück, um dem tödlichen Feuer auszuweichen und auch Harry machte einen Hechtsprung hinter einen riesigen Grabstein in Form eines Engels, als er die Hitze des Zaubers auf sich zukommen spürte. Der Zauber prallte am Grabstein ab, doch verbrannte die Erde um Harry herum. Ein stechender Schmerz durchzuckte seinen Arm, der bereits von seinem Kampf mit dem Kröter und dem Schnitt, den Wurmschwanz ihm zugefügt hatte, angeschlagen war. Als Harry an sich hinunter sah bildeten sich auf seinem Arm einige dunkle Brandblasen, aus denen schwarzer Eiter floss. Mit einem Mal war Harry dankbar, dass nur sein Arm von dem schwarzmagischen Zauber getroffen worden war. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte der Zauber seinen Zauberstabarm oder ihn als ganzes getroffen. Harry versuchte sich zu konzentrieren, versuchte, nicht auf den Schmerz zu achten - der Dunkle Lord würde ihm keine Verschnaufpause gönnen.
„Wir spielen hier nicht verstecken", sagte Voldemort. Die kalte Stimme näherte sich, während einige Todesser erneut auflachten. Harry blickte hinter dem Grabstein hervor und rief: „Stupor!"
Wieder wehrte der Dunkle Lord den Zauber ohne Probleme ab. Sie standen sich nun von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Harry hob seinen Zauberstab in dem Wissen, dass auch sein nächster Spruch einfach an seinem Gegner abprallen würde.
„Schade. Wirklich Schade. Du wirst sterben wie dein Vater, aufrecht, doch zu schwach, um zu tun, was nötig ist. Harry, es wird schnell gehen... vielleicht sogar schmerzlos... ich kann es nicht wissen, ich bin nie gestorben", sagte der Dunkle Lord.
Harry wollte nicht sterben. Wollte nicht aufgeben, wie es sein Vater getan hatte. Er kannte den Spruch, der nötig war, um zu töten. Harry würde nicht sterben. Der Dunkle Lord hob seinen Zauberstab.
Harry rief: „Avada Kedavra!", der Dunkle Lord schrie ebenfalls: „Avada Kedavra!"
Harry sah ein begeistertes Blitzen in den Augen seines Gegenübers, der sich bereit machte auszuweichen. Natürlich, es war nicht vorauszusehen, wie die beiden Todesflüche einander ablenken würden. Auch Harry machte sich bereit - innerhalb von weniger als einer Sekunde waren Harry und der Dunkle Lord in Position, um den zurückprallenden Todesflüchen auszuweichen. Zwei grüne Lichtblitze schossen aus den Zauberstäben von Harry und Voldemort. Sie trafen sich in der Luft, doch sie prallten nicht voneinander ab. Plötzlich begann Harrys Zauberstab zu vibrieren, als stünde er unter elektrischen Strom. Seine Hand hatte sich eisern um den Stab geklammert, er hatte nicht loslassen können, auch wenn er gewollt hätte. Von so etwas hatte er noch nie gehört.
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Wege eines Slytherins
FantasiHarry und Draco begegnen sich an Harrys 11. Geburtstag in der Winkelgasse. Draco ist der Erste in Harrys Alter, der nett zu ihm ist. Und so ist es Draco, der Harry in die Welt der Magie einführt, anstatt von Ron Weasley. Wie ändert sich die Geschich...