Harry lag unruhig in seinem Bett. Das Morgengrauen war heran gebrochen. Er fühlte sich einsam und allein gelassen.
Vier Wochen war es nun her, dass Harry sich am Bahnhof von Draco und Daphne verabschiedet hatte.
Vier lange, nicht enden wollende Wochen, in denen er nichts von seinen Freunden gehört hatte.
„Wieso schreiben sie mir nicht, Kundalini", fragte der Junge seine Schlange. Sie hatten ihm doch versprochen, dass sie ihm schreiben, doch bisher war kein einziger Brief gekommen.„Vielleicht hat jemand ihre Eulen gefresssen", meinte die Schlange. Harry seufzte. Er war zwar froh, dass er mit Kundalini reden konnte, doch wünschte er sich auch das ein oder andere Mal in diesem Sommer, dass er eine Eule hätte. Denn ohne Eule war er von der magischen Welt vollkommen abgetrennt. Ein wenig plagte ihn das schlechte Gewissen bei diesem Gedanken, schließlich war Kundalini immer für ihn da gewesen. Aber im Moment hätte er fast alles dafür gegeben, einen Brief von Daphne oder Draco in den Händen zu halten.
Langsam stieg er aus dem Bett und zog sich um. Er vermisste seine Schulrobe. Die ausgebeulte Jeans und das viel zu große T-Shirt, dass er von Dudley bekommen hatte, sah nicht viel besser aus, als sein Pyjama. Doch er musste Muggelkleidung tragen, schließlich befand er sich in der Muggelwelt. Er hasste die Muggelwelt mit ihren Gärten, die alle gleich aussahen und seinen engstirnigen Verwandten, deren größte Sorge war, dass jemand herausfinden würde, welch seltsamen Neffen sie doch hatten.
Jeden Tag, den er mehr im Ligusterweg Nummer 4 verbrachte, schien Hogwarts mehr und mehr wie ein Traum. Bereits am ersten Ferientag hatte Vernon ihm seine Schulsachen weggenommen, genauso wie seinen Zauberstab und alles, was ihn an die Schule erinnerte. Umso mehr Zeit verging, umso mehr vermisste er das Schloss, mit all seinen Geheimgängen, seinen Geistern und seinem Unterricht. Er vermisste es, mit dem Zauberstab zu wedeln und Dinge zum Schweben zu bringen oder sie zu verwandeln. Bei Merlin, er vermisste sogar den Unterricht bei Professor Binns und das, obwohl er in diesem Unterricht kaum die Augen offen halten konnte. Er hatte auch Sehnsucht nach dem Gefühl auf einem Besen zu fliegen, den Schnatz zu suchen und dem Gefühl, wenn er im Sturzflug durch die Luft sauste. Doch am aller meisten fehlten ihm Daphne, Draco und Hagrid. Noch nie im Leben hatte er sich so allein gefühlt, denn er wusste nun, was es bedeutete, von Freunden umgeben zu sein.
Natürlich wusste er, dass in Hogwarts nicht alles toll gewesen war. Es gab durchaus Momente, auf die er gern verzichtet hätte. Zum Beispiel jede einzelne Minute, in der die Weasleys beschlossen hatten, ihm einen Zauber auf den Hals zu hetzen, weil er sie im Quidditch geschlagen hatte.Auch ohne die Tage, an denen niemand aus Slytherin mit ihm gesprochen hatte, weil er damals immer noch nicht ganz verstanden hatte, wie das Haus funktionierte, hätte er gut auskommen können.
Was er jedoch sicherlich nicht wiederholen wollte, war jener Moment in dem er dem Dunklen Lord gegenübergestanden war. Aber alles in allem war Harry sehr glücklich in Hogwarts und es war ihm ein zuhause.
Er wusste, dass er damit wohl der einzige Junge in ganz Großbritannien war, doch er wünschte sich nichts sehnlicher, als dass endlich die Ferien vorbei waren. Abseits von seinen Freunden und der magischen Welt musste er seine Zeit mit den schlimmsten Muggeln verbringen, die sich Harry nur vorstellen konnte. Umso länger er hier war, umso lauter wurde die Stimme in seinem Hinterkopf, die ihn anschrie, etwas gegen sie zu unternehmen. Leider waren sie das Engste an Familie, die er noch hatte. Das bedeutete, dass er nicht wegkonnte und nun Frühstücken gehen musste, um sich den Dursleys stellen.
Diese behandelten ihn in etwa so wie damals, als er mit Kundalini von der Winkelgasse zurückgekommen war. Sie verhielten sich als würde er eine Bombe sein, die jederzeit hochgehen konnte. Sie wagten es nicht, etwas gegen ihn zu unternehmen. Die Drohung von Mr. Malfoy zu Schulschluss sowie die Tatsache das er vergessen hatte, ihnen mitzuteilen, dass er in den Sommerferien nicht zaubern durfte, führten dazu, dass es keiner der Dursleys wagte, ihm besonders blöd zu kommen. Manchmal hatte er sich gefragt, wie dieser Trick funktioniert hatte. Natürlich hatte er vor seinen Freunden so getan, als ob die Dursleys nichts von den Regeln Hogwarts' wussten - doch hätte Tante Petunia nicht zumindest den Verdacht haben müssen, dass es nicht erlaubt war, außerhalb von Hogwarts zu zaubern? Sie war schließlich mit seiner Mutter aufgewachsen, während diese in Hogwarts gewesen war. Tante Petunia verhielt sich jedoch genauso ignorant wie Onkel Vernon.
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Wege eines Slytherins
FantasyHarry und Draco begegnen sich an Harrys 11. Geburtstag in der Winkelgasse. Draco ist der Erste in Harrys Alter, der nett zu ihm ist. Und so ist es Draco, der Harry in die Welt der Magie einführt, anstatt von Ron Weasley. Wie ändert sich die Geschich...